OGH 14Os155/04

OGH14Os155/0415.2.2005

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. Februar 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Hon. Prof. Dr. Ratz, Dr. Philipp und Hon. Prof. Dr. Schroll als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Petö als Schriftführer, in der Strafsache gegen Helmut S***** wegen des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom 8. Oktober 2004, GZ 631 Hv 17/04b-57, nach Anhörung des Generalprokurators in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Helmut S***** der Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (I.) und des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (II.) sowie der Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 Z 2 StGB (III.) und der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (IV.) schuldig erkannt. Danach hat er in Pleissing und anderen Orten

I. von Anfang 2001 bis Anfang 2004 mit der am 22. Dezember 1990 geborenen, unmündigen Katherina T***** mehrfach den Beischlaf vollzogen sowie mehrfach durch Einführen eines Fingers in die Scheide des Mädchens dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlungen unternommen;

II. außer dem Fall des § 206 StGB geschlechtliche Handlungen an unmündigen Personen vorgenommen, indem er sie mehrfach an ihren Brüsten massierte, und zwar

1. von Anfang 2001 bis Anfang 2004 an der am 22. Dezember 1990 geborenen Katharina T*****,

2. von Ende 2003 bis April 2004 an der am 25. Dezember 1991 geborenen Kerstin T*****,

3. von Mitte 2002 bis August 2003 an der am 20. September 1989 geborenen Natascha N*****;

III. „in der Zeit von Anfang 2001 bis April 2004 unter Ausnützung seiner Stellung gegenüber einer seiner Erziehung, Ausbildung bzw Aufsicht unterstehenden minderjährigen Person diese zur Unzucht durch die unter Punkt I. und II. geschilderten Tathandlungen missbraucht";

IV. zu einem nicht mehr feststellbaren, vor dem 12. Juni 2003 gelegenen Zeitpunkt Katharina T***** durch gefährliche Drohung, nämlich durch die sinngemäße Androhung von Schlägen dazu genötigt, im Zuge ihrer Befragung bei der Gendarmerie auszusagen, dass sie von ihm nicht sexuell missbraucht worden sei.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen dieses Urteil gerichteten, auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a, 9 lit a und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.

Entgegen der Mängelrüge (Z 5) liegt eine Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) nicht vor. Die Angaben des Angeklagten und seiner Lebensgefährtin Hermine R*****, im Besonderen zu ihren verschiedenen Fernsehgewohnheiten sowie sonstige Gründe, warum der Beschwerdeführer gemeinsam mit Katharina T***** in einem Zimmer schlief, wurden im Urteil nämlich sehr wohl erörtert (vgl US 9). Die Tatrichter bewerteten deren Depositionen jedoch mit mängelfreier Begründung für nicht überzeugend und legten ihren Konstatierungen im Wesentlichen die Aussagen der für glaubwürdig erachteten Angaben der Katharina T***** zugrunde (US 8 bis 19). Wer den letztlich gemeinsam zum Schlafen benutzen Raum zuerst bewohnte, ist nicht entscheidungswesentlich.

Eines Eingehens auf das Gutachten über spurenkundliche Untersuchungen des Institutes für gerichtliche Medizin der Medizinischen Universität Wien (ON 38) bedurfte es nicht, weil das Fehlen von DNA-Spuren des Rechtsmittelwerbers am Körper sowie der Kleidung seiner Opfer und an einem sichergestellten Leintuch die inkriminierten sexuellen Handlungen nicht ausschließen. Nach den Angaben der Katharina T***** ejakulierte der Beschwerdeführer nämlich bei Vollzug des Beischlafs auf einen Bademantel oder ein Handtuch oder beseitigte mit einem solchen die Spuren vom Rücken seines Opfers (S 33, 275 jeweils Bd I); darüber hinaus suchte das Mädchen nach derartigen Vorfällen regelmäßig das Bad auf (neuerlich S 33 und 275/Bd I) und badete fast täglich (S 271/Bd I).

Der Behauptung im Rechtsmittel, das Gedächtnisprotokoll des Krankenhauses SMZ-Ost (S 183/Bd I) wäre in der Hauptverhandlung nicht verlesen, aber dennoch zur Begründung des mehrfach vollzogenen Geschlechtsverkehrs herangezogen worden, steht das unwidersprochen gebliebene Hauptverhandlungsprotokoll (S 7 II) entgegen, wonach unter anderem die (die S 179-219/Bd I umfassende) ON 14 einverständlich verlesen wurde.

Die Feststellung wiederum, der Beschwerdeführer habe auch das „genaue Alter" der Natascha N***** gekannt, ergibt sich konsequent aus der vom Erstgericht festgestellten „Wohnsituation" (Benützung eines Hauses über den Zeitraum von rund einem Jahr gemeinsam mit der Familie N*****, wobei Sabrina und Kerstin T***** mit Natascha N***** auch ein Zimmer teilten); der bekämpften Annahme entgegenstehende Verfahrensergebnisse zeigt die Beschwerde nicht auf. Die Tatsachenrüge (Z 5a) wiederholt im Wesentlichen die Ausführungen der Mängelrüge.

Im Hinblick auf die belastenden Angaben der Opfer, welchen die Erstrichter gefolgt sind, vermag die Beschwerde durch isoliertes Herausgreifen einzelner Details des Beweisverfahrens keine erheblichen Bedenken an der Richtigkeit der dem Schuldspruch zugrundeliegenden Feststellungen zu wecken. Vielmehr wird damit lediglich die Beweiswürdigung nach Art einer Schuldberufung bekämpft. Gegenstand einer Rechts- und Subsumtionsrüge ist ausschließlich der Vergleich des zur Anwendung gebrachten materiellen Rechts, einschließlich der Berücksichtigung prozessualer Verfolgungsvoraussetzungen, mit dem festgestellten Sachverhalt (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 581).

Der behauptete Rechtsmangel (Z 9 lit a) infolge fehlender Feststellungen betreffend den zur Verwirklichung der Tatbestände der §§ 206 Abs 1, 207 Abs 1 und 212 Abs 1 Z 2 StGB jeweils erforderlichen Vorsatz liegt nicht vor; diese finden sich nämlich unmissverständlich auf US 7 dritter und vierter Absatz. Welche darüber hinausgehenden Konstatierungen zusätzlich notwendig gewesen wären, führt die Beschwerde nicht aus.

Derselbe, nominell unter dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 10 StPO (der Sache nach Z 9 lit a) behauptete Mangel zum Fehlen eines sich auch auf das unmündige Alter seiner Opfer erstreckenden Vorsatzes übergeht die Konstatierung, wonach der Beschwerdeführer das genaue Alter von Katharina und Kerstin T***** sowie Natascha N***** kannte (US 7 dritter Absatz).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Daraus folgt, dass zur Entscheidung über die Berufung der Gerichtshof zweiter Instanz zuständig ist (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte