Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen wird der Akt gemäß § 285 i StPO dem Oberlandesgericht Graz zugemittelt. Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen - durch Beschluß vom 27.Oktober 1988 (ON 44) berichtigten - Urteil wurde die am 4.Juli 1938 geborene Anna K*** des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 StGB schuldig erkannt. Darnach hat sie in der Zeit von Dezember 1986 bis Anfang September 1987 in Graz "in Gesellschaft der - insoweit rechtskräftig freigesprochenen - Renate S***" in wiederholten (nämlich zumindest vier - S 356) Angriffen Berechtigten des (zur "K***-Gruppe" gehörenden) Bekleidungshauses R***-KG fremde bewegliche Sachen in einem 25.000 S, nicht jedoch 500.000 S übersteigenden Wert, nämlich Trachtenbekleidungsstücke sowie andere Bekleidungsstücke im Gesamtwert von "mindestens ca" 120.000 S durch Eindringen in das Gebäude mit widerrechtlich erlangten Schlüsseln mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern.
Rechtliche Beurteilung
Die Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit einer auf die Z 4, 5, 5 a und 9 lit a (sachlich auch Z 3 und 9 lit b) des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt.
Das Erstgericht stützte den in Rede stehenden Schuldspruch im wesentlichen auf die für glaubwürdig erachteten (S 360) stets gleichlautenden Angaben der - bei den einzelnen Tathandlungen vorsatzlos mitwirkenden (S 364) - Renate S*** im Zusammenhalt mit der damit im Einklang stehenden Verantwortung der Angeklagten vor der Polizei (S 33 ff) und vor dem Untersuchungsrichter (S 107-111 b) und den in diesem Zusammenhang von der Polizei (ua) sichergestellten, von der Angeklagten damals als gemeinsam mit S*** gestohlen bezeichneten Gegenständen (S 360, 362 iVm S 221 ff, 231 ff), wobei die Tatrichter den geständigen Angaben der Angeklagten höhere Glaubwürdigkeit beimaßen als ihrem insbesondere dem Widerruf des Geständnisses nachfolgenden Leugnen, sie habe zu den Geschäftsräumlichkeiten der Firma R***-KG nie Schlüssel besessen, habe dieses Geschäft nie allein oder mit Renate S*** betreten und habe die im Vorverfahren - zum Schutz der Renate S*** - als gestohlen bezeichneten Bekleidungsgegenstände von ihrem langjährigen Freund, dem jetzt 76-jährigen Josef K*** - der Genannte ist nach der vor einigen Jahren erfolgten Übergabe seiner Geschäftsanteile an mehreren (als Kommanditgesellschaften betriebenen) Grazer Bekleidungsunternehmungen (an seine beiden Kinder) an diesen mit (noch) jeweils drei Prozent
beteiligt - geschenkt erhalten (S 358 ff).
