Spruch:
Mohamed El A***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Text
Gründe:
Der libysche Staatsangehörige Mohamed El A***** wird seit 6.März 1996 - unterbrochen durch eine vom 18.April bis 12.August 1996 währende Auslieferungshaft - (nunmehr) wegen des Verdachtes des Verbrechens der versuchten Untreue nach §§ 15, 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB in Untersuchungshaft angehalten.
Ihm wird zur Last gelegt, einen (kollektiv-)zeichnungsberechtigten Angestellten der J***** Bank in Tripolis, nämlich den ebenfalls verfolgten Mhaddeb J*****, dazu bestimmt zu haben, unter wissentlichem Befugnismißbrauch (zumindest) zwölf von El A***** für die vermögenslose Fa T***** C***** A*****, Tripolis, ausgestellte Eigenwechsel (Promissory Notes) über 600 Millionen US-Dollar namens der Bank zu unterfertigen, wodurch diese zur Bezahlung der Wechselsumme bei Vorlage zum Fälligkeitstermin (31. Dezember 1999) verpflichtet worden sei.
Mit Beschluß vom 16. September 1996 ordnete der Untersuchungsrichter (bisher letztmalig) die Fortsetzung der Untersuchungshaft aus den Haftgründen der Flucht- und Tatbegehungsgefahr nach §§ 180 Abs 1 und Abs 2 Z 1 und 3 lit a StPO bis längstens 16. November 1996 an (ON 86).
Der gegen diesen Beschluß vom Beschuldigten erhobenen Beschwerde gab das Oberlandesgericht Wien mit der angefochtenen Entscheidung nicht Folge und verfügte die Fortsetzung der Untersuchungshaft bis längstens 4. Dezember 1996.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen eingebrachte Grundrechtsbeschwerde des Beschuldigten, in der er das Vorliegen eines dringenden Tatverdachtes bestreitet und die inländische Gerichtsbarkeit in Zweifel zieht, ist nicht berechtigt.
Der für die Verhängung der Untersuchungshaft geforderte dringende Tatverdacht wegen des durch Bestimmung begangenen Verbrechens der versuchten Untreue findet in den belastenden Angaben des Mhaddeb J***** (insb S 341 ff/I, 437 ff/I) in Verbindung mit den im Akt einliegenden Unterschriftsproben der für die J***** Bank Zeichnungsberechtigten (S 25-29/II) eine hinreichende Grundlage. Zum einen ergibt sich daraus, daß für alle diese Bank verpflichtenden Geschäfte ("transactions obligating the bank") entweder die Unterschrift des "Chairman & General Manager" oder zwei Unterschriften sonstiger Zeichnungsberechtigter erforderlich sind, deren einer der "A"Kategorie zugehören muß, zum anderen aber, daß diese letztgenannte Bedingung auf J***** zutraf (S 29/II), während die notwendige Zweitunterschrift von dem dazu nach dem Inhalt der Unterschriftenprobe gleichfalls berechtigten Abdurrazak S***** (S 27/II: "Category B") beigesetzt worden ist.
Damit konnten die Untergerichte aber davon ausgehen, daß die durch die Unterfertigung der von El A***** ausgestellten Eigenwechsel durch J***** und S***** bewirkte (einer Bürgschaft nahekommende) Verpflichtung der J***** Bank, diese Wechsel bei Vorlage zum Fälligkeitstermin (31. Dezember 1999) einzulösen, ihrer Art nach (vgl SSt 41/68) in den Kompetenzbereich der beiden insoweit als befugte Machthaber anzusehenden Bankangestellten fiel. Daß J***** (nach seinen Angaben) und S***** zum Eingehen dieser Verpflichtung ohne Prüfung der Bonität der Fa T***** bzw des Beschwerdeführers (und umsomehr daher angesichts deren Vermögenslosigkeit), ferner ohne entsprechende Besicherung und unter Verletzung weiterer interner Vorschriften (vgl S 439 f/I) im Innenverhältnis nicht berechtigt waren, ändert daran nichts, begründet vielmehr den dringenden Verdacht des (wissentlichen) Befugnismißbrauchs, aber auch des (zumindest bedingten) Schädigungsvorsatzes.
