OGH 14Os167/96 (14Os168/96)

OGH14Os167/96 (14Os168/96)18.2.1997

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Februar 1997 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Mayrhofer, Dr.E.Adamovic, Dr.Holzweber und Dr.Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Hofbauer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Alexander W***** wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 erster Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Schöffengericht vom 4.Juli 1996, GZ 13 Vr 322/96-19, ferner über eine Beschwerde gemäß § 494a Abs 4 StPO des Angeklagten, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Fabrizy und des Verteidigers Mag.Martin, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

I. Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

II. Aus deren Anlaß werden jedoch

1. das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch, daß durch den zu Punkt A des Urteilssatzes beschriebenen betrügerischen Angriff ein Schaden von zumindest 281.166,80 S eingetreten sei, ferner in der rechtlichen Beurteilung des dem Angeklagten insgesamt (Punkte A bis E) zur Last liegenden Verbrechens des schweren und gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 erster Fall StGB als zur Gänze vollendet und demgemäß auch im Strafausspruch, weiters im Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche, insoweit damit der Post- und Telegraphendirektion für Steiermark ein 87.410,63 S übersteigender Betrag zugesprochen wurde, sowie

2. der Widerrufsbeschluß

aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird - unter Neufassung des Schuldspruchs laut Punkt A mit Berücksichtigung dessen unberührt gebliebener Teile - in der Sache selbst erkannt:

Alexander W***** hat in der Zeit zwischen August 1995 und dem 4.März 1996 in Knittelfeld und Graz in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Betrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Bedienstete der Post- und Telegraphendirektion für Steiermark durch Täuschung über Tatsachen zum Teil unter Benützung falscher Urkunden zu Handlungen verleitet oder zu verleiten versucht, welche die Post- und Telegraphendirektion für Steiermark am Vermögen schädigten oder schädigen sollten, nämlich durch die schriftliche Anmeldung von drei Mobiltelefonen unter zwei verschiedenen Vereinsnamen sowie eines weiteren Mobiltelefons unter Verwendung des falschen Namens "Manfred Hofstätter" und durch die dadurch vorgetäuschte Bereitschaft, anfallende Telefongebühren zu begleichen, wobei er zuvor für den von ihm kontrollierten Verein "F*****" um eine am 22.Dezember 1995 in Betrieb genommene sogenannte Mehrwerttelefonnummer eingekommen war, um das gebührenpflichtige Anwählen dieses Mehrwertanschlusses vermittels jener Geräte zu ermöglichen, wodurch die Post- und Telegraphendirektion für Steiermark

1. geschädigt wurde, nämlich

a) durch Nichtbezahlen der entstandenen Fernsprechgebühren im Betrag von 61.557,03 S und

b) durch Auszahlung einer Vergütung an den Verein "F*****" im Betrag von 96.853,60 S; und

2. geschädigt werden sollte, nämlich durch die Auszahlung eines weiteren Vergütungsbetrages von 122.756,17 S.

Alexander W***** hat hiedurch sowie durch die unberührt gebliebenen Teile des Schuldspruchs (laut den Punkten B bis E) das Verbrechen des teils vollendeten, teils versuchten schweren gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 3, 148 erster Fall und 15 StGB begangen und wird hiefür nach § 147 Abs 3 StGB zu 20 (zwanzig) Monaten Freiheitsstrafe verurteilt.

III. Die bedingte Nachsicht der mit dem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 25.April 1995, GZ 9 Vr 745/95-22, verhängten Freiheitsstrafe von einem Jahr wird widerrufen.

IV. Mit seiner Berufung und seiner Beschwerde wird der Angeklagte auf die Strafneubemessung und die Widerrufsentscheidung verwiesen.

V. Die Privatbeteiligte Post- und Telegraphendirektion für Steiermark wird mit ihrem Mehrbegehren von 76.275,97 S auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

VI. Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Verfahrens über seine Rechtsmittel zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Alexander W***** des Verbrechens des (vollendeten) schweren und gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 3, 148 erster Fall StGB schuldig erkannt (Punkte A bis E des Urteilssatzes) und zu zwei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Gemäß § 53 Abs 1 StGB (§ 494 a Abs 1 Z 4 StPO) wurde die bedingte Nachsicht einer Freiheitsstrafe von einem Jahr widerrufen.

