OGH 14Os147/06h

OGH14Os147/06h6.3.2007

Der Oberste Gerichtshof hat am 6. März 2007 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Philipp, Hon. Prof. Dr. Schroll und Hon. Prof. Dr. Kirchbacher und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Mag. Hetlinger, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kikinger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Burhan Ö***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Schöffengericht vom 27. September 2006, GZ 10 Hv 52/06s-52, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Burhan Ö***** (richtig:) des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB (I.), des Verbrechens und der Vergehen der Verleumdung nach § 297 Abs 1 StGB (II.) sowie des Vergehens der falschen Beweisaussage vor Gericht nach § 288 Abs 1 StGB (III.) schuldig erkannt.

Danach hat er

I. mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, nachgenannte Personen durch die Vorgabe, ein rückzahlungswilliger und -fähiger Kreditnehmer zu sein, somit durch Täuschung über Tatsachen, zu Handlungen verleitet, die diese an ihrem Vermögen in einem insgesamt 50.000 Euro übersteigenden Betrag schädigten, „wobei er (auch) schwere Betrügereien mit der Absicht begangen habe", sich durch deren Begehung ein fortlaufendes Einkommen zu verschaffen, und zwar:

1. von Jänner 2001 bis Dezember 2003 in Salzburg, Mattinghofen und Linz Waltraud W***** zur wiederholten Hingabe von Bargeld im Gesamtbetrag von mindestens 110.000 Euro;

2. im Jahr 2002 in Salzburg Turgay Y***** zur wiederholten Hingabe von Bargeld und Ausfolgung von Getränken im Gesamtwert von 2.000 Euro;

3. im März 2003 in Salzburg Hasan K***** zur Herausgabe eines Darlehens in Höhe von 4.000 Euro;

II. am 23. Jänner 2005 in Salzburg und Schärding Turgay Y*****, Tamer Y***** und Remzi K***** dadurch der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt, dass er sie durch die vor Beamten der Bundespolizeidirektion Salzburg und des GPK Schärding gemachte Aussage, die Genannten hätten ihm gewaltsam goldene Halsketten und eine goldene Handgelenkskette im Wert von etwa 1.000 Euro sowie den Schlüsselbund und die Fahrzeugpapiere weggenommen, Turgay Y***** habe ihn darüber hinaus durch die Äußerung, „wenn du zur Polizei gehst, dann bringe ich dich um", sohin durch gefährliche Drohung mit dem Tode, zur Unterlassung der Anzeigeerstattung zu nötigen versucht, einer von Amts wegen zu verfolgenden, mit Strafe bedrohten Handlung, nämlich des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB und des Verbrechens der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB falsch verdächtigt, wobei er wusste, dass die Verdächtigung falsch ist;

III. am 1. März 2005 in Salzburg vor dem Landesgericht Salzburg in der Strafsache 26 Ur 47/05w als Zeuge bei seiner förmlichen Vernehmung zur Sache durch die Aussage, die vor der Bundespolizeidirektion Salzburg und dem GPK Schärding gemachten Angaben vom 23. Jänner 2005 würden der Wahrheit entsprechen, falsch ausgesagt.

Die dagegen vom Angeklagten aus den Gründen der Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel.

Rechtliche Beurteilung

Widersprüchlichkeit im Sinn der Z 5 dritter Fall des § 281 Abs 1 StPO liegt nur dann vor, wenn Aussprüche über entscheidende Tatsachen unter Einbeziehung von Erfahrungswerten als zueinander im Widerspruch stehend, somit als nach den Denkgesetzen unvereinbar zu bewerten sind (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 439).

Nach den kritisierten - vom Beschwerdeführer unvollständig zitierten - Urteilsannahmen verliebte sich die Getäuschte Waltraud W***** in den Angeklagten, worauf dieser beschloss, dieses Abhängigkeitsverhältnis auszunützen und der Frau, mit der er auch ein gemeinsames Kind hatte, wiederkehrend Bargeldbeträge auch von mehr als 3.000 Euro herauszulocken, um sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern und ein fortlaufendes Einkommen zu verschaffen, welchen Tatplan er in der Folge umsetzte (US 4-6).

Weshalb diese Aussagen - im oben aufgezeigten Sinn - im Widerspruch zueinander stehen sollen, legt die Mängelrüge (Z 5 dritter Fall) nicht dar.

Mit der rein spekulativen Behauptung, es hätte aufgrund der „innigen und über einen längeren Zeitraum andauernden Liebesbeziehung keines Herauslockens von Geldbeträgen bedurft", die Geschädigte habe „dem Angeklagten immer wieder freiwillig Vermögen zugewendet" und hätte dies auch im Wissen um seine Rückzahlungsunfähigkeit weiterhin getan, werden den anders lautenden Urteilsannahmen vielmehr bloß eigene Auffassungen und Erwägungen des Beschwerdeführers gegenübergestellt und solcherart - hier unzulässig - das Beweiswürdigungsermessen des Schöffengerichtes angegriffen.

