OGH 14Os4/02

OGH14Os4/0229.1.2002

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. Jänner 2002 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber, Dr. Ratz, Dr. Philipp und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Lauermann als Schriftführer, in der Strafsache gegen Toni S***** wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 StGB, AZ 17 Hv 1020/01b des Landesgerichtes Klagenfurt, über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluss der Ratskammer vom 28. März 2001, AZ Rk 54/01 (= ON 5), nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Staatsanwalt Mag. Holzleithner, und des Vertreters der E***** GmbH Dr. Bichler zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Im Verfahren AZ 11 Vr 412/01 des Landesgerichtes Klagenfurt verletzt der Beschluss der Ratskammer des genannten Gerichtes vom 28. März 2001, AZ Rk 54/01, das Gesetz in den Bestimmungen des § 38 Abs 2 Z 1 BWG und des § 145a Abs 1 StPO.

Text

Gründe:

Im Verfahren AZ 11 Vr 412/01 des Landesgerichtes Klagenfurt gegen (damals noch) unbekannte Täter wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 StGB stellte der Untersuchungsrichter mit Beschluss vom 26. Feber 2001 (ON 3) gemäß § 145a Abs 1 und Abs 3 StPO fest, dass die Firma E***** verpflichtet ist, Auskunft über den Inhaber der Kreditkarte M***** Nr 5***** (Name und Anschrift) zu geben. Zur Begründung führte der Untersuchungsrichter aus, dass nach einer vorliegenden Anzeige der Bundespolizeidirektion Villach ein bislang unbekannter Täter am 3. Feber 2001 in einer Bar in Villach Karl Z***** durch Versetzen eines Kopfstoßes einen offenen Nasenbeinbruch zugefügt habe. Vom Täter sei neben einer Personsbeschreibung bekannt, dass er mit der angeführten Kreditkarte seine Zeche in der Bar bezahlte. Die Kenntnis der Identität des Kreditkarteninhabers sei bei der gegebenen Sachlage für die Aufklärung der Straftat unerlässlich.

Die Ratskammer des Landesgerichtes Klagenfurt hob diese Entscheidung in Stattgebung einer dagegen erhobenen Beschwerde der Firma E***** GmbH mit Beschluss vom 28. März 2001, AZ Rk 54/01 (ON 5), ersatzlos auf. Die Ratskammer vertrat dabei die Auffassung, dass die Durchbrechung des Bankgeheimnisses im Zusammenhang mit eingeleiteten gerichtlichen Strafverfahren eine zwischen dem offenzulegenden Bankkonto und dem Beschuldigten bestehende Verbindung voraussetze, die den Verdacht zu begründen vermag, diese Person habe sich die aus dieser speziellen Verbindung erwachsende Verfügungsmöglichkeit bei Begehung der Straftat zunutze gemacht, und sich darüber hinaus aus den erläuternden Bemerkungen zu § 145a StPO ergebe, dass sowohl ein persönlicher als auch ein sachlicher Zusammenhang zwischen Straftat und Bankverbindung bestehen müsse. Im vorliegenden Fall fehle ein bestimmter und konkreter sachlicher Zusammenhang zwischen Straftat und Bankverbindung.

Rechtliche Beurteilung

Dieser Beschluss der Ratskammer des Landesgerichtes Klagenfurt steht - wie der Generalprokurator in seiner zur Wahrung des Gesetzes ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerde im Ergebnis zutreffend aufzeigt - mit dem Gesetz nicht im Einklang:

Zwar fällt auch die mit der Preisgabe der Identität des Karteninhabers untrennbar verbundene Identität des Bankkunden unter den Schutz des Bankgeheimnisses, das indes unter anderem im Zusammenhang mit - auch gegenüber unbekannten Tätern (vgl Mayerhofer StGB5 § 58 Rz 1a ff) - eingeleiteten Strafverfahren gegenüber den Strafgerichten nicht besteht. Während der Wortlaut des § 38 Abs 2 Z 1 BWG nur auf einen solchen - hier unzweifelhaft bestehenden - Zusammenhang mit dem Verfahren zur Aburteilung (§ 1 StPO) einer Straftat abstellt, verlangt § 145a StPO in Hinsicht auf Informationen, die Art und Umfang der Geschäftsverbindung und damit im Zusammenhang stehende Geschäftsvorgänge und sonstige Geschäftsvorfälle betreffen, dass die Geschäftsverbindung einer Person mit dem Kreditinstitut mit der Begehung einer strafbaren Handlung und nicht bloß mit der Aufklärung einer Straftat im Zusammenhang steht und schließt solcherart jene Lücke, die ein Teil der Rechtsprechung bis zu diesem Zeitpunkt durch teleologische Reduktion des § 38 Abs 2 Z 1 BWG bejaht hatte, in dem Sinn, dass für die davon erfassten, den Kern des Geheimnisbereiches ausmachenden Informationen besondere Pflichten, einerseits der Kreditinstitute, andererseits der Gerichte festgeschrieben werden.

Weil die Bank vorliegend nicht einmal zur Preisgabe der Art der Geschäftsverbindung, vielmehr - im Ergebnis - bloß zur Bekanntgabe der Tatsache veranlasst wurde, dass eine solcherart identifizierte Person überhaupt eine Geschäftsverbindung mit ihr unterhält, lag zwar ein Fall des § 38 Abs 2 Z 1 BWG, nicht aber ein solcher des § 145a Abs 1 StPO vor, sodass es nur eines Zusammenhanges zwischen einem strafgerichtlichen Verfahren zur Aburteilung einer Straftat, nicht aber zusätzlich der Annahme bedurfte, dass auch die aufzuklärende Tat selbst im Zusammenhang mit der Geschäftsverbindung stand. Indem die Ratskammer diese Differenzierung übergangen, den Anwendungsbereich des § 145a StPO mithin überdehnt, die Vorschrift maW ohne Nachweis als lückenhaft angesehen hat, wurde das Gesetz in der zitierten Bestimmung sowie in § 38 Abs 2 Z 1 BWG verletzt. Die Richtigkeit dieser Überlegung zeigt sich auch darin, dass die StPO-Novelle 2000 die Vorschrift des § 38 Abs 2 Z 1 BWG, welche nur auf einen Konnex zwischen Geschäftsverbindung und Aburteilung der Straftat abstellt, unberührt gelassen hat.

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