OGH 14Os49/95

OGH14Os49/9517.10.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 17.Oktober 1995 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Massauer, Dr.Ebner, Dr.E.Adamovic und Dr.Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Neumayr als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Erich K***** wegen des Verbrechens des versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht Linz vom 17. Jänner 1995, GZ 30 Vr 1621/94-51, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Schroll, des Angeklagten und des Verteidigers Mag.Moser zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Dem Angeklagte fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Erich K***** auf Grund des Wahrspruches der Geschworenen des Verbrechens des versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er am 12.August 1994 in Linz versucht, Sonja Gerlinde K***** zu töten, indem er sie an den Haaren erfaßte, ihren Kopf zurückzog und mit einem Küchenmesser einen Schnitt quer über ihren Hals führte, wodurch sie eine fünf Zentimeter lange und ca zwei Zentimeter tiefe klaffende und stark blutende Schnittwunde auf Höhe des Zungenbeins mit einer Durchtrennung der den Hals umgebenden Muskelplatte sowie eine Läsion von Nervenästen erlitt, und er nach diesem Angriff neuerlich versuchte, ihr den Kopf abzuschneiden, wobei er mehrmals mit dem Küchenmesser auf sie losging und dabei schrie "Dein Kind lasse ich am Leben, aber dir werde ich den Kopf abschneiden. du stirbst, du überlebst das nicht, dich bringe ich um".

Die Geschworenen hatten die anklagekonform gestellte Hauptfrage (fortlaufende Zahl 1) mehrheitlich (im Stimmenverhältnis 6 : 2) bejaht und die Zusatzfrage 1 (fortlaufende Zahl 2) nach Rücktritt vom Versuch mit dem selben Stimmenverhältnis sowie die Zusatzfrage 3 (fortlaufende Zahl 8) nach Zurechnungsunfähigkeit einhellig verneint. Die darüber hinaus gestellten Eventual- und Zusatzfragen blieben folgerichtig unbeantwortet.

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Gründe der Z 8 und 10 a des § 345 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde; den Strafausspruch ficht er mit Berufung an.

Die Kritik an der Rechtsbelehrung (Z 8) zur Zusatzfrage nach strafbefreiendem Rücktritt vom Versuch (§ 16 StGB) ist zwar an sich berechtigt, doch vermögen die aufgezeigten Mängel eine Nichtigkeit des davon betroffenen Wahrspruches deshalb nicht zu begründen, weil die Zusatzfrage 1 nach den Verfahrensergebnissen gar nicht indiziert war und die Instruktionsmängel daher auf sich beruhen können (13 Os 115/78 = Mayerhofer-Rieder StPO3 E 7 zu § 345 Abs 1 Z 8).

Der leugnenden und jede Erinnerung an die Tat in Abrede stellenden Verantwortung des Angeklagten selbst kann eine Berufung auf freiwillige Aufgabe der Tatausführung nicht entnommen werden. Nach den Angaben des Tatopfers aber (S 30 ff) sind die Voraussetzungen einer Freiwilligkeit des Rücktritts vom Versuch geradezu kontraindiziert, kam es doch nach der Darstellung der Zeugin Sonja K***** nur deshalb nicht zur Vollendung des Mordes, weil sie sich mittels einer Tuchent schützen und schließlich flüchen konnte. Von autonomen Rücktrittsmotiven des Angeklagten, der zwar keinen weiteren Messerangriff unternahm, aber weiterhin mit Mord drohte und die Zeugin wieder in ihre Wohnung zurückzuzerren versuchte, konnte daher nach deren Tatsachenvorbringen in der Hauptverhandlung keine Rede sein.

Im übrigen ergeben sich nach Prüfung des weiteren Beschwerdevorbringens (Z 10 a) anhand der Akten keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten entscheidenden Tatsachen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach § 75 StGB zu zehn Jahren Freiheitsstrafe, wobei es bei der Strafbemessung als erschwerend die mit Sensibilitätsstörungen verbundene, auffallende Verunstaltung der vernarbten Verletzung und als mildernd die Tatsache wertete, daß die Tat beim Versuch geblieben war. Die Voraussetzungen für die Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes verneinte das Geschworenengericht.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung der Strafe an.

Eine Unterschreitung des gesetzlichen Mindestmaßes durch Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes kommt gemäß § 41 StGB nur bei einem beträchtlichen Überwiegen der Milderungsgründe und der begründeten Aussicht künftigen Wohlverhaltens in Betracht. Davon kann im vorliegenden Fall keine Rede sein.

Daß der Berufungswerber als Gewalttäter bisher nicht in Erscheinung getreten ist, stellt den damit reklamierten Milderungsgrund des ordentlichen Lebenswandels (§ 34 Z 2 StGB) schon im Hinblick auf die Vorstrafenbelastung nicht her. Auch der Alkoholisierung zur Tatzeit kommt nach Lage des Falles keine mildernde Wirkung zu, wußte der Angeklagte doch um seine Alkoholunverträglichkeit, sodaß ihm seine Berauschung vorzuwerfen ist (§ 35 StGB).

Aber auch der Erschwerungsgrund der verunstaltenden Verletzung (s ON 25) wurde vom Geschworenengericht - der Berufungsauffassung zuwider - zu Recht angenommen. Anders als beim vollendeten Mord erfaßt die Strafdrohung des § 75 StGB beim Mordversuch sowohl Fälle, in denen es zu schwersten Verletzungen gekommen, als auch solche, in denen ein Verletzungserfolg nicht eingetreten ist.

Auch der Berufung mußte daher ein Erfolg versagt bleiben.

Die Kostenentscheidung ist in § 390 a StPO begründet.

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