Spruch:
Die gegen Gerrit YFF erlassene Strafverfügung des Bezirksgerichtes Schwaz vom 9.April 1987, GZ U 180/87-5, verletzt das Gesetz in der Bestimmung des § 460 Abs. 1 StPO. Diese Strafverfügung wird aufgehoben und es wird dem Bezirksgericht Schwaz die Einleitung des ordentlichen Verfahrens aufgetragen.
Text
Gründe:
Mit rechtskräftiger (jedoch noch nicht vollstreckter) Strafverfügung des Bezirksgerichtes Schwaz vom 9.April 1987, GZ U 180/87-5, wurde dem niederländischen Staatsangehörigen Gerrit YFF angelastet, in der Zeit zwischen November 1986 und Anfang März 1987 in De Bilt (Niederlande) Maarten Cornelis YFF durch die Aufforderung, die diesem bereits in Holland gestohlene Jacke bei seinem Urlaub als in Österreich gestohlen anzuzeigen, dazu bestimmt zu haben, einem (zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen) Beamten des Gendarmeriepostens Jenbach durch die Behauptung, ihm sei in Maurach am Achensee eine Jacke gestohlen worden, die Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung wissentlich vorzutäuschen; für das hiedurch begangene Vergehen der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung nach §§ 12 (zweiter Fall), 298 Abs. 1 StGB wurde über Gerrit YFF eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 200 S (Ersatzfreiheitsstrafe 25 Tage) verhängt.
Diese Strafverfügung stützt sich der Sache nach auf die Angaben des Sohnes des Gerrit YFF, Maarten Cornelis YFF, vor dem Gendarmeriepostenkommando Jenbach, wonach er bereits vor Antritt seines Urlaubes von seinem Vater gedrängt worden sei, in Österreich den Diebstahl der ihm in Wahrheit bereits in Holland abhanden gekommenen oder gestohlenen Jacke vorzutäuschen.
Rechtliche Beurteilung
Die Erlassung einer Strafverfügung gegen Gerrit YFF verstieß unter den gegebenen Umständen gegen die Bestimmung des § 460 Abs. 1 StPO, weil die sachlichen Voraussetzungen für ein Mandatsverfahren nicht gegeben waren. Erfolgte doch die Anzeige nicht von einer Behörde oder von einem Sicherheitsorgan auf Grund eigener dienstlicher Wahrnehmungen, lag kein Geständnis des Angezeigten vor und kann auch davon nicht gesprochen werden, daß die durchgeführten Erhebungen zur Beurteilung aller für die Entscheidung maßgebenden Umstände ausreichten. Der gravierendste Mangel in diesem Zusammenhang liegt darin, daß der das ganze Strafverfahren beherrschende Grundsatz des beiderseitigen Gehörs nicht gewahrt und die Strafverfügung erlassen worden war, ohne daß Gerrit YFF von der Gendarmerie oder vom Gericht einvernommen worden wäre. Da die aufgezeigte Gesetzesverletzung - die eine essentielle Voraussetzung für die Erlassung einer Strafverfügung betrifft, deren Beurteilung nach einhelliger Judikatur der freien Beweiswürdigung des Gerichtes entrückt ist, sodaß sie einer Anfechtung gemäß § 33 Abs. 2 StPO zugänglich ist (Mayerhofer-Rieder StPO2 § 460 Nr 9) - dem Gerrit YFF zum Nachteil gereicht, war in Stattgebung der Generalprokuratur erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde spruchgemäß zu erkennen.
Der Vollständigkeit halber sei beigefügt, daß die österreichische Gerichtshoheit vorliegend deshalb gegeben ist, weil eine Inlandstat i.S. des § 62 StGB auch dann vorliegt, wenn - wie hier - ein Ausländer im Ausland zu einer im Inland verübten Straftat anstiftet (vgl Mayerhofer-Rieder, StGB2 § 67 Nr 1, Liebscher in WK § 67 Rz 19 und 20).
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