Spruch:
Durch das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 25.April 1996, AZ 23 Bs 370/95, soweit darin der Rechtsstandpunkt vertreten wird, daß die Bestimmung zur verbotenen Intervention nicht strafbar sei, ist das Gesetz in §§ 12 zweiter Fall, 308 Abs 1 StGB verletzt worden.
Text
Gründe:
Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 7.August 1995, GZ 11 a E Vr 4.061/95-11, wurde Peter M***** des Vergehens der versuchten "Anstiftung" zur verbotenen Intervention nach §§ 15, 12 zweiter Fall, 308 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er am 16. Feber 1994 in Wien vergeblich versucht, Dr.Friedrich K***** dazu zu bestimmen, wissentlich unmittelbar oder mittelbar darauf Einfluß zu nehmen, daß ein Beamter oder ein Mitglied eines allgemeinen Vertretungskörpers im Vergabeverfahren zur Beschaffung von Tieffliegererfassungs- und Zielzuweisungsradargeräten für das Österreichische Bundesheer eine in seinen Aufgabenbereich fallende Dienstverrichtung oder Rechtshandlung parteilich vornehme, und sich für diese Einflußnahme für die SPÖ einen Vermögensvorteil im Ausmaß von 1,5 bis 2 % der Auftragssumme versprechen zu lassen.
Mit Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 25.April 1996, AZ 23 Bs 370/95 (= ON 17), wurde dieser Schuldspruch in Stattgebung der Nichtigkeitsberufung des Angeklagten aufgehoben und ein Freispruch gemäß § 259 Z 3 StPO gefällt. Zur Begründung führt das Oberlandesgericht Wien (ua) aus, daß sich die Straflosigkeit des dem Angeklagten angelasteten Tatverhaltens schon aus der systematischen und historischen Interpretation des § 308 StGB ergebe. Während nämlich in Ansehung der übrigen Korruptionsdelikte den Tatbeständen gegen die passive Bestechlichkeit (§§ 304 bis 306 a StGB) jeweils eine korrespondierende Strafnorm für die aktive Bestechung (§ 307 StGB) gegenüberstehe, habe es der Gesetzgeber bewußt unterlassen, eine spezielle Norm auch für den die verpönte Einflußnahme initiierenden Auftraggeber zu schaffen. Daraus folge, daß die Bestimmung zur verbotenen Intervention nicht strafbar sei (idS Bertel in WK § 308 Rz 7; s. auch Leukauf/Steininger Komm3 § 308 RN 12).
Rechtliche Beurteilung
Dieser Rechtsauffassung vermag sich der Oberste Gerichtshof - in Übereinstimmung mit den Beschwerdeausführungen des Generalprokurators - nicht anzuschließen.
Schon die den historischen Erwägungen des Oberlandesgerichtes Wien vorangestellte Prämisse, daß "ein eigenes Delikt der aktiven Beamtenbestechung erst mit dem Strafgesetzbuch 1975 im Wege des § 307 geschaffen wurde" (US 8), trifft nicht zu. Bereits das Strafgesetz 1945 bedrohte - als korrespondierendes Gegenstück zum Tatbestand der "Geschenkannahme in Amtssachen" (später "Geschenkannahme durch Beamte"), der auf die passive Bestechlichkeit abzielte - mit den Tatbeständen der "Verleitung zum Mißbrauch der Amtsgewalt" (später "Verleitung von Beamten zu Pflichtwidrigkeiten") ein Verhalten mit Strafe, das im wesentlichen der nunmehrigen Strafnorm des § 307 Abs 1 StGB entsprochen hat (s §§ 104, 105, 311 StG, zuletzt in der Fassung des StRÄG 1971).