Einen Verfahrensmangel (Z 4) erblickt die Beschwerdeführerin zunächst in der Nichtzulassung der von ihrem Verteidiger in der Hauptverhandlung an den Zeugen Kurt K*** gerichteten Frage, "ob - so wie es in einem Artikel in der Kleinen Zeitung vom 20. April 1986 heißt - in der Nacht auf Freitag (18.April 1986 ?) ein Einbruch in das zur K***-Gruppe gehörende B***-Geschäft erfolgte und sich später herausstellte, daß dieser Einbruch nicht stattgefunden hatte, sondern das Fehlen von rund 3.000 verschiedenen Kleidungsstücken auf einen Buchhaltungsfehler zurückzuführen sei" (S 327). Das Schöffengericht hat diese Frage mit dem (nach Beratung ergangenen) Zwischenerkenntnis unter Hinweis auf §§ 238 Abs 1, 249 Abs 2 StPO ersichtlich wegen Unangemessenheit untersagt (S 328). Vorliegend kann es dahingestellt bleiben, ob die Untersagung der in Rede stehenden Frage, durch deren Beantwortung der Verteidiger "Aufschluß über die Genauigkeit der (zentral geführten) Buchhaltung" der im Besitz der Familie K*** stehenden "Kette verschiedenster Textilgeschäfte" und damit auch der Firma R***-KG erlangen wollte, gerechtfertigt war; ist doch unzweifelhaft erkennbar, daß diese Vorgangsweise auf die Entscheidung keinen der Angeklagten nachteiligen Einfluß üben konnte (§ 281 Abs 3 StPO). Die Beschwerde übersieht nämlich, daß das hier zu beurteilende Strafverfahren keineswegs in (bloß) behaupteten Warenabgängen der Firma R***-KG seine Grundlage hat, sondern - im weitaus überwiegenden Teil - auf den bei der Angeklagten selbst, ferner bei Renate S*** und deren Abnehmern sichergestellten (neuwertigen) Kleidungsstücken beruht, wobei ersichtlich schon getragene und nach den Angaben der Angeklagten ihr von Josef K*** geschenkten Bekleidungsgegenstände ohnedies nicht berücksichtigt wurden (S 362 iVm 125, 221 ff, 231 ff). Im übrigen hat der Zeuge Kurt K*** Inventurdifferenzen von nicht mehr als 100.000 S an sich nicht in Abrede gestellt (S 326).
Eine weitere Beeinträchtigung ihrer Verteidigungsrechte erblickt die Beschwerdeführerin in der Abweisung der von ihrem Verteidiger in der Hauptverhandlung (ua) gestellten Anträge (S 340) auf Beischaffung der Bilanz der Firma R***-KG aus den Jahren 1986/87 sowie des Gesellschafterkontos des Josef K*** über dessen Privatentnahmen samt zugehörigen Belegen, welche die Warenentnahmen des Josef K*** aus dieser Firma zugunsten der Angeklagten Anna K*** betreffen, ferner auf Vorlage der beschlagnahmten Beweisgegenstände unter Beiziehung der Zeugen N. (Theodora) W*** (Geschäftsführerin der Firma R***-KG) und Josef K***, womit dargetan werden sollte, daß das der Angeklagten angelastete Diebsgut von Josef K*** (als Geschenk gegeben und) "im Wege der Privatentnahme" bezahlt worden sei.
Das Schöffengericht wies die Beweisanträge im wesentlichen mit der Begründung ab (S 343), daß auf Grund der Verfahrensergebnisse feststellbar sei, welche der sichergestellten Waren auf unrechtmäßige Art und Weise aus dem Besitz der Firma R***-KG entzogen wurden und welche die Angeklagte K*** von Josef K*** geschenkweise zugewendet erhalten habe (S 343).
