OGH 14Os31/00

OGH14Os31/0011.4.2000

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. April 2000 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Massauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Dr. Holzweber, Dr. Ratz und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Greinert als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Eduard S***** wegen des Verbrechens nach § 3g VG über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 1. Dezember 1999, GZ 30j Vr 9.248/99-77, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Eduard S***** vom Anklagevorwurf des Verbrechens nach § 3g VG gemäß § 336 StPO freigesprochen.

Entscheidungsgegenstand war der Vorwurf, der Angeklagte hätte sich in der Zeit von 1989 bis zum 14. Juni 1994 in Wien auf eine andere als die in den §§ 3a bis 3f VG bezeichnete Weise im nationalsozialistischen Sinne betätigt, dass er als für den Einkauf und die Bestellungen seitens der Buchhandlung "S*****" Verantwortlicher wiederholt Literatur und Tonträger, die den Nationalsozialismus verherrlichendes und Massentötungen durch Giftgas leugnendes Gedankengut enthalten, zum Teil aus dem Ausland zwecks Verkaufes und Verbreitung im Inland importierte, zum Teil in Österreich zu den gleichen Zwecken ankaufte und auch tatsächlich an Besteller und Kunden der genannten Buchhandlung verkaufte bzw zu verkaufen trachtete.

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf den Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 345 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft, die offenbar unbegründet ist:

Rechtliche Beurteilung

Nach dem Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolles vom 1. Dezember 1999 - eine Protokollsberichtigung wurde von keiner Seite verlangt - beantragte die Staatsanwältin "die Vorweisung der Bücher und Verlesung der inkriminierten Textstellen zum Beweis dafür, dass die" (gemeint: die im Anklagetenor angeführten und in der von den Geschworenen verneinten Hauptfrage enthaltenen Passagen) "auch tatsächlich in diesen Büchern drinnen stehen" (S 239/III), wogegen laut Rechtsmittelschrift die betreffende Beweisaufnahme zudem auch verlangt worden sein soll, "um das äußere Erscheinungsbild dieser Bücher den Geschworenen vor Augen zu führen". Nach Meinung der Staatsanwaltschaft könne nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass die Geschworenen auf Grund des Erscheinungsbildes und der verlangten Verlesung zu einer anderen Lösung der Schuldfrage gelangt wären. Da die Beschwerdeführerin damit aber über das bei ihrer Antragsstellung in erster Instanz angegebene und für die Überprüfung der Berechtigung des Beweisbegehrens allein maßgebliche Beweisthema hinausgeht und solcherart ihre Beschwerdeargumentation auf erst im Rechtsmittelverfahren zusätzlich vorgebrachte Gründe stützt, ist ihre Verfahrensrüge insoferne nicht gesetzmäßig ausgeführt (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 4 E 41).

Es trifft allerdings zu, dass der Beweisantrag auch in seiner tatsächlichen Form nicht hätte abgewiesen werden dürfen, weil nach § 252 Abs 2 StPO Schriftstücke, die für die Sache von Bedeutung sind - wie hier Buchtexte, deren Inhalt die Grundlage eines Anklagevorwurfs darstellt -, vorgelesen werden müssen, soweit nicht ein Parteienverzicht vorliegt. Da jedoch die Übereinstimmung der in der Anklageschrift angeführten (den Gegenstand der Hauptfrage bildenden) Textstellen mit ihrem jeweiligen Original in den entsprechenden Büchern im Verfahren nicht in Zweifel gezogen, sondern anlässlich der Antragsablehnung vom Schwurgerichtshof sinngemäß bestätigt wurde (S 241/III), ist erkennbar, dass die Formverletzung keinen die Anklage beeinträchtigenden Einfluss auf die Entscheidung üben konnte, weshalb die betreffende Formverletzung (inhaltlich Z 4) nicht zum Nachteil des Angeklagten geltend gemacht werden kann (§ 345 Abs 4 StPO).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war demnach bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung gemäß §§ 285d Abs 1 Z 2, 344 StPO zurückzuweisen.

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