OGH 14Os25/03

OGH14Os25/031.4.2003

Der Oberste Gerichtshof hat am 1. April 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Dr. Ratz, Dr. Philipp und Dr. Schroll als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Zucker als Schriftführer, in der Strafsache gegen Franz A***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 zweiter Fall StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 4. November 2002, GZ 28 Hv 68/02x-132, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Franz A***** der Verbrechen des gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 zweiter Fall StGB (A) und des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB (B) schuldig erkannt.

Demnach hat er (hier zusammengefasst wiedergegeben)

A) in den Jahren 1988 bis 1998 in Lienz, Matrei in Osttirol und

anderen Orten in Osttirol mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung der Taten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, in insgesamt 42 Angriffen Mitarbeiter mehrerer Kreditinstitute durch Täuschung über Tatsachen zur Durchführung von Überweisungen von Geldbeträgen verleitet, nämlich durch Vorlage selbst erstellter bzw erschlichener "Freischreibungsbeschlüsse", durch welche neun Pflegebefohlene mit einem 40.000 EUR übersteigenden Betrag (von insgesamt 4,068.408,10 S) am Vermögen geschädigt wurden, wobei der Angeklagte in einigen Fällen falsche Urkunden zur Täuschung benutzte, indem er selbst hergestellte Beschlussausfertigungen des zuständigen Pflegschaftsgerichtes vorlegte, auf denen er die Unterschrift des zuständigen Richters nachgemacht hatte; sowie

B) in den Jahren 1997 bis 2000 in Lienz und Matrei in Osttirol als

zur Dienstleistung bei den dortigen Bezirksgerichten zugeteilter Bezirksanwalt, sohin als Beamter, seine Befugnis, im Rahmen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung des § 4 Abs 1 StAG Amtsgeschäfte im Rahmen der Vertretung der öffentlichen Anklage vor den genannten Bezirksgerichten vorzunehmen, in insgesamt acht Fällen wissentlich missbraucht, und zwar indem er unter anderem mit dem Vorsatz, die Republik Österreich in ihrem Recht auf Strafverfolgung unter Einhaltung der strafprozessualen und materiellrechtlichen Vorschriften zu schädigen, strafsubstituierende Geldbeträge von insgesamt 25.000 S entgegennahm und nicht auf das Gerichtskonto weiterleitete, es unterließ, Beschuldigte zu verfolgen, im Register der Staatsanwaltschaft fälschliche Beurkundungen vornahm sowie in einem Fall ohne Grundlage eine "Ladung als Geschädigter" ausstellte.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 4 und 10 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider verfiel sein Beweisantrag auf Einholung eines psychiatrischen Gutachtens aus dem Fachgebiet "Tiefenpsychologie und Psychoanalyse" (S 268 ff/X iVm S 337/X) zu Recht der Abweisung. Der beigezogene gerichtlich beeidete Sachverständige Prim. Dr. Harald D*****, dessen Gutachten die Tatrichter logisch und empirisch einwandfrei als nachvollziehbar und schlüssig bezeichneten (US 34), erklärte dezidiert unter Bezugnahme auf das dem Beweisantrag ON 127 beigelegte Privatgutachten Dris. F*****, ein tiefenpsychologisches Gutachten würde keine anderen Aufschlüsse in Richtung der Dispositionsfähigkeit des Angeklagten ergeben (S 329/X). Im Übrigen zielt das Vorbringen, die Einholung eines solchen Gutachtens lasse einen über die vorliegenden Beweisergebnisse hinausreichenden Erkenntniswert zur Frage der Zurechnungsunfähigkeit des Beschwerdeführers erwarten, auf einen unzulässigen Erkundungsbeweis.

Der Antrag auf Einholung eines weiteren Gutachtens (S 337/X) verabsäumt es, entweder eine besondere Schwierigkeit der Beobachtung oder Begutachtung (§ 118 Abs 2 StPO) oder Mängel von Befund und Gutachten (§ 125, 126 StPO) darzutun, die die Beiziehung eines weiteren Sachverständigen erforderlich gemacht hätten (Ratz WK-StPO § 281 Rz 351).

Da der Sachverständige Dr. D*****, der sich sowohl bei der Exploration (ON 90) als auch in der Hauptverhandlung ein Bild vom Angeklagten machen konnte und auch die Vorbefunde in seine Erwägungen miteinbezog (S 333/X), ausschloss, dass eine instrumentelle Gehirnstromanalyse eine relevante Schädigung des Angeklagten aufzeigen würde (S 329/X), konnte auch der darauf abzielende Beweisantrag auf sich beruhen.

Der Beschwerde zuwider hat der genannte Experte sehr wohl die suizidbezogenen Beschreibungen des Angeklagten bei seinen Erwägungen berücksichtigt (S 333 f/X).

Letztlich haben die Tatrichter zur Begründung der allein von ihnen zu lösenden Rechtsfrage der Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten (Mayerhofer StPO4 § 134 E 46) insbesondere auch auf den von ihm (gutachtenskonform) gewonnenen persönlichen Eindruck zurückgegriffen (US 36).

Mit Recht unterblieb ferner die begehrte Vernehmung der Zeugin Michaela A***** zum Beweis dafür, dass die Familie des Angeklagten stets über ein gutes Einkommen verfügte (im Jahr 2000 [also nach dem zu A inkriminierten Zeitraum]: ca 60.000 S). Haben doch die Erkenntnisrichter das bezeichnete Beweisziel ohnehin als ausreichend klargestellt angesehen, indem sie der Verantwortung des Angeklagten folgten, er habe neben seinem Gehalt als Bezirksanwalt über erhebliche Nebeneinkünfte, insgesamt also über beträchtliches Einkommen verfügt (US 28, 37; Ratz WK-StPO § 281 Rz 342). Angesichts der im Antrag (S 268/X) dargestellten Lebensumstände, vor allem der eingeräumten "krankhaften Neigung des Beschwerdeführers zu Glücksspielen" (er selbst hatte deponiert, 4 Mio verspielt zu haben; S 293/X), hätte es in erster Instanz eines konkreten Vorbringens bedurft, aus welchen Gründen die Aussage der Zeugin A***** zur Schuldkomponente gewerbsmäßigen Handelns Entlastendes hätte erbringen können.

Die Subsumtionsrüge (Z 10) bekämpft die Qualifikation gewerbsmäßiger Begehung des Betruges. Sie unterlässt es aber, methodisch aus dem Gesetz abzuleiten, welchen Einfluss das gerügte Unterbleiben der Feststellung, der Angeklagte habe nach dem Jahre 1998 keine Straftaten begangen und die Betrügereien von sich aus eingestellt, als er auf eine Richterin getroffen sei, von der er sich akzeptiert gefühlt habe, auf die feststellte gewerbsmäßige Begehung üben sollte (Ratz WK-StPO § 281 Rz 588). Gleiches gilt für die behauptete Rückzahlung namhafter Beträge. Angesichts der aktenkonformen (vgl neuerlich S 293/X) Konstatierung, der Nichtigkeitswerber habe die betrügerisch erlangten Gelder zur Befriedigung seines Spieltriebs verwendet (US 28, 37 f), kann auch von einer Scheinbegründung der Annahme gewerbsmäßigen Handelns keine Rede sein (insoweit Z 5). Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Innsbruck zur Entscheidung über die wegen des Ausspruchs über die Strafe und die privatrechtlichen Ansprüche angemeldet, sodann jedoch nicht ausgeführte Berufung des Angeklagten folgt (§ 285i StPO). Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a StPO.

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