Daß die Angeklagte die verfahrensgegenständlichen Kleidungsstücke unter Mitwirkung der Renate S*** aus dem Geschäftslokal der Firma R***-KG widerrechtlich weggenommen hat, stellte das Erstgericht - wie bereits dargetan wurde - auf Grund der für glaubwürdig erachteten Angaben der Renate S*** im Zusammenhalt mit der im wesentlichen damit im Einklang stehenden Verantwortung der Angeklagten im Vorverfahren fest, die im übrigen auch noch in der Hauptverhandlung ausdrücklich erklärte, von Josef K*** niemals die Geschäftsschlüssel und auch nie die Erlaubnis erhalten zu haben, das in Rede stehende Geschäftslokal zu betreten oder daraus Sachen zu entnehmen (S 313, 316). Versagt aber das Gericht - wie hier - mit unbedenklicher Begründung einem Angeklagten den Glauben an die Richtigkeit der von ihm aufgestellten Behauptungen (hier: dem später behaupteten ausschließlich geschenkweisen Erhalt von Bekleidungsgegenständen), so ist es nicht gehalten, Beweise aufzunehmen, für deren Erheblichkeit die Richtigkeit dieser als unglaubwürdig abgelehnten Behauptung Voraussetzung wäre (Mayerhofer-Rieder StPO2 ENr 67 zu § 281 Z 4). Die Mitwirkung der Geschäftsführerin W*** bei Erstellung des Verzeichnisses über die sichergestellten Bekleidungsstücke und die durch sie vorgenommene Bewertung vor der Polizei hinwieder ist der Aktenlage ohnedies zu entnehmen (vgl insbesondere S 125, 229). Der im 76.Lebensjahr stehende Josef K*** aber, der sich schon im November 1987 bei Erstellung des in Rede stehenden Verzeichnisses hinsichtlich der nach den Angaben der Angeklagten von ihr als Geschenke bezeichneten Bekleidungsstücke nicht mehr an alle Einzelheiten erinnern konnte (S 223), jedoch in der Folge darauf hinwies, daß er bei den für die Angeklagte bestimmten Kleidungsstücken die Preiszettel heruntergenommen habe (S 333), wurde in der Hauptverhandlung ohnedies als Zeuge vernommen, wobei die Angeklagte durch den Verteidiger von ihrem Fragerecht (§ 249 Abs 1 StPO) Gebrauch machen konnte und dieses auch tatsächlich ausgeübt hat (S 333 f). Im übrigen wurden die in Rede stehenden Beweisgegenstände in der Hauptverhandlung (gemäß § 253 StPO) der Angeklagten und dem Zeugen Kurt K*** vorgelegt (vgl S 343 ff), sodann jedoch auf die Darstellung weiterer Beweisgegenstände ON 22 "einverständlich verzichtet" (S 346). Das abweisliche Zwischenerkenntnis vermochte daher auch in diesem Punkte Verteidigungsrechte der Angeklagten nicht zu beeinträchtigen. Nicht stichhältig ist aber auch der im Rahmen der Mängelrüge (Z 5) - sachlich auch Z 3 iVm § 260 Abs 1 Z 1 StPO - erhobene Vorwurf, weder im Urteilsspruch noch in den Entscheidungsgründen sei eine genaue Trennung und "Spezifikation" zwischen dem Diebsgut und jenen Waren erfolgt, die von Josef K*** der Angeklagten geschenkt und im Wege der Verrechnung über sein Gesellschafterkonto bezahlt wurden.
Zunächst ist der Urteilsbegründung unzweideutig zu entnehmen, daß der Angeklagten von den sichergestellten, im Verzeichnis vom 9. November 1987 (S 221 ff) einzeln angeführten und zugeordneten Kleidungsstücken im Gesamtwert von 293.132 S (S 229) nur jene als gestohlen zugerechnet wurden, die sie nicht ausdrücklich als von Josef K*** erhaltene Geschenke (im Wert von 89.186 S - S 223) bezeichnet hat. Diesen verbleibenden Waren im Wert von (gerundet) 200.000 S zählte das Schöffengericht jene Bekleidungsstücke hinzu, die Renate S*** ihren auch in diesem Punkt für glaubwürdig erachteten Angaben zufolge (S 53, 55, 97 n, 320) im Auftrag der Angeklagten um die Hälfte des zumindest 40.000 S betragenden Kaufpreises, demnach um den Betrag von 20.000 S, an einen Italiener in Udine verkauft hat. Von diesen Waren im Gesamtwert von 240.000 S hat das Erstgericht der Angeklagten nur die Hälfte als Diebsgut zugerechnet, weil es die Meinung vertrat, daß nur die von der Angeklagten mit Renate S*** gemeinsam vorgenommenen Sachwegnahmen unter Anklage gestellt wurden, weshalb die von S*** - abermals deren Angaben zufolge - darüber hinaus in zwei weiteren Fällen von der Angeklagten zum Weiterverkauf übernommenen Bekleidungsgegenstände nicht zu berücksichtigen seien. Zwar wäre nach Lage des Falles eine detaillierte Anführung der von der Beschwerdeführerin gestohlenen Sachen (über die auch die - unter anderem der Konkretisierung der Tat