Nach dem Inhalt des allein angefochtenen Schuldspruches laut Punkt A des Urteilssatzes hat er im Zeitraum von August 1995 bis Jänner 1996 in Knittelfeld und Graz gewerbsmäßig mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Berechtigte der Post- und Telegraphendirektion für Steiermark durch zum Teil unter Verwendung einer falschen Urkunde bewirkte Täuschung über Tatsachen zu vermögensschädigenden Handlungen verleitet, und zwar durch die mehrfache An- und Ummeldung von insgesamt fünf Mobiltelefonen unter der Vorgabe, zahlungsfähiger und zahlungswilliger Gebührenzahler zu sein, wobei er die An- und Ummeldeformulare zum Teil mit Aliasnamen unterzeichnete, zu Telekommunikationsleistungen in einer Gebührenhöhe von zumindest 281.166,80 S.

Rechtliche Beurteilung

Nur die Unterstellung der Tat unter die Qualifikation des § 147 Abs 3 StGB bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 Z 10 StPO gegründeten Nichtigkeitsbeschwerde. Den Strafausspruch ficht er mit Berufung an. Zugleich beschwert er sich gegen den Widerruf der bedingten Strafnachsicht (§ 498 Abs 3 StPO).

Der Einwand gegen die Schadensberechnung, dem Gebührenanspruch der Post- und Telegraphendirektion für Steiermark in der Höhe von 281.166,80 S (A) stehe ein Guthaben des Angeklagten in der Höhe von 219.609,77 S als (faktischer) Inhaber des dem Verein "F*****" zugewiesenen Mehrwertanschlusses gegenüber, womit der Schaden aus der Differenz dieser beiden Beträge resultiere und mit nur 61.557,03 S anzusetzen sei, was die Gesamtschadenssumme unter die Qualifikationsgrenze absenke, versagt.

Das Erstgericht hat hiezu (zusammengefaßt) folgende Feststellungen getroffen:

Der Angeklagte beantragte für den von ihm selbst am 19.September 1995 gegründeten und beherrschten Verein "F*****" mit dem Sitz in Graz bei der Post- und Telegraphendirektion für Steiermark eine am 22.Dezember 1995 in Betrieb genommene sogenannte Mehrwerttelefonnummer. Werden derartige Mehrwertanschlüsse, welche Anbietern von telefonischen Leistungen zur Verfügung stehen, angewählt, so entstehen für den Anrufer erhöhte Telefongebühren. Ein Teil davon in der Höhe des 10fachen Ortstarifs (6,67 S/min) wird von der Post- und Telegraphenverwaltung dem Inhaber des Mehrwertanschlusses (als solcherart von den Anrufern einkassiertes Entgelt für die erbrachten Leistungen) "rückerstattet" (gemeint: ausgezahlt).

Zwischen dem 27.August 1995 und dem 6.Jänner 1996 meldete der Angeklagte unter zwei verschiedenen Vereinsnamen insgesamt drei Mobiltelefone an, die er ausschließlich dazu verwendete, jene (unter dem Vereinsnamen "F*****") verdeckt ihm selbst zugewiesene Mehrwerttelefonnummer anzuwählen, wodurch Gesprächsgebühren in der Höhe von 246.589,20 S im Verrechnungszeitraum vom 3.November 1995 bis zum 22.Jänner 1996 fällig wurden. Vermittels eines am 22.Dezember 1995 unter dem Falschnamen "Manfred Hofstätter" angemeldeten weiteren Mobiltelefons verfuhr er ebenso. Der daraus resultierende Gebührenanspruch für den Zeitraum vom 22.Dezember 1995 bis zum 4.März 1996 beträgt 34.577,60 S.

Dem vom Angeklagten beherrschten Verein "F*****" hinwieder erwuchs damit ein (rechnerisches) Guthaben von 219.609,77 S gegenüber der Post- und Telegraphenverwaltung, von welchem Betrag 96.853,60 S an den in den Tatplan nicht eingeweihten, bloß als Strohmann fungierenden Vereinsobmann Andreas K***** tatsächlich ausbezahlt wurden.

Dem Vorhaben des Angeklagten entsprechend blieben die bei den angemeldeten Teilnehmern der vier Mobiltelefone für das Anwählen jener Mehrwerttelefonnummer angefallenen Gebühren in der Höhe von insgesamt 281.166,80 S unbeglichen.