Durch das Antikorruptionsgesetz 1964 wurde der Anwendungsbereich der aktiven und passiven Bestechung auch auf Personen ausgedehnt, die, ohne Beamte im strafrechtlichen Sinn zu sein, wichtige Funktionen im Rahmen der öffentlichen Wirtschaftsverwaltung ausüben. Gleichzeitig wurde im Interesse einer wirkungsvollen Bekämpfung der Korruption im Art IV dieses Gesetzes als Ergänzung zu den Bestechungsdelikten die Sondernorm "Verbotene Intervention" geschaffen. Die Eigenständigkeit dieses (neuen) Tatbestandes geht aus den Erläuterungen der Regierungsvorlage hervor, wo davon die Rede ist, daß die (zu bekämpfende) Korruption "nicht nur in Form der Bestechung von Beamten etc begangen, sondern auch durch bestimmte Formen einer Einflußnahme auf diese Personen gefördert wird" (384 BlgNR 10.GP 5). Diese Motivation des Gesetzgebers schließt aus, daß er gerade die Initiatoren der verpönten Einflußnahme straffrei stellen wollte.
Der Tatbestand der verbotenen Intervention gemäß Art IV des Antikorruptionsgesetzes 1964 fand im wesentlichen unverändert Eingang in das StGB 1975 (§ 308) und blieb im hier relevanten Kernbereich auch durch die Novellen BGBl 1982/205 und 1987/605 unberührt. Die übrigen Korruptionsdelikte (aktive und passive Bestechung) wurden auf der Grundlage des durch das Antikorruptionsgesetz 1964 und das Strafrechtsänderungsgesetz 1971 geschaffenen Rechtsbestandes in den Bestimmungen der §§ 304 bis 307 StGB vertatbildlicht. Der Argumentation des Oberlandesgerichtes, der Gesetzgeber habe mit dem Strafgesetzbuch 1975 die Strafbarkeit "bewußt" nur auf die Beteiligung an der "Beamtenbestechung", nicht aber auch an der verbotenen Intervention "erstreckt" (US 8), fehlt daher ein ausreichendes sachliches Substrat. Vor allem aber wird dabei die grundlegende Bedeutung des § 12 StGB als authentische Interpretation des strafrechtlichen Täterbegriffes übersehen, zu dessen Einschränkung im konkreten Fall des § 308 StGB es einer ausdrücklichen Regelung bedurft hätte.
Dem Oberlandesgericht kann auch bei seiner exklusiven Zuordnung des Tatbestandes nach § 308 StGB zum Bereich der "passiven Bestechung" (US 8), die es seiner systematischen Argumentation zugrunde legt, nicht gefolgt werden. Ausführungshandlung dieses zweiaktigen Deliktes ist nämlich nicht nur das Fordern, Annehmen oder Sich-Versprechen-Lassen eines Vermögensvorteils (als Gegenleistung für die Einflußnahme), das heißt ein der passiven Bestechung vergleichbares Verhalten, sondern darüber hinaus auch die tatsächliche Einflußnahme auf den Entscheidungsträger zwecks Veranlassung der parteilichen Vornahme oder Unterlassung einer Dienstverrichtung oder Rechtshandlung, also ein Element der aktiven Bestechung. Unter diesem Gesichtspunkt gehen die aus einer (gerade eben nicht bestehenden) wesensmäßigen Vergleichbarkeit der verbotenen Intervention mit den Bestechungsdelikten abgeleiteten Schlußfolgerungen des Berufungsgerichtes fehl.
Der Grund für die Aufspaltung der Bestechungstatbestände in einen passiven (§§ 304 bis 306 s StGB) und einen aktiven (§ 307 StGB) Strafbarkeitsbereich liegt materiell allein in der höheren Strafwürdigkeit der jeweils in einem besonderen Verpflichtungsverhältnis stehenden Geschenknehmer und formell im Bedürfnis legistischer Übersichtlichkeit. Ein derartiger Differenzierungsbedarf besteht hingegen nicht zwischen dem Auftraggeber einer verbotenen Intervention und dem Intervenienten, für die keine besondere Subjektqualität erforderlich ist, aus der ein grundsätzlicher Unterschied im Unrechtsgehalt ihres Verhaltens abzuleiten wäre.
Aus dem Fehlen einer speziellen Norm über die Strafbarkeit der Bestimmung zur verbotenen Intervention durch Anbieten, Versprechen oder Gewähren von Vermögensvorteilen kann daher die Straflosigkeit einer solchen Bestimmung nicht abgeleitet werden, es kommt vielmehr die allgemeine Regelung des § 12 zweiter Fall StGB zum Tragen (vgl Zagler in Triffterer StGB-Komm § 308 Rz 22).
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