OGH 14Os171/11w

OGH14Os171/11w24.1.2012

Der Oberste Gerichtshof hat am 24. Jänner 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Marek sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart der Richteramtsanwärterin MMag. Linzner als Schriftführerin im Verfahren zur Unterbringung des Franz O***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 14. September 2011, GZ 075 Hv 66/11s-38, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde gemäß § 21 Abs 1 StGB die Unterbringung des Franz O***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher angeordnet.

Danach hat er am 14. September 2010 in W***** unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustands (§ 11 StGB), der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht, nämlich einer Persönlichkeitsstörung mit paranoiden und emotional instabilen Anteilen, Beamte durch gefährliche Drohung (zu ergänzen: mit dem Tod - vgl US 5 f, 7, 12) an einer Amtshandlung, nämlich an der „Verhinderung der angedrohten Selbst- bzw. Fremdschädigung“ zu hindern versucht, nämlich die Justizwachebediensteten Gernot W*****, Friedrich B*****, Roman T*****, Andreas S***** und Markus L***** durch die Äußerung, er werde sie verletzen, wenn sie den Haftraum betreten würden, wobei er mit der Hand auf das vor ihm liegende Messer zeigte, dieses ergriff und der Aufforderung, das Messer beiseite zu legen, nicht nachkam, und dadurch das Verbrechen des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 zweiter Fall StGB begangen.

Die dagegen aus Z 4 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen verfehlt ihr Ziel.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) erfolgte die Abweisung mehrerer Beweisanträge (ON 37 S 35) ohne Beschränkung von Verteidigungsrechten.

Mit der Kritik an der unterbliebenen Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens zum Beweis der Zurechnungsfähigkeit des Betroffenen wird die Nichtigkeitsbeschwerde unzulässig zu dessen Nachteil ausgeführt (RIS-Justiz RS0124358, RS0126727; vgl Ratz in WK2 Vor §§ 21 bis 25 Rz 15). Im Übrigen hat der Beschwerdeführer ein durch § 281 Abs 1 Z 4 StPO garantiertes Überprüfungsrecht in Betreff eines Sachverständigengutachtens nur dann, wenn er in der Lage ist, einen der in § 127 Abs 3 erster Satz StPO angeführten Mängel von Befund oder Gutachten aufzuzeigen und das dort beschriebene Verbesserungsverfahren erfolglos geblieben ist. Solche Defizite wurden nicht einmal behauptet, sondern bloß eine weitere Gutachtenserstellung in der Erwartung eines für den Antragsteller günstigeren Ergebnisses begehrt, womit aber der Antrag auf unstatthafte Erkundungsbeweisführung abzielte (zuletzt EvBl 2011/158, 1093; RIS-Justiz RS0117263, RS0102833; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 331, 347, 351).

Das Begehren auf Vernehmung des Zeugen Lu***** zum Beweis dafür, „dass das mit dem Urin getränkte Obst tatsächlich vorgefallen ist“, erfolgte ohne Bekanntgabe eines für die Klärung entscheidender Tatsachen erheblichen Beweisthemas.

Der weiteren (inhaltlich auf Z 4 iVm Z 11 erster Fall gestützten) Beschwerde zuwider unterblieb auch die Vernehmung der Anstaltspsychiaterin Dr. Bu***** zu Recht, weil der Antragsteller offen ließ, aufgrund welcher sinnlicher Wahrnehmungen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 352) diese Zeugin Angaben zur fehlenden Persönlichkeitsstörung des Betroffenen tätigen hätte können. Im Übrigen ist die Beschwerde auch insoweit nicht zum Vorteil des Betroffenen ausgeführt (vgl dazu oben). Die ergänzende Argumentation zur Relevanz der Beweisthemen im Rahmen der Nichtigkeitsbeschwerde unterliegt dem Neuerungsverbot und ist daher unbeachtlich (RIS-Justiz RS0099117, RS0099618; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 325).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) übergeht mit ihrem Vorbringen zu angeblich mangelnden Konstatierungen zur subjektiven Tatseite prozessordnungswidrig die genau dazu getroffenen Feststellungen (US 7, 13) und entzieht sich schon deshalb sachbezogener Erwiderung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die bislang unausgeführt gebliebene Berufung (§ 285i StPO).

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