Die Verantwortung des Angeklagten, die Privatbeteiligte habe ihm sämtliche von der Anklage umfassten Geldbeträge geschenkt, wurde - dem Beschwerdeeinwand (Z 5 zweiter Fall) zuwider - gar wohl erörtert und mit - mängelfreier - Begründung aufgrund der als glaubwürdig eingestuften Aussage der Geschädigten für widerlegt erachtet (US 8 ff).

Die weitere Mängelrüge zum Schuldspruch I.1. macht nominell Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) des Ausspruchs des Erstgerichtes über entscheidende Tatsachen geltend, weil keine Feststellungen darüber getroffen worden seien, „was die Privatbeteiligte zur Vermögensverschiebung an ihn (den Angeklagten) bewogen hat". Damit wird eine (vermeintliche) Lückenhaftigkeit der Tatsachengrundlage im Urteil und damit Nichtigkeit nach Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO angesprochen: Da der Oberste Gerichtshof regelmäßig von der inhaltlichen Ausrichtung des Beschwerdevorbringens ausgeht, bedeutet eine irrige Bezeichnung eines Nichtigkeitsgrundes keinen Nachteil für den Angeklagten, der aber das Vorbringen ohnehin im Rahmen der Rechtsrüge (Z 9 lit a) wiederholt.

Unter Zitierung bloß des ersten und letzten Satzes der hiezu angestellten beweiswürdigenden Erwägungen des Urteils reklamiert der Beschwerdeführer zum Schuldspruch I.3. offenbar unzureichende Begründung (Z 5 vierter Fall) der Feststellung, wonach „der Angeklagte dem Hasan K***** Geldbeträge herausgelockt hat". Die Tatrichter haben die entscheidungswesentlichen Konstatierungen zum äußeren Geschehensablauf jedoch schwergewichtig auf die als glaubwürdig angesehenen Angaben der Zeugen Hasan K***** und Orhan G***** gestützt und die gleichartige Vorgangsweise des Angeklagten gegenüber Waltraud W***** als zusätzliches Indiz für die Richtigkeit ihrer Annahmen erachtet (US 11). Von offenbar unzureichender Begründung oder einer „unstatthaften Vermutung zu Lasten des Angeklagten" kann daher keine Rede sein.

Ebensowenig vermag der Beschwerdeführer zum Schuldspruch II. in Ansehung der subjektiven Tatseite einen Begründungsmangel im Sinne der Z 5 vierter Fall aufzuzeigen. Das Erstgericht hat die Wissentlichkeit der Falschbezichtigung durch den Angeklagten aus dem äußeren Geschehensablauf erschlossen und weiter ausgeführt, „dass er sich dabei bewusst war, dass er durch die Bezichtigung wider besseres Wissen die Gefahr einer behördlichen Verfolgung heraufbeschwört, ergibt sich eigentlich von selbst". Ungeachtet der sprachlich missglückten Formulierung haben die Tatrichter damit deutlich genug zum Ausdruck gebracht, dass sie den Vorsatz zum Tatbestandsmerkmal der konkreten Gefährdung (dass es maW wahrscheinlich ist, dass die Falschbezichtigung zu behördlicher Verfolgung der Verleumdeten führen werde) ebenfalls aus dem objektiven Verhalten des Angeklagten, der selbst die Polizei herbeirief und explizit Anzeige gegen Turgay Y***** und seine Begleiter erstattete, ableiteten.

Der Schluss von einem gezeigten Verhalten auf ein zugrundeliegendes Wollen oder Wissen des Täters stellt - der Beschwerdeauffassung zuwider - keine „unstatthafte Vermutung zu Lasten des Angeklagten" dar, sondern ist methodisch gerechtfertigt und auch rechtsstaatlich zulässig (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 452).

Ein Begründungsmangel iSd Z 5 liegt daher nicht vor. Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) vernachlässigt mit der Behauptung, dass zum Schuldspruch wegen gewerbsmäßigen schweren Betruges zum Nachteil der Waltraud W***** (Punkt I. 1. des Urteilssatzes) keine Feststellungen zu den Täuschungshandlungen des Angeklagten sowie zum Kausalzusammenhang zwischen dem täuschungsbedingtem Irrtum und den selbstschädigenden Vermögensverfügungen der Getäuschten vorlägen, dass die Tatrichter - der als glaubwürdig beurteilten Darstellung der Zeugin W***** folgend - erkennbar davon ausgingen, dass Burhan Ö***** der Genannten seinen mangelnden Rückzahlungswillen vortäuschte (US 5, 9f iVm S 41 ff, 438/I; vgl zum Ganzen Ratz, WK-StPO § 281 Rz 19). Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO). Daraus folgt die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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