Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der nunmehr 49-jährige Postoberoffizial Johannes T*** des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er in der Zeit vom 29.September bis zum 15.Oktober 1987 in Wolfsberg als mit der Zustellung von Postsendungen betrauter Beamter des Postamtes Wolfsberg mit dem Vorsatz, die Absender an ihrem Recht auf bestimmungsgemäße Zustellung der von Postkunden aufgegebenen Sendungen zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, dadurch wissentlich mißbraucht, daß er insgesamt
2.400 Massensendungen (Werbematerial verschiedener Firmen - vgl. US 2, 5) nicht zustellte, sondern am Postamt zurückließ bzw. in einem Depotkasten ablegte.
Rechtliche Beurteilung
Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit einer auf die Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der schon in Ansehung des geltend gemachten Feststellungsmangels zur subjektiven Tatseite Berechtigung zukommt.
Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen (US 3 ff) hat der Angeklagte als Postzusteller von den während des in Rede stehenden Zeitraums an 11 Tagen (insgesamt) angefallenen 16, von ihm an 370 Haushalte zuzustellenden (vgl. US 5, 6 iVm S 7, 21, 27, 60) Massensendungen (ohne Anschrift - § 17 Abs. 5 Z 3 der Anlage 1 zum PostG) verschiedener Firmen jeweils 150 (demnach insgesamt 2.400) Stück nicht expediert, sondern diese in dem für ihn eingerichteten Depotkasten (vgl. S 74) zurückgelassen (US 5). Diese Sendungen wollte der geistig schwerfällige und "vegetativ labile" Angeklagte "nach Antritt seines" - seit Ende September bzw. Anfang Oktober 1987 wegen einer gesundheitlichen Krise (mit einer Gewichtsabnahme von "etwa 7 kg") angestrebten, am "8. oder 9. Oktober 1987" durch einen für den 14.Oktober 1987 im Einvernehmen mit seinem Vorgesetzten in Aussicht genommenen, über dessen Ersuchen jedoch dann (noch einmal) auf den 16.Oktober 1987 verschobenen Arztbesuch erreichten - "Krankenstandes ab 16.Oktober 1987 austragen", wobei "ihm bewußt war, daß diese Sendungen in der Zwischenzeit liegen bleiben würden" (US 5) und "daß er mit seinen Tathandlungen etwas Strafbares tue, mindestens aber ein Dienstvergehen begehe, und dies dennoch bewußt in Kauf genommen" hat (US 8; siehe auch S 23, 29).
Zu Recht wendet die Beschwerde ein, daß diese Feststellungen ein Handeln des Angeklagten (auch) mit dem Vorsatz, "die Absender an ihrem Recht auf bestimmungsgemäße Zustellung der von Postkunden aufgegebenen Sendungen zu schädigen" (siehe Urteilsspruch US 1), nicht abdecken.
Der subjektive Tatbestand des Verbrechens nach § 302 Abs. 1 StGB erfordert zunächst, daß der Befugnismißbrauch wissentlich (§ 5 Abs. 3 StGB) erfolgt. Darüber hinaus muß aber der wissentliche Mißbrauch vom Vorsatz (§ 5 Abs. 1 StGB) des Täters getragen sein, hiedurch einen anderen an seinen Rechten zu schädigen, wofür bedingter Vorsatz genügt (vgl. Leukauf-Steininger Komm.2 § 302 RN 30). Eine Schädigung von Absendern durch verspätete Zustellung der von ihnen zur Post gegebenen Massensendungen ist zwar an sich denkbar; in subjektiver Hinsicht bedarf es aber ausdrücklicher Feststellungen in die Richtung, daß der Angeklagte eine derartige Schädigung durch die nicht zeitgerechte Zustellung der tatgegenständlichen Massensendungen ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden hat. Tragfähige Konstatierungen darüber sind den Urteilsgründen nicht zu entnehmen, und zwar auch nicht unter Berücksichtigung der Ausführungen im Rahmen der rechtlichen Beurteilung, wonach "der Angeklagte seine Tathandlungen mit dem entsprechenden Vorsatz durchführte" (US 10), weil sich diese - im Kontext mit den bereits zitierten Urteilspassagen (US 5 und 8) - ersichtlich nur auf die Wissentlichkeit des Befugnismißbrauchs beziehen und für sich allein nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit erkennen lassen, daß dem Beschwerdeführer die mit seinem (wissentlichen) Befugnismißbrauch verbundene Schädigung anderer an ihren Rechten (mit-)bewußt gewesen ist (vgl. hiezu Leukauf-Steininger aaO § 5 RN 3).
Der dem angefochtenen Urteil im bezeichneten Belang anhaftende Feststellungsmangel läßt eine abschließende rechtliche Beurteilung des Tatverhaltens des Angeklagten nicht zu. Da sohin eine Verfahrenserneuerung in erster Instanz unumgänglich ist, war nach Anhörung der Generalprokuratur schon bei einer nichtöffentlichen Beratung wie im Spruch zu erkennen (§ 285 e StPO), ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen eingegangen zu werden braucht. Mit seiner durch die Aufhebung des Strafausspruchs gegenstandslos gewordenen Berufung war der Angeklagte auf die getroffene Entscheidung zu verweisen.
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