OGH 14Os12/93(14Os13/93)

OGH14Os12/93(14Os13/93)16.2.1993

Der Oberste Gerichtshof hat am 16.Februar 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Walenta als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachner, Hon.Prof.Dr.Brustbauer, Dr.Massauer und Mag.Strieder als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Malesich als Schriftführerin,

1. in der Strafsache gegen Wilhelm S***** wegen des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht gemäß § 198 Abs. 1 StGB, AZ 19 U 330/90 des Jugendgerichtshofes Wien, sowie

2. in der Strafvollzugssache des Wilhelm S***** wegen bedingter Entlassung, AZ 18 g BE 1166/88 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien,

über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes

(zu 1.) gegen den Vorgang der Unterlassung einer Verständigung gemäß § 494 a Abs. 8 StPO und

(zu 2.) gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 4.Juni 1992, GZ 18 g BE 1166/88-16,

nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr.Presslauer, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Das Gesetz wurde verletzt

1. durch den Vorgang, daß der Jugendgerichtshof Wien von seiner mit Beschluß vom 29.Juni 1990, GZ 19 U 330/89-11, getroffenen Entscheidung, vom Widerruf der bedingten Entlassung des Wilhelm S***** (im Verfahren AZ 18 g BE 1166/88 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien) abzusehen und die Probezeit auf fünf Jahre zu verlängern, nicht unverzüglich das Landesgericht für Strafsachen Wien als Vollzugsgericht verständigte, in der Bestimmung des § 494 a Abs. 8 StPO;

2. durch den Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 4. Juni 1992, GZ 18 g BE 1166//88-16, in der Bestimmung des § 48 Abs. 3 StGB.

Text

Gründe:

Mit Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien vom 25.Oktober 1988, AZ 23 Bs 517/88, wurde Wilhelm S***** unter Abänderung eines erstinstanzlichen Beschlusses im Verfahren AZ 18 g BE 1166/88 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien mit sofortiger Wirkung aus der Strafhaft bedingt entlassen und die Probezeit mit drei Jahren bestimmt.

Nach Verstreichen eines dreijährigen Zeitraumes holte das Landesgericht für Strafsachen Wien in diesem Verfahren gemäß § 180 Abs. 2 StVG eine Stellungnahme der Sicherheitsbehörde und eine Strafregisterauskunft über den Entlassenen ein. Obwohl aus der Strafregisterauskunft (ON 14) ersichtlich war, daß in der Zwischenzeit der Jugendgerichtshof Wien mit dem gemäß § 494 a Abs. 1 Z 2 und Abs. 7 StPO ergangenen Beschluß vom 29.Juni 1990, GZ 19 U 330/89-11, die Probezeit der bedingten Entlassung auf fünf Jahre verlängert hatte, erklärte das Landesgericht für Strafsachen Wien mit in Rechtskraft erwachsenem Beschluß vom 4.Juni 1992, GZ 18 g BE 1166/88-16, die bedingte Entlassung für endgültig.

Rechtliche Beurteilung

Der letztgenannte Beschluß steht mit § 48 Abs. 3 StGB nicht im Einklang, weil die bedingte Nachsicht eines Strafrestes nur dann für endgültig zu erklären ist, wenn sie nicht widerrufen wird. Darüber kann aber erst nach Ablauf der (verlängerten) Probezeit entschieden werden.

Eine Mitursache für die Fehlentscheidung des Landesgerichtes für Strafsachen Wien kann der vom Jugendgerichtshof Wien im Verfahren AZ 19 U 330/89 gesetzte Verstoß gegen § 494 a Abs. 8 StPO gebildet haben, demzufolge die Verständigung des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Vollzugsgericht von der Beschlußfassung über die Probezeitverlängerung unterlassen wurde.

Die Gesetzesverletzungen waren festzustellen. Der Beschluß über die Endgültigkeit der bedingten Entlassung ist rechtswirksam (SSt. 56/18, EvBl. 1989/64). Er hat zum Vorteil des Verurteilten die - an sich gesetzmäßige - Probezeitverlängerung gegenstandslos gemacht (vgl. auch 13 Os, 3,4/91). Von dieser Rechtslage ist das Strafregisteramt durch das Landesgericht für Strafsachen Wien in Kenntnis zu setzen.

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