dienenden - Urteilsgründe keinen Aufschluß geben) gemäß § 260 Abs 1 Z 1 StPO unter den Gesichtspunkt einer Individualisierung der Tat in bezug auf den Gegenstand der deliktischen Handlung geboten gewesen. Diese Formverletzung (§ 281 Abs 1 Z 3 StPO) vermochte jedoch, wie unzweifelhaft erkennbar ist, auf die Entscheidung keinen der Beschwerdeführerin nachteiligen Einfluß zu üben (§ 281 Abs 3 StPO). Denn die Angabe der Tatzeit (Dezember 1986 bis Anfang September 1987), des Firmennamens des geschädigten Unternehmens sowie der Gesamtschadenssumme enthält immerhin eine so weitgehende individualisierende Beschreibung der relevanten Ereignisse, daß durch den Schuldspruch sämtliche während dieses Zeitraums begangenen Diebstähle der bezüglichen Waren zum Nachteil der Firma R***-KG als erfaßt gelten können und müssen und demzufolge eine Doppelverurteilung ausgeschlossen ist. Der Nichtigkeitsgrund der Z 3 des § 281 Abs 1 StPO kann daher im Sinn des letzten Absatzes dieser Gesetzesstelle zum Vorteil der Beschwerdeführerin nicht geltend gemacht werden. Hinzu kommt, daß sich selbst bei Heranziehung des mit 598 S am niedrigsten bewerteten Bekleidungsgegenstandes (S 225) und der sich aus dem Verzeichnis ergebenden Stückzahl 80 (ohne Berücksichtigung der der Angeklagten ihren Angaben zufolge geschenkweise zugekommenen 33 Stück Bekleidungsgegenstände - S 223) im Zusammenhalt mit den in Udine verkauften Waren (im Wert von 40.000 S) ein Gesamtwert ergibt, welcher die hier aktuelle Wertqualifikation nach § 128 Abs 1 Z 4 StGB (nF) rund um das Dreieinhalbfache übersteigt (S 221 ff).
Auch eine sorgfältige Prüfung der Tatsachenrüge der Beschwerdeführerin (Z 5 a) vermochte keine aus den Akten resultierenden erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen zu erwecken.
Mit ihren als Rechtsrüge (Z 9 lit a) deklarierten Einwendungen greift die Angeklagte ausdrücklich auf ihr Vorbringen zu den bereits erörterten formellen Nichtigkeitsgründen zurück. Dabei, wie auch bei dem Einwand, die verfahrensgegenständlichen Kleidungsstücke seien ihr von Josef K*** geschenkt und von diesem ordnungsgemäß als Privatentnahme abgerechnet worden, sodaß der Strafaufhebungsgrund tätiger Reue selbst bei einem seinerzeit unkorrekten Entnahmevorgang zum Tragen komme (sachlich Z 9 lit b), setzt sich die Rüge - ausgehend von der vom Schöffengericht abgelehnten (leugnenden) Verantwortung der Angeklagten - in Widerspruch zu den gegenteiligen Urteilsfeststellungen (samt den hiefür die Grundlage bildenden Beweisergebnissen) und ist daher mangels Festhaltens an den Sachverhaltsfeststellungen nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt. Soweit die Beschwerde in diesem Zusammenhang auf die (in Maschinschrift verfaßte undatierte) "beiliegende Erklärung des Josef K***" (S 387), Bezug nimmt, muß diese zufolge des im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde geltenden Neuerungsverbotes unbeachtet bleiben (Mayerhofer-Rieder aaO ENr 19 zu § 281). Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils gemäß § 285 d Abs 1 Z 2 StPO, teils gemäß der Z 1 dieser Gesetzesstelle in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.
Die übrigen Entscheidungen gründen sich auf die bezogenen Gesetzesstellen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)