OGH 14Os21/22b

OGH14Os21/22b1.8.2022

Der Oberste Gerichtshof hat am 1. August 2022 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Nordmeyer, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz‑Hummel LL.M. sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in der Strafsache gegen * O* wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 1 StGB, über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 1. Dezember 2021, GZ 41 Hv 21/21k‑49, nach Anhörung der Generalprokuratur nichtöffentlich (§ 62 Abs 1 zweiter Satz OGH‑Geo 2019) zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0140OS00021.22B.0801.000

 

Spruch:

 

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteilaufgehoben, eine neue Hauptverhandlung angeordnet und die Sache an das Landesgericht Feldkirch verwiesen.

Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte sowie die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * O* des Verbrechens der Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er am 18. Juni 2021 in B* * T* mit Gewalt zur Duldung des Beischlafs zu nötigen versucht, indem er sie gegen ihren Willen in ein Gebüsch zerrte, zu Boden stieß und gewaltsam zu entkleiden versuchte, um mit ihr den vaginalen Geschlechtsverkehr zu vollziehen.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 5a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der Berechtigung zukommt.

[4] Wie sie im Ergebnis zutreffend anspricht (nominell Z 4, der Sache nach Z 3), bewirkte die Vorführung der Ton- und Bildaufnahme über die kontradiktorische Vernehmung der Zeugin T* (ON 33 S 35) Nichtigkeit (gemeint:) nach § 252 Abs 1 StPO. Denn ein Einverständnis des Angeklagten zu dieser lag nicht vor (Z 4 leg cit) und die Zeugin hat im gesamten Verfahren zu keinem Zeitpunkt unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, eine Aussage in der Hauptverhandlung zu verweigern (Z 2a leg cit iVm § 156 Abs 1 Z 2 StPO; vgl Kirchbacher, WK‑StPO § 252 Rz 74; RIS‑Justiz RS0111315). Auch eine andere Konstellation, die ausnahmsweise die Durchbrechung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes zulassen würde (§ 252 Abs 1 Z 1, 2 und 3 StPO) war nicht gegeben.

[5] Da nicht unzweifelhaft erkennbar war, dass der Verfahrensfehler keinen dem Angeklagten nachteiligen Einfluss auf die Entscheidung geübt hat (§ 281 Abs 3 StPO), macht dieser die Aufhebung des angefochtenen Urteils, die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung und die Verweisung der Sache an das Landesgericht Feldkirch (§ 288 Abs 2 Z 1 StPO) erforderlich (§ 285e StPO).

[6] Auf das weitere Rechtsmittelvorbringen war somit nicht einzugehen.

[7] Mit ihren Berufungen waren der Angeklagte sowie die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung zu verweisen.

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