Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten gemäß § 285 i StPO dem Oberlandesgericht Innsbruck zugemittelt. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Der am 31.August 1962 geborene Peter E*** wurde vom Landesgericht Innsbruck des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB sowie der Vergehen des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 StGB und nach § 16 Abs 1 SuchtgiftG schuldig erkannt, weil er am 13.August 1988 in Kitzbühel mit Bereicherungsvorsatz die Reisebüroangestellten Gertraud N*** und Christine E*** durch Vorhalten einer als solche nicht erkennbaren Spielzeugpistole zum Öffnen eines Tresors und Herausgabe von Inhaber- und Travellerschecks sowie Bargeld im Gesamtwert von 251.534 S nötigte und versuchte, einen Inspektor der Städtischen Sicherheitswache durch Anschlagen der Pistole an seiner Festnahme zu hindern sowie am Tag davor in Innsbruck eine unbekannte Menge Haschisch besessen hat.
Rechtliche Beurteilung
Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit einer auf die Z 5, 5 a, 9 lit a und b sowie 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Mit der Rüge nach Z 5 will der Beschwerdeführer insgesamt ebenso wie mit der Tatsachenrüge nach Z 5 a seiner in der Hauptverhandlung vorgebrachten Verantwortung zum Durchbruch verhelfen, er wäre einerseits infolge übermäßiger Medikamenteneinnahme vor der Tat (Rohypnol und Lexotanil), andererseits wegen der bei ihm aufgetretenen Entzugserscheinungen im Hinblick auf seine Drogensucht zur Tatzeit nicht zurechnungsfähig gewesen.
Demgegenüber hat das Erstgericht aufgrund der Gutachten der dem Verfahren beigezogenen Sachverständigen Dr. Hans U*** (AS 451 bis 453) und Univ.Prof. Dr. Heinz P*** (schriftliches Gutachten ON 12) sowie Gutachten in der Hauptverhandlung AS 453 bis 455) die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Angeklagten für die von ihm am 13.August 1988 verübten Straftaten (Raub und versuchter Widerstand gegen die Staatsgewalt) bejaht und die Diskretionsfähigkeit des Angeklagten in vollem Umfang ebenso wie seine Dispositionsfähigkeit, wenn auch letztere durch den vorangegangenen Medikamentenkonsum wesentlich eingeschränkt, für gegeben erachtet (sh. Urteil S 8 und 11).
Dabei haben sich die Tatrichter ersichtlich auch mit den von den angeführten Gutachten erörterten Entzugserscheinungen in bezug auf die Drogensucht des Angeklagten beschäftigt (sh. AS 391 und 395, insbesondere jedoch 454 und 455), gelangten aber im Ergebnis nach entsprechender Würdigung der zum medizinischen und chemischen Gesamtkomplex angestellten Überlegungen zur Annahme der Zurechnungsfähigkeit des Beschwerdeführers auch bei gegebener (wenngleich eingeschränkter) Dispositionsfähigkeit. Wenn die Beschwerde den Umstand der Möglichkeit eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Entzugssyndroms besonders betont, geht sie am Umstand vorbei, daß sich das Erstgericht berechtigtermaßen auf die Gutachtensergebnisse stützen konnte, wonach eine Verwirrung des Angeklagten zur Tatzeit aus diesem Grund nur dann nicht auszuschließen gewesen wäre, wenn von ihm keine Neuroleptika eingenommen worden wären (AS 455). Daß dies jedoch in einem übertherapeutischen Ausmaß der Fall war, hat das Erstgericht ebenso den Beweisergebnissen entsprechend (aufgrund der Verantwortung des Angeklagten im Zusammenhalt mit dem Gutachten Dris. U***, siehe AS 452 und 453) eindeutig festgestellt (Urteil S 10).
Ebenso geht der Beschwerdeeinwand ins Leere, der Ausspruch des Schöffengerichtes über entscheidende Tatsachen sei unvollständig geblieben, weil die tatsächlich vom Angeklagten eingenommene Tablettenmenge unerörtert geblieben sei. Er läßt unberücksichtigt, daß die rechtlich relevante Medikamentenmenge vom Erstgericht in der für die Beurteilung der Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten notwendigen Form ohnehin, nämlich als übertherapeutische Dosis, festgestellt worden ist und eine weitere Festlegung, etwa nach Tablettenanzahl oder Gewichtsanteil chemisch wirksamer Stoffe, nicht entscheidungswesentlich war.
Dabei hat sich das Schöffengericht keineswegs alleine auf die toxikologische Einschätzung des Sachverständigen aus diesem Fachgebiet beschränkt, sondern ebenso auf eine Gesamtschau der Beweisergebnisse einschließlich des besonders bedeutsamen gerichtspsychiatrischen Gutachten des Sachverständigen Univ.Prof. Dr. Heinz P*** abgestellt.
Dem Beschwerdeführer gelingt es mit seinen Ausführungen zur Mängelrüge nicht, eine Unvollständigkeit der Urteilsgründe im Sinne dieses Nichtigkeitsgrundes aufzuzeigen. Die von ihm behauptete Tatbegehung im Zustand einer (durch Medikamentenmißbrauch oder Entzugserscheinungen in bezug auf seine Drogensucht eingetretenen) tiefgreifenden Bewußtseinsstörung findet in den zitierten Gutachten keine Stütze. Der Beschwerdeführer unternimmt insgesamt vielmehr den im Nichtigkeitsverfahren unzulässigen Versuch, eine für ihn günstigere Deutung der Verfahrensergebnisse in Richtung des Vorliegens eines dem § 11 StGB zu unterstellenden Zustands zu erzielen, womit aber eine Urteilsnichtigkeit im Sinne der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO nicht dargetan wird.
