Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Georg Q***** des Vergehens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB (A.), des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 zweiter Fall StGB (B.) und (richtig:) mehrerer Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (C.) schuldig erkannt. Danach hat er
A. am 5. und 23. Oktober 2002 in A***** seine ihm als Geschäftsleiter der damaligen Raiffeisenkasse A***** reg GenmbH durch das BWG und Dienstvertrag eingeräumte Befugnis, Gelder von Bankkunden auf Sparkonten anzulegen und über diese Sparguthaben, mithin über fremdes Vermögen zu verfügen, durch Abbuchung von 7.006,30 Euro von einem Sparbuch des Georg H***** und eigenmächtige Abänderung der Bezeichnung, des Losungsworts und der Stammdaten dieses Sparbuchs wissentlich missbraucht und dadurch „Georg H***** einen 3.000 Euro übersteigenden Vermögensnachteil zugefügt";
B. von 30. September 2005 bis 16. Mai 2006 in G***** und anderen Orten in neun Angriffen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Betrug mit einem 3.000 Euro übersteigenden Schaden eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, Verfügungsberechtigte im Urteil genauer bezeichneter Bankinstitute durch die unter Vorlage von fünf Sparbüchern des Georg H***** erfolgte Vorgabe, über diese und die darauf erliegenden Guthaben verfügungsberechtigt zu sein, zur Ausfolgung von Bargeldbeträgen in überwiegend jeweils 3.000 Euro übersteigender Höhe von insgesamt 37.850 Euro, mithin zu Handlungen verleitet, die Georg H***** in diesem Betrag am Vermögen schädigten;
C. von 1. April 2004 bis 22. Juni 2006 in A***** und/oder anderenorts Urkunden, über die er nicht verfügen durfte, und zwar achtzehn auf den Berechtigten Georg H***** ausgestellte Sparbücher durch Verwahrung in seinem Büro ohne Verständigung des Berechtigten von der zwischenzeitig erfolgten Beendigung seiner Tätigkeit bei der (nunmehrigen) Raiffeisenbank A***** reg GenmbH mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, dass diese von Georg H***** durch Vorlage bei der Bank zum Beweis seiner Verfügungsberechtigung über die entsprechenden Sparguthaben gebraucht werden.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus den Gründen der Z 4, 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobene - mit am 29. Jänner 2008 beim Erstgericht eingelangter Rechtsmittelschrift ausgeführte - Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.
Auf die erst am 30. Jänner 2008 eingegangene Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde (ON 31) war keine Rücksicht zu nehmen (Ratz, WK-StPO § 285 Rz 7).
Der von der Verfahrensrüge (Z 4) reklamierte Antrag auf Einholung einer Auskunft der Raika A***** zum Beweis dafür, „ob der Herr H***** auch heute noch neben den 19 Sparbüchern, die hier gegenständlich sind, weitere Sparbücher bei der Raika A***** hat" (S 249), verfiel schon deshalb zu Recht der Abweisung, weil er sich nicht auf schuld- oder subsumtionsrelevante Umstände bezog.
Das den Beweisantrag ergänzende Beschwerdevorbringen hat auf Grund des im Nichtigkeitsbeschwerdeverfahren bestehenden Neuerungsverbots auf sich zu beruhen.
Die Mängelrüge macht nominell Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) sowie offenbar unzureichende Begründung (Z 5 vierter Fall) der angefochtenen Entscheidung geltend, orientiert sich dabei aber nicht an den Anfechtungskategorien des in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrundes.
Unvollständig ist ein Urteil dann, wenn das Gericht bei der für die Feststellung entscheidender Tatsachen angestellten Beweiswürdigung erhebliche, in der Hauptverhandlung vorgekommene (§ 258 Abs 1 StPO) Verfahrensergebnisse unberücksichtigt ließ.
Offenbar unzureichend ist eine Begründung, die nicht den Gesetzen folgerichtigen Denkens oder grundlegenden Erfahrungssätzen entspricht.
