Spruch:
Danijela D***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Text
Gründe:
Danijela D*****, gegen die wegen des Verdachts von Straftaten im Zusammenhang mit ungerechtfertigter Auszahlung erhöhter Familienbeihilfe in Millionenhöhe die Voruntersuchung wegen der Verbrechen des gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 (zweiter Fall) StGB und der Bestimmung zum Missbrauch der Amtsgewalt nach §§ 12 (zweiter Fall), 302 (Abs 1 und Abs 2) StGB eingeleitet (S 3a4/I; S 377/IX) und am 30. Mai 2001 ein Haftbefehl wegen Flucht-, Verdunkelungs- und Tatbegehungsgefahr erlassen worden war (ON 26), suchte am Freitag, dem 7. September 2001 in Kenntnis ihrer Ausschreibung zur Verhaftung mit ihrem Verteidiger und ihrer fünfjährigen behinderten Tochter den zuständigen Untersuchungsrichter in seinem Amtszimmer auf. Dieser verständigte daraufhin Beamte der Bundespolizeidirektion Wien-Sicherheitsbüro, welche sie über seinen Auftrag um 10,37 Uhr in Haft nahmen (S 347/IX). Nach eingehender, insgesamt neunstündiger Einvernahme unter Vorhalt der bisherigen Erhebungsergebnisse und der Angaben potenzieller Mittäter (derzeit 186) durch Beamte der genannten Polizeibehörde wurde Danijela D***** am 9. September 2001 um 10,10 Uhr in die Justizanstalt Wien-Josefstadt eingeliefert (ON 315). Am 10. September 2001 um ca 12,30 Uhr verhängte der Untersuchungsrichter nach Einvernahme zu Tatverdacht und Haftgründen über Danijela D***** wegen Flucht-, Verdunkelungs- und Tatbegehungsgefahr nach § 180 Abs 2 Z 1, 2 und 3 lit b StPO die Untersuchungshaft (S 381/IX, ON 318) und setzte diese nach Durchführung einer Haftverhandlung mit Beschluss vom 10. September 2001 aus den genannten Haftgründen fort (ON 347).
Dies tat auch das Oberlandesgericht Wien mit der angefochtenen Entscheidung, mit der es Beschwerden der Beschuldigten gegen die zitierten Beschlüsse auf Verhängung und Fortsetzung der Untersuchungshaft nicht Folge gab (ON 367).
In ihrer dagegen gerichteten Grundrechtsbeschwerde bemängelt Danijela D***** allein den Umstand, dass über sie nicht binnen 48 Stunden nach ihrer "Selbststellung" die Untersuchungshaft verhängt worden sei (§ 179 Abs 1 erster Satz StPO).
Dies indes zu Unrecht.
Rechtliche Beurteilung
Wie das Oberlandesgericht bereits ausführlich und schlüssig darstellte, fällt nach dem Gesetz (vgl § 177 Abs 1 StPO) der Vollzug eines - wie hier vorliegenden (ON 26) - Haftbefehls in die Kompetenz der Sicherheitsbehörden. Stehen dem Untersuchungsrichter doch weder das Instrumentarium allfälliger Zwangsmaßnahmen, wenn etwa der Wille der Beschuldigten, sich selbst zu stellen, verloren ginge, noch Möglichkeiten zur Verfügung, für die Unterbringung eines mitgeführten fünfjährigen behinderten Kindes Sorge zu tragen.
Warum eine - im Haftrecht nicht vorgesehene - "Selbststellung" Einfluss auf das gesetzliche Fristensystem (§ 176 Abs 2; § 179 Abs 1 erster Fall StPO) üben sollte, legt die Beschwerde nicht dar.
Die Zeit bis zur allein maßgeblichen Einlieferung wurde hier zudem den Intentionen des Gesetzgebers entsprechend genutzt, indem erstmals eine ausführliche Einvernahme der Beschuldigten zu der komplexen Materie vorgenommen wurde, welche sich bislang durch Monate einer solchen durch Flucht entzogen hatte. Diese Verfahrensergebnisse aber versetzten den Untersuchungsrichter in die Lage, nach seinerseitiger Vernehmung über dringenden Tatverdacht und Haftgründe zu entscheiden.
Auch die allenfalls geübte Praxis, Justizwachebeamte mit der Effektuierung der (Verwahrungs-)Haft zu betrauen, ändert nichts an der zitierten, vom Gesetz vorgesehenen Kompetenz der Sicherheitsbehörden zur Festnahme vom Gericht zur Verhaftung ausgeschriebener Personen.
Da aber die 48-Stunden-Fristen zwischen Festnahme und Einlieferung (§ 176 Abs 2 StPO) sowie danach bis zur Vernehmung (§ 179 Abs 1 erster Satz StPO) vorliegend eingehalten wurden, und ehetunlich über die Rechtmäßigkeit der Haft entschieden wurde (Art 5 Abs 4 EMRK, Art 4 Abs 3 PersFRG) wurde Danijela D***** im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.
Nur der Vollständigkeit halber sei angeführt, dass nach Lage des Falles (nicht vorangekündigte Stellung vor dem Wochenende unter Mitführung eines fünfjährigen behinderten Kindes nach monatelanger Ausschreibung zur Verhaftung) weder unter dem Aspekt der Überschreitung der Einlieferungsfrist (Mayrhofer/Steininger GRBG § 2 Rz 137) noch mit Blick auf § 179 Abs 2 letzter Satz StPO (Hager/Holzweber GRBG § 2 E 64; JBl 1996, 67 = RZ 1997/1; 12 Os 133/99) ein eine Enthaftung gebietender grundrechtsrelevanter Eingriff vorliegt.
Die Beschwerde war daher ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen.
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