Das Vorbringen zur Tatsachenrüge nach Z 5 a des § 281 Abs 1 StPO reduziert sich im wesentlichen auf die Behauptung, es wären zumindest Zweifel an der Dispositionsfähigkeit des Angeklagten zur Tatzeit am 13.August 1988 angebracht gewesen. Angesichts der Ergebnisse der bereits mehrfach erwähnten Gutachten können damit aber auch nach Prüfung der gesamten Aktenlage keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen geweckt werden. Zu der vom Beschwerdeführer ferner reklamierten gesonderten Prüfung der Frage seiner Dispositionsfähigkeit bei der sich an die Raubtat in zeitlicher Folge unmittelbar anschließenden Bedrohung eines Inspektors der Städtischen Sicherheitswache Kitzbühel zur Verhinderung der Festnahme des Angeklagten bestand für die Tatrichter angesichts dieses unmittelbaren zeitlichen Zusammenhanges kein Anlaß. Die dazu in der Beschwerde erörterte Möglichkeit einer Änderung der Bewußtseinslage des Angeklagten findet weder in den schöffengerichtlichen Feststellungen noch überhaupt im Beweisverfahren entsprechende Deckung, kann damit ebensowenig erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld des Beschwerdeführers zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen erzeugen und erweist sich damit als eine auch im Rahmen der Z 5 a des § 281 Abs 1 StPO unbeachtliche Kritik an der tatrichterlichen Beweiswürdigung.
Mit der Rechtsrüge nach § 281 Abs 1 Z 10 StPO strebt der Angeklagte inhaltlich eine Beurteilung der Straftaten vom 13. August 1988 bloß als Vergehen nach § 287 Abs 1 StGB an. Dabei unterstellt er dem Erstgericht, seine Dispositionsfähigkeit bloß aus dem zielgerichteten (also planmäßigen) Handeln beim Verbrechen des Raubes und dem Vergehen des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt abzuleiten.
Das Schöffengericht hat aber seine diesbezüglichen Annahmen vor allem auf die Gutachten der Sachverständigen Dr. U*** und Univ.Prof. Dr. P*** gegründet (siehe Urteil S 10 und 11) und lediglich in Ergänzung dazu auch auf das zielgerichtete Handeln des Angeklagten abgestellt und damit dessen strafrechtliche Zurechnungsfähigkeit weder ausschließlich noch vor allem auf diesen Umstand gegründet. Diese Rechtsrüge geht damit letztlich von einer urteilsfremden Annahme aus.
Gegen den Schuldspruch wegen des Vergehens nach § 16 Abs 1 SuchtgiftG wendet der Beschwerdeführer im Sinne des § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO ein, das Mitrauchen einer Haschischzigarette wäre nicht tatbildlich im Sinne des ihm angelasteten Tatbestandes. Dabei übergeht er die schöffengerichtlichen Feststellungen, wonach er am 12.August 1988 in Innsbruck eine Haschischzigarette rauchte (Urteil S 6). Er habe lediglich mitgeraucht, wurde vom Erstgericht somit überhaupt nicht festgestellt, weswegen die Beschwerde auch hierin von einem urteilsfremden Sachverhalt ausgeht. Im übrigen bringt er mit dem Hinweis auf die vereinzelt gebliebene Entscheidung EvBl 1979/48 aber auch rechtlich Irrelevantes vor (sh. Foregger-Litzka, MGA d. SGG2, Erl. II zu § 16; Kodek, Suchtgiftgesetz, Anm. 1, 2 zu § 16).
Wenn der Beschwerdeführer letztlich unter dem Gesichtspunkt des § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO die Bestimmungen der §§ 17 und 19 SuchtgiftG für sich in Anspruch nehmen will, übergeht er die Urteilskonstatierung, daß er zuletzt am 17.Juni 1988 nach insgesamt 18-monatiger Freiheitsstrafe aus der Strafhaft entlassen wurde und seine damalige Unterbringung in einer Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher abgebrochen werden mußte, weil er aus dieser Anstalt geflüchtet, wieder rückfällig und eine Entwöhnungsbehandlung deswegen aussichtslos geworden war (Urteil S 5). Mit der Aussichtslosigkeit einer Behandlung hat das Schöffengericht eine wesentliche Voraussetzung (§ 17 Abs 3 Z 2 lit b SuchtgiftG) für das Vorgehen nach § 19 SuchtgiftG verneint, womit sich abermals der Beschwerdeführer über eine im Ersturteil enthaltene Feststellung, nämlich die offenbare Aussichtslosigkeit seiner Entwöhnungsbehandlung, hinwegsetzt, weswegen auch dieses Vorbringen versagen muß.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet nach § 285 d Abs 1 Z 2 StPO, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt nach Z 1 dieser Gesetzesstelle iVm § 285 a Z 2 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Sitzung sofort zurückzuweisen.
Die übrigen Entscheidungen fußen auf den zitierten Gesetzesstellen.
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