Abgesehen davon, dass die Tatrichter ohnehin davon ausgingen, dass die vom Beschwerdeführer in der Hauptverhandlung vorgelegten drei „alten" Sparbücher dem Zeugen Georg H***** zuzuordnen sind (US 12), macht die Rüge nicht deutlich, weshalb dieser Umstand oder die vom Zeugen Andreas Q***** geäußerte Vermutung, der Genannte habe möglicherweise auch aktuell ein weiteres Sparbuch der in Rede stehenden Bank in seinem Besitz - mithin die bloße Existenz vom Anklagevorwurf nicht erfasster weiterer Vermögenswerte des Geschädigten - für die Feststellung über Vorliegen oder Nichtvorliegen einer entscheidenden Tatsache von Bedeutung sein könnte und solcherart im Sinne der Z 5 zweiter Fall erörterungsbedürftig gewesen wäre.
Ein - ebenfalls unter dem Aspekt der Z 5 zweiter Fall relevierter - Widerspruch zwischen Angaben des Zeugen Andreas Q***** und jenen des Georg H***** liegt - dem weiteren Beschwerdevorbringen zuwider - gar nicht vor. Die Aussage des Andreas Q*****, wonach Georg H***** bei der ersten Kontaktaufnahme keine Auskünfte zum Verbleib der vom Anklagevorwurf umfassten Sparbücher geben konnte (S 238), wurde von jenem vielmehr ausdrücklich bestätigt (S 153 und 232). Die leugnende Verantwortung des Angeklagten hat das Erstgericht insgesamt mit logisch und empirisch einwandfreier Begründung als Schutzbehauptung gewertet (US 10 ff), die Erörterung (Z 5 zweiter Fall) sämtlicher Aussagedetails war daher insoweit nicht geboten (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 428).
Soweit die Rüge zu den angesprochenen Verfahrensergebnissen eigene Beweiswerterwägungen anstellt, indem sie daraus ableitet, Georg H***** hätte die verfahrensgegenständlichen Sparbücher dem Angeklagten „zur persönlichen Verwahrung überlassen", weil er diesbezüglich „unbedingt anonym bleiben wollte" und es ihm wichtig war, dass niemand davon erfährt, und auf dieser urteilsfremden Prämisse in rechtlicher Hinsicht den Schluss zieht, dass „als Deliktsvorwurf nur mehr § 133 StGB in Betracht gekommen" wäre, vermag sie einen Begründungsmangel nicht aufzuzeigen.
Der weiteren Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) zuwider blieben die - von der Beschwerde nur lückenhaft zitierten - Urteilsannahmen zum objektiven Tatgeschehen in Betreff des Schuldspruchs wegen § 229 Abs 1 StGB (C., US 6 ff) nicht unbegründet. Die Tatrichter haben diese Konstatierungen vielmehr - durch Klammerausdrücke im Rahmen der Feststellungen deutlich genug - aus der insoweit geständigen Verantwortung des Beschwerdeführers (S 223, 229) im Verein mit der Aussage des Geschädigten (S 151, 232 f) abgeleitet (US 6 ff). Inwiefern diese Begründung Gesetzen folgerichtigen Denkens und grundlegenden Erfahrungssätzen widersprechen sollte, sagt die Beschwerde nicht. Gleichermaßen unklar bleibt, welcher weitergehenden Erwägungen die - aus der Mitnahme der Legitimationspapiere nach Beendigung des Dienstverhältnisses des Angeklagten bei der R***** ohne Verständigung des Berechtigten, der die Urkunden sicher in der Bank verwahrt glaubte und mit dem eine bankexterne persönliche Vermögensverwaltung nie vereinbart war, abgeleitete - Konstatierung des Erstgerichts, Georg H***** sei dadurch spätestens mit diesem Zeitpunkt um die Möglichkeit einer widmungsgemäßen Verwendung der Sparbücher gebracht worden (US 7 f), bedurft hätte. Der Beschwerdeeinwand offenbar unzureichender Begründung der Urteilsannahme einer auf diese Gebrauchsverhinderung gerichteten „Absicht" des Angeklagten (neuerlich Z 5 vierter Fall) ignoriert prozessordnungswidrig, dass das Schöffengericht die zur subjektiven Tatseite hinsichtlich sämtlicher Anklagevorwürfe leugnende Einlassung des Beschwerdeführers - wie bereits dargelegt - insgesamt mängelfrei als Schutzbehauptung verworfen und aus seinem objektiven Verhalten den - aus dem Blickwinkel der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstandenden (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 452) - Schluss gezogen hat, sein Vorsatz habe auch die Verhinderung des Gebrauchs der Urkunden im Rechtsverkehr zu Beweiszwecken durch den Berechtigten umfasst (US 11 f).
