European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0140OS00125.23Y.1206.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Fachgebiet: Grundrechte
Spruch:
Die Grundrechtsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe:
[1] Mit Beschluss vom 8. September 2023 setzte das Landesgericht für Strafsachen Graz die über den Angeklagten am 31. Mai 2023 verhängte (ON 127) Untersuchungshaft aus dem Haftgrund der Fluchtgefahr nach § 173 Abs 2 Z 1 StPO fort (ON 147).
Rechtliche Beurteilung
[2] Dagegen erhob der Angeklagte in der Haftverhandlung am 8. September 2023 Beschwerde (ON 146 S 2) und führte diese mit am 15. September 2023 eingebrachtem Schriftsatz inhaltlich aus (ON 149).
[3] Der Beschwerde gab das Oberlandesgericht Graz mit dem angefochtenen Beschluss keine Folge und setzte die Untersuchungshaft ebenfalls aus dem Haftgrund der Fluchtgefahr nach § 173 Abs 2 Z 1 StPO fort. Zugleich beschloss das Beschwerdegericht (wie bereits zuvor das Erstgericht) die Aufhebung der Untersuchungshaft gegen Leistung einer Kaution von 20.000 Euro und Ablegung des Gelöbnisses nach § 173 Abs 5 Z 1 StPO (ON 152).
[4] Mit der dagegen fristgerecht eingebrachten Grundrechtsbeschwerde bekämpft der Angeklagte die Annahme des Haftgrundes der Fluchtgefahr und die Höhe der Kaution (ON 157).
[5] Da der Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels auf die – nicht begründungspflichtige – (Haft-)Beschwerde keine Anwendung findet, ist die Erstattung von Rechtsmittelvorbringen nach Ablauf der dreitägigen, durch die Verkündung des Beschlusses ausgelösten Rechtsmittelfrist (§ 176 Abs 5 StPO) zulässig. Das Oberlandesgericht hat daher bei seiner Entscheidung sich daraus ergebende Neuerungen zu berücksichtigen (§ 89 Abs 2b erster Satz StPO).
[6] Zufolge der von § 1 Abs 1 GRBG verlangten „Erschöpfung des Instanzenzuges“ sind im Verfahren über die Grundrechtsbeschwerde aber nur jene Argumente iSd § 3 Abs 1 GRBG beachtlich, die innerhalb der Beschwerdefrist des § 176 Abs 5 StPO auf die von § 88 Abs 1 zweiter Satz StPO vorgeschriebene Weise vorgetragen wurden (vgl RIS‑Justiz RS0114487 [T19, T21]; Kier in WK² GRBG § 1 Rz 42).
[7] Da der Angeklagte die im Rahmen der Grundrechtsbeschwerde vorgebrachten, bereits im Beschwerdeverfahren vor dem Oberlandesgericht relevanten Argumente nicht innerhalb der angesprochenen dreitägigen Frist gegenüber dem Oberlandesgericht geltend gemacht hat, waren sie – mangels (inhaltlicher) Ausschöpfung des Instanzenzugs – nicht zu berücksichtigen (vgl zuletzt 12 Os 99/23k).
[8] Daraus folgt die Zurückweisung der Grundrechtsbeschwerde ohne Kostenzuspruch (§ 8 GRBG).
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