OGH 14Os164/96

OGH14Os164/9617.12.1996

Der Oberste Gerichtshof hat am 17.Dezember 1996 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Massauer, Dr.Ebner, Dr.E.Adamovic und Dr.Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Pösinger als Schriftführerin, im Verfahren zur Unterbringung des Johann D***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB (§ 107 Abs 1 und Abs 2 StGB) über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels als Schöffengericht vom 27.Juni 1996, GZ 13 Vr 218/93-107, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Johann D***** gemäß § 21 Abs 1 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen, weil er unter dem Einfluß eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes (§ 11 StGB), der auf einer geistigen und seelischen Abartigkeit höheren Grades beruhte, (zusammengefaßt wiedergegeben) zwischen dem 30.Jänner 1993 und dem 31.Jänner 1996 im Urteil namentlich genannte Personen in insgesamt fünf Angriffen teils mit dem Tod, teils mit einer erheblichen Verstümmelung oder auffallenden Verunstaltung und teils mit einer Gefährdung durch Sprengmittel gefährlich bedrohte, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen (I/1 a, b, 2-4), somit Taten begangen hat, die ihm im Falle der Zurechnungsfähigkeit jeweils als - das mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe bedrohte - Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 StGB zuzurechnen gewesen wären (US 1-3), und weil nach seinem Zustand und der Art der Tat(en) zu befürchten ist, daß er sonst unter dem Einfluß seiner geistigen oder seelischen Abartigkeit eine mit Strafe bedrohte Handlung mit schweren Folgen begehen werde (US 14 f, 25, 26).

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil bekämpft der Betroffene mit Nichtigkeitsbeschwerde aus den Gründen der Z 4, 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO sowie mit Berufung.

Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu.

Durch die Abweisung des - bereits vor Erstattung des Gutachtens in der Hauptverhandlung durch den vom Erstgericht beigezogenen Sachveständigen Dr.S***** gestellten - Antrages auf Einholung eines weiteren Gutachtens zum Beweis dafür, "daß nach dem derzeitigen Stand eine antragsgemäße Entscheidung (gemeint: die Einweisung in die Anstalt gemäß § 21 Abs 1 StGB) nicht geboten ist", wurden Verteidigungsrechte (Z 4) nicht verletzt. Denn auch für das Verfahren bei vorbeugenden Maßnahmen (§§ 429 ff StPO) gelten die Regeln der §§ 118 Abs 2 und 134 Abs 1 StPO (Mayerhofer/Rieder StPO3 § 429 E 4), weshalb ein zweiter Sachverständiger nur dann beizuziehen ist, wenn es die Schwierigkeit der Beobachtung oder der Begutachtung erfordert. In diesem Zusammenhang kann eine Begutachtung aber nur dann als schwierig angesehen werden, wenn der Experte die ihm vom Gericht vorgelegten Sachfragen entweder nicht oder doch nicht mit Bestimmtheit zu beantworten vermag (Mayerhofer/Rieder StPO3 § 118 E 68). Derartige Mängel vermochte der Beschwerdeführer vor der Gutachtenerstattung (S 291/II) nicht darzutun. Im übrigen traf der Sachverständige hinsichtlich des höheren Grades der einweisungsrelevanten geistigen und seelischen Abartigkeit in der Folge klare Aussagen (S 295 ff/II).

Soweit sich der Betroffene gegen die Gefährlichkeitsprognose wendet, wird kein Nichtigkeitsgrund geltend gemacht, weil gerichtliche Entscheidungen, bei denen dem richterlichen Ermessen ein Spielraum eingeräumt ist, nur mit Berufung anfechtbar sind (Mayerhofer/Rieder StPO3 § 433 E 1).

Dies gilt auch für das Argument (Z 5), daß zwei der drei vom Sachverständigen genannten "Konfliktkonstellationen" bereits weggefallen seien.

Soweit der Angeklagte generell eine unzureichende Begründung der Anlaßtaten behauptet, genügt es zu erwidern, daß das Erstgericht deren Nachweis nicht bloß auf "im Laufe des gegenständlichen Verfahrens ansonsten abgegebene Äußerungen und Verhaltensweisen" und eine frühere Haft des Betroffenen wegen gefährlicher Drohung, sondern primär auf die als glaubwürdig und nachvollziehbar beurteilten Angaben der Belastungszeugen (US 16-18) gegründet hat.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) ist nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt.

Mit dem urteilsfremden Einwand, er habe sich in einem heftigen Erregungszustand befunden bzw die Äußerungen seien ihm "herausgerutscht", weshalb es an der Absicht fehle, die Bedrohten in Furcht und Unruhe zu versetzen, bekämpft der Beschwerdeführer die Beweiswürdigung der Tatrichter (US 22 f) nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren gesetzlich nicht vorgesehenen Schuldberufung.

Mit der Behauptung, es mangle an der Einweisungsvoraussetzung einer geistigen Abnormität höheren Grades, setzt sich die Beschwerde (der Sache nach Z 11) über die gegenteilige Urteilsannahme (US 14 f) hinweg und verfehlt solcherart gleichfalls den notwendigen Vergleich des im Urteil festgestellten Sachverhaltes mit dem darauf angewendeten Gesetz.

Die nicht konkretisierte Behauptung, die rechtliche Beurteilung der Anlaßtaten als Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 StGB sei verfehlt, läßt die deutliche Bezeichnung des den Nichtigkeitsgrund bildenden Umstandes vermissen (§ 285 a Z 2 StPO).

Im übrigen wendet sich die Rechtsrüge neuerlich in unbeachtlicher Weise gegen die Gefährlichkeitsprognose.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die außerdem ergriffene Berufung (§ 285 i StPO).

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