OGH 14Os140/90

OGH14Os140/9012.3.1991

Der Oberste Gerichtshof hat am 12.März 1991 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Winge als Schriftführer, in der Strafsache gegen Peter W***** wegen des Vergehens des Glücksspieles nach § 168 Abs. 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 17. Oktober 1990, GZ 12 Vr 1562/90-29, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Peter W***** wurde mit dem angefochtenen Urteil des Vergehens des Glückspiels nach § 168 Abs. 2 StGB schuldig erkannt, weil er Anfang Juni 1990 in Villach im Rückfall (§ 39 StGB) im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit drei abgesondert Verfolgten gewerbsmäßig an einem Kartenspiel teilnahm, bei dem Gewinn und Verlust vorwiegend vom Zufall abhängen.

Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 5, 5 a, 9 lit a und 11 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt.

Die Mängelrüge (Z 5) macht Unvollständigkeit des Ausspruches des Erstgerichts über die entscheidende Tatsache geltend, ob Gewinn oder Verlust beim Kartenspiel, an dem der Angeklagte teilnahm, vorwiegend vom Zufall abhängen.

Der Angeklagte hat sich in der Hauptverhandlung zu dem dem Schuldspruch zugrundeliegenden Anklagevorwurf schuldig bekannt (AS 263) und damit verantwortet, mit drei anderen Mitspielern an einem als "Mauscheln" bekannten Kartenspiel beteiligt gewesen zu sein, bei dem ein fünfter Spieler als Opfer etwa 1 Mio S verlor. Er hat dabei die Regeln des Spiels detailliert geschildert (AS 265, 266). Das Schöffengericht hat diese Verantwortung als Grundlage für seine Annahmen über die Art des Spiels herangezogen und daran die weitere Feststellung geknüpft, daß Gewinn und Verlust bei diesem Spiel vornehmlich vom Zufall abhängen (US 4 und 5).

Rechtliche Beurteilung

Das als "Mauscheln" bezeichnete Kartenspiel war nach der nicht mehr in Geltung stehenden Glückspielverordnung (BGBl 1923/253 idF BGBl 1933/6) ein verbotenes Spiel. Da es sich bei den in dieser Verordnung aufgezählten Spielen jedenfalls vorwiegend um Glückspiele ieS handelte, gibt dies bereits einen Hinweis auf den Charakter des gegenständlichen Kartenspiels

(vgl Leukauf-Steininger2, RN 5; Liebscher in WK, Rz 4 und 5; Foregger-Serini, Kommentar4, Erl I, alle zu § 168 StGB).

Regeln und Verlauf des vom Angeklagten beschriebenen Spiels, wie sie auch vom Schöffengericht festgestellt wurden, rechtfertigen dessen Annahme, daß Gewinn und Verlust zumindest vorwiegend vom Zufall abhängig sind, weil Erfolg oder Mißerfolg überwiegend von den jedem einzelnen Spieler zugeteilten Karten abhängig sind und dem einzelnen Spieler kaum entscheidende Gestaltungs- und Einflußmöglichkeiten auf den Spielausgang offen stehen. Die jeweils nicht an ihn ausgeteilten Karten bleiben nämlich für ihn verdeckt und sind oder werden ihm im Spielverlauf selbst nicht bekannt. Dadurch unterscheidet sich das sogenannte "Mauscheln" etwa von dem "Schnapsen" oder auch "66" genannten Spiel, in dessen Verlauf den Spielern (im wesentlichen) alle Karten aufgedeckt werden und das somit in erster Linie vom Spieler Berechnung und Geschicklichkeit verlangt, um gewinnen zu können (vgl EvBl 1959/325).

Soweit im Rahmen der Mängelrüge die Annahme der Gewerbsmäßigkeit bekämpft und die Argumentation des Ersturteils als bloße Scheinbegründung abgetan wird, übergeht die Beschwerde jene Erwägungen (AS 288, 289), die ein gewerbsmäßiges Handeln des Angeklagten als erwiesen annehmen lassen. Die vom Schöffengericht zur Begründung seiner Annahme herangezogenen Umstände (US 7) lassen ohne Verstoß gegen die Denkgesetze und nach den Erfahrungen des täglichen Lebens einen folgerichtigen Schluß auf die Absicht des Angeklagten zu, sich durch wiederkehrende Teilnahme am Glückspiel eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.