Ob die mißbräuchliche Garantieerklärung anfechtbar ist, kann in diesem Zusammenhang auf sich beruhen (vgl SSt 40/30). Dafür aber, daß, wie die Beschwerde releviert, nach libyschem Recht ungeachtet der Zeichnungsberechtigung J*****s (und S*****s) eine Haftung der Bank möglicherweise gar nicht begründet werden konnte, fehlen jegliche Anhaltspunkte, weshalb diese Überlegungen auf die Beurteilung des Tatverdachtes keinen Einfluß ausüben können.
Allerdings bedeutet das Eingehen einer bloßen Zahlungsverpflichtung nicht schon den Eintritt eines Vermögensschadens (vgl SSt 51/24, 46/36, Kienapfel BT II3 § 146 RN 153), und zwar auch dann nicht, wenn nach Lage des Falles immerhin eine Vermögensgefährdung des Machtgebers herbeigeführt wird, wird doch nach (weitgehend) übereinstimmender Lehre und Rechtsprechung eine Gleichstellung der Vermögensgefährdung mit dem für (den Betrug und) die Untreue tatbestandsessentiellen Vermögensnachteil abgelehnt (Kienapfel BT II3 § 153 RN 68, BT II2 § 146 RN 154). Dies hat indes angesichts des massiv indizierten Schädigungsvorsatzes nur zur Folge, daß zwar nicht Deliktsvollendung, wohl aber strafbarer Versuch eines Untreueverbrechens in Betracht zu ziehen ist.
Diesen Aspekt läßt die Beschwerde, die einen Schadenseintritt verneint, jedoch unbeachtet, weshalb der Einwand des mangelnden (dringenden) Verdachtes einer gerichtlich strafbaren Handlung ins Leere geht.
Die inländische Gerichtsbarkeit zur Verfolgung dieser dem Beschuldigten in der Form der Bestimmungstäterschaft zur Untreue angelasteten Tathandlung, die sich als Auslandstat eines Ausländers darstellt ist in § 65 Abs 1 Z 2 StGB begründet. Ein anderer Anknüpfungspunkt ist, selbst wenn man unterstellte, die Erlangung der Unterschriftsbestätigung durch eine inländische Bank sollte der späteren Durchführung eines betrügerischen Vorhabens dienen, mangels Strafbarkeit der darin gelegenen Bestimmung zur Beitragstäterschaft nicht indiziert. El A***** wurde im Inland betreten, wobei die von Libyen grundsätzlich beantragte Auslieferung (woraus auch die in § 65 Abs 1 StGB geforderte Strafbarkeit der Tat im Begehungsstaat abzuleiten ist) derzeit noch an der Beibringung der dafür notwendigen Unterlagen innerhalb der dazu gesetzten Frist (§ 28 Abs 1 vorl Satz ARHG) scheitert, der Beschuldigte mithin aus einem anderen Grund als wegen der Art oder der Eigenschaft seiner Tat nicht ausgeliefert werden kann (§ 65 Abs 1 Z 2 StGB).
Im Hinblick auf den zu Recht angenommenen dringenden Tatverdacht wegen des Verbrechens der versuchten Untreue erübrigt sich auch eine Erörterung jener Beschwerdeeinwendungen, die sich auf den im angefochtenen Beschluß erwähnten, aber nicht näher dargelegten Verdacht in Richtung des Verbrechens des versuchten schweren Betruges beziehen.
Der Beschuldigte wurde somit durch den bekämpften Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt, weshalb seine Beschwerde abzuweisen war.
Demzufolge hat nach § 8 GRBG ein Ausspruch über den Ersatz der Beschwerdekosten zu entfallen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)