OGH 14Os42/02

OGH14Os42/0228.5.2002

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. Mai 2002 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Dr. Holzweber, Dr. Ratz und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Reiter als Schriftführer, in der Strafsache gegen Christian V***** und andere Angeklagte wegen des teilweise in der Entwicklungsstufe des Versuchs nach § 15 StGB begangenen Verbrechens nach § 28 Abs 2 zweiter, dritter und vierter Fall, Abs 3 erster Fall und Abs 4 Z 3 SMG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten Christian V***** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft hinsichtlich der Angeklagten Peter N*****, Peter D*****, Michael H***** und Dietmar S***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 15. Oktober 2001, GZ 25 Hv 1017/01y-210, sowie über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluss nach § 494a Abs 1 Z 2 StPO betreffend Michael H***** nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Christian V***** der Verbrechen nach § 28 Abs 2 zweiter, dritter und vierter Fall, Abs 3 erster Fall und Abs 4 Z 3 SMG, teilweise in Versuchsform gemäß § 15 StGB, teilweise als Beteiligter gemäß § 12 dritter Fall StGB (AI), des verbrecherischen Komplotts nach § 277 Abs 1 StGB (AIII), des Missbrauchs der Amtsgewalt als Bestimmungstäter nach §§ 12 zweiter Fall, (14 Abs 1,) 302 Abs 1 StGB (AV) und des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 StGB (AVI) sowie der Vergehen nach §§ 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG (AII) und nach § 50 Abs 1 Z 3 WaffG (AIV) schuldig erkannt.

Nach dem anfechtungsrelevanten Teil des Schuldspruches hat er (A) den bestehenden Vorschriften zuwider

(I) gewerbsmäßig Suchtgift, dessen Menge das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge übersteigt, eingeführt, ausgeführt und in Verkehr gesetzt, und zwar

(1-27) in der Zeit von August 2000 bis 14. Feber 2001 bzw zu einem nicht näher bestimmten Zeitpunkt in insgesamt 27 im Urteil detailliert angeführten Fällen teils allein, teils mit anderen insgesamt mindestens 1.977 Stück Ecstasy Tabletten, 150 gr Cannabisharz, ca 5 gr Kokain, 10 gr Kristallin, 110 gr Speed, 10 gr Amphetamin und 10 Punkte Mescalin an andere verkauft, wobei es in einem Fall beim Versuch geblieben ist, und weitere mindestens 18.015 Stück Ecstasy Tabletten, 320 Stück LSD-Trips, mindestens 172 gr Amphetamin, mindestens 35 gr und weitere unbekannte Mengen Perthentin, 60 gr und weitere unbekannte Mengen Ice, 60 gr Kristallin, 5 gr Kokain und mindestens 240 Punkte Mescalin von Ungarn nach Österreich gebracht bzw anderen zu einer solchen Einfuhr übergeben und danach in Österreich das eingeführte Suchtgift zur Gänze oder zum Teil verkauft bzw weitergegeben;

(II) Suchtgift erworben und besessen, und zwar

(1-6) zwischen Ende 1999 und Ende Feber 2001 in sechs im Urteil detailliert angeführten Fällen, teils allein, teils mit einem anderen durch Erwerb bzw Übernahme von mindestens 78 gr Kokain, 115 Stück Ecstasy Tabletten und mindestens 15 Stück Amphetamin; ..... (V) am 27. März 2001 dadurch, dass er den Justizwachebeamten Josef H***** aufforderte, den gegen ihn am 22. März 2001 erlassenen Haftbefehl, AZ 17 Vr 563/01 des Landesgerichtes Linz, worauf sich handschriftliche Notizen des Christian V***** befanden, in der Justizanstalt zu übernehmen, aus der Justizanstalt zu bringen und an seinen Bruder Rainer V***** zu übergeben, diesen dazu bestimmt, vorsätzlich den Staat an seinem konkreten Recht auf korrekten Vollzug der Untersuchungshaft, insbesondere auf Kontrolle und Entscheidung über Kontakt von Untersuchungsgefangenen mit der Außenwelt zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich (vgl US 32 und 37) zu missbrauchen.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Angeklagten gegen die Schuldsprüche A.I, A.II und A.V aus § 281 Abs 1 Z 5 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl. Der Mängelrüge zuwider wurden die vom Erstgericht auch aus der Gesamtsicht der Verfahrensergebnisse (§ 258 Abs 2 StPO) abgeleiteten Urteilsfeststellungen zu AI und AII mit der Bezugnahme auf die geständige Verantwortung des Angeklagten in der Hauptverhandlung (US 34, S 452 ff/VI), in der er seine Angaben vor der Sicherheitsbehörde (S 425 ff/V) und der Untersuchungsrichterin (ON 17) bestätigte, zureichend begründet. Aus den so fundierten Tathandlungen konnte das Erstgericht formal einwandfrei auf das Vorliegen einer der subjektiven Tatseite auch des § 28 Abs 4 Z 3 SMG entsprechenden Willensausrichtung schließen.

Der Beschwerdeführer zeigt mit dem Hinweis auf seine am 20. April 2001 vor dem Gendarmerieposten Leonding abgegebene Verantwortung (S 461 ff/V) keine formalen Begründungsmangel in Ansehung der ihm angelasteten Suchtgiftmengen deutlich und bestimmt auf. Er lässt vielmehr seine eigenen weitergehenden Angaben vor der Untersuchungsrichterin (ON 17 mit Einzelheiten zu den Suchtgifttransaktionen an Hand der Faktenaufstellung ON 119, S 45b ff/II) und in der Hauptverhandlung außer Acht, in denen die getroffenen Feststellungen Deckung finden.

Aktenwidrig (Z 5 letzter Fall) ist ein Urteil, wenn es den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder Urkunde in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergibt (Foregger/Fabrizy StPO8 § 281 Rz 47). Weil die Entscheidungsgründe eine Wiedergabe von Aussagen oder Urkunden gar nicht enthalten, scheidet der ohne Konkretisierung behauptete Begründungsfehler von vornherein aus.

Unzutreffend ist ferner der Vorwurf, es fehle an Gründen für die Urteilsannahmen zu AV. Denn auch zu diesem Faktum legte der Angeklagte entgegen der Beschwerde in der Hauptverhandlung ein Geständnis ab (S 452/VI iVm 497 f/V und 45 h/II sowie 454/VI), worauf das Erstgericht zutreffend verwies.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft sowie über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluss auf Absehen vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht bei Michael H***** (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO) folgt. Die Kostenentscheidung ist in § 390a StPO begründet.

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