Obzwar also - und nur insoweit ist der Beschwerde Recht zu geben - der Post- und Telegraphendirektion für Steiermark zugleich mit dem Anspruch auf Telefongebühren in der Höhe von 281.166,80 S gegenüber den Teilnehmern der erwähnten vier Mobiltelefonanschlüsse die Verpflichtung erwachsen wäre, einen Betrag von 219.609,77 S an den "V*****", den Inhaber des Mehrwerttelefonanschlusses, abzuführen, vermag dies noch nicht zu der vom Beschwerdeführer angestrebten qualifikationsrelevanten Schadensreduktion zu führen.

War nämlich der Angeklagte einerseits zur Zahlung von Telefongebühren in der Höhe von 281.166,80 S verpflichtet und andererseits gegenüber der Post- und Telegraphenverwaltung (verdeckt) unter dem Vereinsnamen "F*****" hinsichtlich eines Anteils an diesen Gebühren in der Höhe von 219.609,77 S anspruchsberechtigt, so wäre diese bei Auszahlung des zuletzt bezifferten Betrages nicht nur in Höhe des ihr zustehenden Teiles der Telefongebühren von 61.557,03 S, sondern (mangels Gegenleistung) auch in der Höhe des an den Angeklagten (im Wege über den Verein "F*****") gezahlten Vergütungsbetrages von 219.609,77 S, insgesamt demnach eben um 281.166,80 S geschädigt worden; ein Schaden, der dem Tatplan des Angeklagten entsprach.

Weil indes tatsächlich nur ein Teil jenes Vergütungsbetrages in der Höhe von 96.853,60 S an den Strohmann des Angeklagten ausgezahlt wurde, der Angeklagte hinwieder alle Voraussetzungen für die weitere Deliktsvollendung bereits geschaffen hatte, fällt ihm mit Bezug auf den noch nicht zur Auszahlung gelangten restlichen Vergütungsbetrag von 122.756,17 S nur (mißlungener) Versuch zur Last.

Dem Ersturteil, welches dem Angeklagten die Tat (nur) als vollendetes, statt als teils vollendetes, teils versuchtes Verbrechen zugerechnet hat, haftet solcherart ein - vom Beschwerdeführer in dieser Richtung nicht geltend gemachter - Subsumtionsirrtum (Z 10) an, der von Amts wegen wahrzunehmen und spruchgemäß zu korrigieren war (§ 290 Abs 1 StPO), wobei auch das Adhäsionserkenntnis dementsprechend, aber auch mit Rücksicht auf die vom Zeugen Andreas K***** behauptete (S 451) Teilrückzahlung von 71.000 S abzuändern war.

Bei der damit erforderlich gewordenen Neubemessung der Strafe waren die einschlägige Vorstrafe, der rasche Rückfall, die Wiederholung der betrügerischen Angriffe und die mehrfache Qualifikation des Verbrechens als erschwerend; als mildernd demgegenüber das umfassende Geständnis, die teilweise Schadensgutmachung und die Tatsache in Rechnung zu stellen, daß der Betrug zum Teil beim Versuch geblieben ist.

Reifliche Überlegung, sorgfältige Vorbereitung und rücksichtslose Ausführung der verschiedenartigen Betrügereien lassen beim Angeklagten eine dem rechtlich geschützten Wert fremden Vermögens zumindest gleichgültige Einstellung erkennen, die eine nicht unerheblich über der Untergrenze des Strafrahmens gelegene Sanktion herausfordert, deren (auch nur teilweise) bedingte Nachsicht schon der sehr rasche und durch einen erheblichen Zeitraum fortgesetzte einschlägige Rückfall verbietet.

Dazu kommt die Notwendigkeit des Widerrufs der bedingten Nachsicht der wegen einer Vielzahl unterschiedlicher Betrugshandlungen vom Landesgericht für Strafsachen Graz als Schöffengericht am 25.April 1995 (GZ 9 Vr 745/95-22) verhängten Freiheitsstrafe von einem Jahr, um der nachdrücklich manifestierten Neigung des Angeklagten zur Vermögensdelinquenz wirksam zu begegnen (§ 53 Abs 1 StGB).

Dessen Verpflichtung zum Ersatz der Kosten des Verfahrens über seine Rechtmittel ist in § 390 a StPO begründet.

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