Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch 4/2 und 4/3, demzufolge auch im Strafausspruch aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.
Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde relevant wurde Thomas M***** mit dem angefochtenen Urteil des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 1 StGB (1), der Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (2/1) und der Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 (richtig: Abs 2) StGB (2/2 und 3) sowie (richtig:) jeweils mehrerer Vergehen der pornographischen Darstellungen Minderjähriger nach § 207 Abs 1 Z 1 StGB (4/1), nach § 207a Abs 3 erster Fall StGB (4/2) und nach § 207a Abs 3 zweiter Fall StGB (4/3) sowie eines Vergehens der pornographischen Darstellungen Minderjähriger nach § 207a Abs 1 Z 2 StGB (5) und mehrerer Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 Z 1 StGB (6) schuldig erkannt.
Danach hat er in W***** und an anderen Orten
(1) nach dem August 2011 eine wehrlose Person, nämlich den stark alkoholisierten und durch unbekannte Substanzen beeinträchtigten Andreas Ö***** unter Ausnutzung dieses Zustands dadurch missbraucht, dass er an ihm eine geschlechtliche Handlung vorgenommen hat, indem er an ihm einen Oralverkehr durchführte;
(2) frühestens im Jahre 2009 bis kurz vor Weihnachten 2011
1) mit dem am 29. August 1998 geborenen, mithin unmündigen Jan Ö***** „den Beischlaf“ und dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlungen unternommen, indem er in wiederholten Fällen einen Oralverkehr an ihm vornahm, einen Finger in seinen After einführte und an ihm einen Analverkehr vornahm sowie dessen Penis bis zur Erektion masturbierte, ein Kondom überzog und sodann den Penis des Jan Ö***** in seinen After einführte;
2) dadurch, dass er sich von dem am 29. August 1998 geborenen Jan Ö***** mit der Hand befriedigen ließ, von einer unmündigen Person eine geschlechtliche Handlung an sich vornehmen lassen;
(3) vor dem 28. Juli 2011 wiederholt den am 28. Juli 1997 geborenen, mithin unmündigen Petar Z*****, um sich geschlechtlich zu erregen, durch die Aufforderung zur Selbstbefriedigung dazu verleitet, eine geschlechtliche Handlung an sich vorzunehmen;
(4) seit einem unbekannten Zeitpunkt bis zur Sicherstellung am 12. Februar 2012 pornographische Darstellungen, nämlich im Urteil durch Anführen einer Vielzahl von Seiten des Aktes bezeichnete Lichtbilder und Videos
1) von minderjährigen Personen hergestellt,
2) von mündigen Minderjährigen besessen,
3) von unmündigen Personen besessen,
(5) am 21. August 2011 eine pornographische Darstellung einer minderjährigen Person, nämlich eine Großaufnahme des nackten Genitalbereichs des am 29. August 1998 geborenen Jan Ö***** dem Reinhard T***** durch Versenden im Internet überlassen;
(6) durch die unter (1) und (2) geschilderten Taten unter Ausnützung seiner Stellung gegenüber den seiner Aufsicht unterstehenden minderjährigen Personen eine geschlechtliche Handlung vorgenommen oder von einer solchen Person an sich vornehmen lassen, um sich geschlechtlich zu erregen oder zu befriedigen.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen vom Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 4 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl.
Soweit hier relevant ist unabdingbare Voraussetzung einer erfolgversprechenden Rüge aus Z 4 ein in der Hauptverhandlung gestellter Antrag oder ein nach Art von Anträgen substantiierter Widerspruch und ein gegen den Antrag oder Widerspruch gefasster Beschluss nach § 238 Abs 1 oder Abs 2 StPO oder die Nichterledigung eines Antrags oder Widerspruchs (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 302, 304).
Da die vorliegende Verfahrensrüge (Z 4) nicht auf einen in der Hauptverhandlung gestellten Antrag des Beschwerdeführers oder einen gegen seinen Antrag oder Widerspruch gefassten Beschluss Bezug nimmt, sich vielmehr auf einen schriftlichen Antrag des am Verfahren gar nicht beteiligten DDr. Gerhard G***** vom 21. August 2012 (ON 60) bezieht, scheitert sie.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
Aus deren Anlass überzeugte sich der Oberste Gerichtshof jedoch in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, dass dem Urteil in Betreff des Schuldspruchs 4/2 und 4/3 nicht geltend gemachte Nichtigkeit (Z 9 lit a) anhaftet, die sich zum Nachteil des Angeklagten auswirkt und daher von Amts wegen wahrzunehmen war (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO).
§ 207a StGB pönalisiert - soweit hier wesentlich - den Besitz pornographischer Darstellungen (mündiger und unmündiger) Minderjähriger, deren Definition sich in Abs 4 dieser Bestimmung findet. Zur Subsumtion von Lichtbildern und Videos unter den Tatbestand des § 207a StGB bedarf es daher jeweils den Kriterien dieses normativen Tatbestandsmerkmals entsprechender (deskriptiver) Sachverhaltsfeststellungen (vgl 12 Os 151/08k, 14 Os 107/11h), die jedoch der angefochtenen Entscheidung, die sich insoweit in der bloßen Anführung der verba legalia „pornographische Darstellungen Minderjähriger“ erschöpft (vgl US 7), nicht zu entnehmen sind.
Die im Referat der entscheidenden Tatsachen im Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) enthaltene Bezeichnung der als pornographisch im Sinn des § 207a Abs 4 StGB beurteilten Darstellungen durch Angabe von Seitenzahlen des Aktes vermag die fehlenden Feststellungen ebenso wenig zu ersetzen (RIS-Justiz RS0114639; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 15) wie die Wiedergabe dieser Fundstellen im Rahmen rechtlicher Erwägungen (US 15).
Der aufgezeigte Rechtsfehler mangels Feststellungen (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 605 f) macht die Aufhebung des Urteils im aus dem Spruch ersichtlichen Umfang bereits bei der nichtöffentlichen Beratung (§ 285e StPO) samt Anordnung einer neuen Hauptverhandlung und Verweisung der Sache an das Erstgericht erforderlich.
Mit ihren Berufungen waren der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf die Aufhebung des Strafausspruchs zu verweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO, wobei die amtswegige Maßnahme von der Kostenersatzpflicht nicht umfasst ist (Lendl, WK-StPO § 390a Rz 12).
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