Auch die Tatsachenrüge (Z 5 a) wendet sich gegen die Annahme der Gewerbsmäßigkeit. Entgegen der Beschwerde war das Erstgericht jedoch berechtigt, dazu unter anderem auch die Aussagen der als Zeugen vernommenen Polizeibeamten (AS 280) heranzuziehen, die bekundeten, daß ihnen der Angeklagte aus ihrer dienstlichen Erfahrung als berufsmäßiger Spieler bekannt war. An der zulässigen Verwertung dieser Aussage ändert nichts, daß sie gegen ihn bisher keine Amtshandlung wegen Glückspiels geführt haben. Unter Berücksichtigung der einschlägigen Vorbelastung des Angeklagten (sh insbes U 94/88 BG Hopfgarten) und seines Eingeständnisses, leidenschaftlicher Spieler zu sein (AS 265), können nach der Aktenlage erhebliche Bedenken gegen die Annahme gewerbsmäßiger Beteiligung des Angeklagten am Glückspiel nicht geweckt werden.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) releviert Feststellungsmängel zum Glückspielcharakter des vom Angeklagten gespielten sogenannten "Mauschelns", Geschicklichkeit und Einschätzung der zugeteilten Karten gäben dem Spieler jene Einflußmöglichkeit, die bei Anwendung optimaler Spieltaktik über Gewinn und Verlust entscheiden lassen.

Das Vorbringen in der Rechtsrüge enthält jedoch keine gesetzmäßige Ausführung, weil nur der als erwiesen angenommene Glückspielcharakter des gegenständlichen Kartenspiels bestritten wird, womit sich dieses Vorbringen in einer bloßen Verneinung der eine Tatfrage betreffende Urteilsfeststellung, nach der ein Glückspiel im Sinne des § 168 StGB vorliegt, erschöpft. Insoweit geht die Rechtsrüge daher nicht von den getroffenen Tatsachenfeststellungen aus.

Zur gesetzmäßigen Ausführung einer einen Feststellungsmangel geltend machenden Nichtigkeitsbeschwerde muß dargetan werden, welche weiteren Tatsachenfeststellungen nach Meinung des Beschwerdeführers zur Beurteilung der entscheidenden Frage noch geboten sind. Diesbezüglich läßt die Rechtsrüge jeden argumentationsbezogenen Hinweis vermissen. Insbesondere fehlt ein Vorbringen, auf welche Weise der Spieler auf den Ausgang des Spieles Einfluß nehmen kann, sodaß dieser zumindest vorwiegend nicht durch Zufall bestimmt ist. Die bloße Behauptung, "Mauscheln" sei kein Glückspiel, genügt zur gesetzmäßigen Ausführung der Rechtsrüge, die lediglich Feststellungsmängel geltend macht, nicht, wenn das angefochtene Urteil unter Schilderung der Regeln dieses Kartenspiels das Gegenteil feststellt.

Auch die Strafzumessungsrüge (Z 11) vermag eine Urteilsnichtigkeit nicht aufzuzeigen, weil das Erstgericht die Strafschärfung bei Rückfall nach § 39 StGB gar nicht vorgenommen hat. Die mit fünf Monaten ausgemessene Strafe liegt im Rahmen der bis zu sechs Monaten Freiheitsstrafe reichenden Strafdrohung des § 168 Abs. 2 StGB. Die Möglichkeit der Strafschärfung bei Rückfall stellt eine fakultativ anzuwendende Strafbemessungsvorschrift dar, deren Anwendung nur mit Berufung zu bekämpfen ist. Eine Nichtigkeitsbeschwerde käme nur bei Überschreitung der durch diese Bestimmung ermöglichten Strafschärfung, sowie bei Anwendung der Strafschärfungsbestimmung ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 39 StGB in Betracht (Mayerhofer-Rieder, StPO2, ENr 14 zu § 281 Z 11).

Die Annahme der Voraussetzungen des § 39 StGB durch das Schöffengericht ist allerdings verfehlt. Die beiden als einschlägig zu bewertenden Vorverurteilungen (Bezirksgericht Hopfgarten U 94/88 und Bezirksgericht Innsbruck U 550/88) stehen zueinander im Verhältnis des § 31 StGB und haben demnach als eine Verurteilung zu gelten (Leukauf-Steininger, aaO, RN 6 zu § 39).

Mithin war die Nichtigkeitsbeschwerde schon bei einer nichtöffentlichen Beratung als teils nicht gesetzmäßig ausgeführt (§ 285 d Abs. 1 Z 1 iVm § 285 a Z 2 StPO), teils als offenbar unbegründet (§ 285 d Abs. 1 Z 2 StPO) zurückzuweisen.

Demgemäß wird über die Berufung das zuständige Oberlandesgericht zu entscheiden haben (§ 285 i StPO).

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