OGH 14Os18/03

OGH14Os18/031.4.2003

Der Oberste Gerichtshof hat am 1. April 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Dr. Ratz, Dr. Philipp und Dr. Schroll als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Zucker als Schriftführer, in der Strafsache gegen Dr. Lubomir T***** wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall, Abs 3 erster Fall und Abs 4 Z 3 SMG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 31. Oktober 2002, GZ 35 Hv 149/02k-102, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Dr. Lubomir T***** des Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall, Abs 3 erster Fall und Abs 4 Z 3 SMG schuldig erkannt.

Danach hat er zu nicht mehr exakt feststellbaren Zeitpunkten zwischen ca Mitte September 2000 und Juni 2002 im Großraum Längenfeld und Sölden den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge (§ 28 Abs 6 SMG), nämlich 5200 Stück "Alodan"-Ampullen (Wirkstoff: Petludin) 0,1 g, 1055 Stück "Fentanyl" Jans-Ampullen 0,1 und 0,5 mg, 175 Stück "Dipidolor"-Ampullen, 10 Stück "Heptadon"-Ampullen und eine Packung (30 Stück) "Mundidol"-Tabletten 100 mg, durch "größtenteils gewerbsmäßigen" (US 2) Verkauf an die abgesondert verfolgten Dr. Gerhard L***** und Klaus H***** in Verkehr gesetzt, wobei er die Taten mit Beziehung auf ein Suchtgift beging, dessen Menge zumindest das 25-fache der Grenzmenge ausmachte.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 10 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl.

Der Mängelrüge (Z 5) zuwider setzten sich die Erkenntnisrichter sehr wohl beweiswürdigend in einer am gesetzlichen Gebot zu bloß gedrängter Darstellung der Urteilsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) orientierten, demzufolge einer detaillierten Erörterung des vollständigen Inhalts der Verantwortung des Angeklagten nicht erforderlichen, aber den Denkgesetzen und der Lebenserfahrung entsprechenden Weise mit der Einlassung des Beschwerdeführers auseinander.

Welche "wichtigen und wesentlichen Fragen" die Feststellung, wonach der Angeklagte beim Inverkehrsetzen der Übermenge eines Suchtgiftes "großteils" - (gemeint) in Hinsicht auf jeweils große Mengen - gewerbsmäßig gehandelt habe, offen lässt, sagt die Beschwerde (der Sache nach Z 10) nicht. Allerdings bilden in Verkehr gesetzte große Suchtgiftmengen gemäß § 28 Abs 4 Z 3 SMG eine Subsumtionseinheit sui generis nach Art des § 29 StGB, sodass es der Einschränkung nicht bedurft hätte (13 Os 156/02; vgl JBl 2000, 262 mit Anmerkung von Schmoller).

Die in freier Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) aus dem Umstand, "dass der Angeklagte über einen Zeitraum von nahezu 2 Jahren mehr als 5.000 'Alodan'-Ampullen in Verkehr gebracht hat", getroffene Feststellung, wonach der "Vorsatz des Angeklagten bei Setzung der die Grenzmenge erreichenden Teilakte (hinsichtlich 'Alodan')" darauf gerichtet war, "die Tat durch weitere Teilakte, die jeweils zur Summierung des Suchtgiftes zu großen Mengen bzw zur übergroßen Menge führen sollen, zu wiederholen" (US 10), widerspricht ebenfalls nicht den Denkgesetzen oder der Lebenserfahrung und stellt auch keine bloße Scheinbegründung dar. Dass allenfalls auch eine andere Wertung denkmöglich wäre, ist einer Geltendmachung als Begründungsmangel nach der Z 5 entzogen.

Dass sich Urteilsfeststellungen und tatrichterliche Schlussfolgerungen nach Auffassung des Beschwerdeführers "nicht mit den Beweisergebnissen, insbesondere seiner eigenen Verantwortung und auch den Erhebungen, die erst nachträglich nach Durchführung der Hausdurchsuchung durchgeführt worden sind" decken (S 369/IV), kann den Nichtigkeitsgrund nach Z 5 dritter Fall ebenso nicht erfüllen. Dieser liegt dann nicht vor, wenn neben folgerichtig gezogenen Schlüssen der Tatrichter auch noch andere Schlussfolgerungen oder Auslegungen möglich sind (vgl Foregger/Fabrizy StPO8 § 281 Rz 45 mwN; Ratz in WK-StPO § 281 Rz 439).

Nach Überprüfung des erneut die Feststellungen zur subjektiven Tatseite, insbesondere in Bezug auf das Inverkehrsetzen einer "Übermenge" nach § 28 Abs 4 Z 3 SMG, bekämpfenden Beschwerdevorbringens zur Tatsachenrüge (Z 5a) anhand der Aktenlage ergeben sich für den Obersten Gerichtshof keine erheblichen Bedenken gegen die den Schuldspruch tragenden Konstatierungen. Auch die Einwände des Angeklagten, er habe seinerzeit keinen Überblick über die Suchtgiftmengen gehabt, die Erhebungsbeamten der Gendarmerie hätten erst mühsam erheben müssen, "von welchen Bezugsquellen insgesamt diese dem Schuldspruch zugrunde liegenden Mengen errechnet werden konnten" (S 368/IV), führen auch aus Sicht dieses unter die formellen Anfechtungspunkte eingereihten Nichtigkeitsgrundes, der keine Bekämpfung der schöffengerichtlichen Beweiswürdigung nach Art einer Schuldberufung gestattet, nicht zum Erfolg.

Der Subsumtionsrüge (Z 10) zuwider haben die Erkenntnisrichter den Vorsatz des Angeklagten bezüglich des Inverkehrsetzens einer "Übermenge" iSd § 28 Abs 4 Z 3 SMG unmissverständlich festgestellt (US 9). Soweit der Beschwerdeführer diese Konstatierungen übergeht und überdies die festgestellte Absicht, sich durch das wiederkehrende Inverkehrsetzen einer jeweils großen Menge eine fortlaufende Einnahmequelle zu verschaffen, in Zweifel zu setzen sucht, verfehlt er die prozessordnungsgemäße Ausführung des geltend gemachten materiellen Nichtigkeitsgrundes.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Innsbruck zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung ist in § 390a StPO begründet.

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