Dass die Sparbücher anlässlich der Hausdurchsuchung am - dem Geschädigten nicht bekanntgegebenen - neuen Arbeitsplatz des Angeklagten in einem mit dem Namen H***** beschrifteten Ordner aufgefunden und vom Beschwerdeführer „anstandslos ausgefolgt" wurden sowie dass der Berechtigte deren Herausgabe „nie begehrte", steht den bekämpften Urteilsannahmen zur subjektiven Tatseite nicht entgegen und bedurfte daher auch nicht einer Erörterung iSd § 281 Abs 1 Z 5 zweiter Fall StPO.
Gestützt auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO vermisst die Beschwerde - unter der Prämisse rechtsirriger Subsumtion des vom Schuldspruch B. umfassten Täterverhaltens unter §§ 146 f StGB anstatt § 133 StGB durch das Erstgericht - Feststellungen zu dem Angeklagten für die Schadloshaltung des Geschädigten jederzeit zur Verfügung stehenden (anderen) Vermögenswerten („präsenter Deckungsfonds"). Gegenstand von Rechts- und Subsumtionsrüge ist der Vergleich des zur Anwendung gebrachten materiellen Rechts, einschließlich prozessualer Verfolgungsvoraussetzungen, mit dem festgestellten Sachverhalt. Den tatsächlichen Bezugspunkt bildet dabei die Gesamtheit der in den Entscheidungsgründen getroffenen Feststellungen, zu deren Verdeutlichung das Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) herangezogen werden kann. Von diesem Gesamtzusammenhang ausgehend ist zur Geltendmachung eines aus Z 9 oder Z 10 gerügten Fehlers klarzustellen, aus welchen ausdrücklich zu bezeichnenden Tatsachen (einschließlich der Nichtfeststellung von Tatsachen) welche rechtliche Konsequenz (§§ 259, 260 Abs 1 Z 2 StPO) hätte abgeleitet werden sollen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 581, 584).
Die Rechtsrüge nimmt prozessordnungswidrig nicht an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe Maß, denen eine - für die begehrte Unterstellung unter § 133 StGB essentielle (vgl für viele: Fabrizy, StGB9 § 133 Rz 5) - Feststellung, wonach der Berechtigte Georg H***** dem Angeklagten die in Rede stehenden Sparbücher in seinen ausschließlichen Gewahrsam übertrug, bevor dieser sich die Sparguthaben zueignete, gerade nicht zu entnehmen ist (US 5 f, 7). Mit der Behauptung, aus - isoliert aus dem Zusammenhang gerissen zitierten - weiteren Feststellungen ergäbe sich „eindeutig, dass „Georg H***** dem Angeklagten ein Gut anvertraute", werden weder in der Hauptverhandlung vorgekommene Indizien, die Anlass zu den begehrten Konstatierungen gegeben hätten, bezeichnet noch auf Basis des festgestellten Sachverhalts ein Rechtsfehler des Erstgerichts nachgewiesen. Vielmehr stellt der Beschwerdeführer den Urteilskonstatierungen bloß eigene Annahmen entgegen und verfehlt solcherart den vom Gesetz geforderten Bezugspunkt.
Damit geht auch der unter dieser urteilsfremden Prämisse - unter Hinweis auf eine Kommentarstelle (Kirchbacher/Presslauer in WK² § 146 Rz 142) - entwickelte Einwand, durch irrtumslose Hingabe vinkulierter Sparbücher in den Alleingewahrsam des Empfängers, der deren Losungswort kennt, sei die Spareinlage anvertraut, ins Leere. Weshalb ausgehend vom Urteilssachverhalt die vermissten Feststellungen zu einem „präsenten Deckungsfonds" für die Lösung der Schuld- oder Subsumtionsfrage erforderlich sein sollten, legt die Rüge nicht dar. Nur der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass auch keine Verfahrensergebnisse benannt werden, die eine zu den Tatzeiten bestehende Intention des Angeklagten, Georg H***** aus eigenen liquiden Mitteln zu entschädigen, indiziert hätten. Die Beschwerdebehauptung, es sei „nicht ausgeschlossen, dass der Angeklagte der subjektiven Meinung war, dass er die Sparbücher für den Zeugen H***** persönlich verwahren soll", geht ein weiteres Mal nicht von den gegenteiligen Urteilsannahmen (US 7) aus. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).
Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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