OGH 14Os121/93

OGH14Os121/9327.7.1993

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. Juli 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachner, Hon.Prof.Dr.Brustbauer, Dr.Hager und Dr.Schindler als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kobinger als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Cristian T***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 1. Juni 1993, GZ 2 c Vr 5181/93-24, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Schuldberufung werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die (Straf-)Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien übermittelt.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der rumänische Donauschiffer Cristian T***** wurde des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB schuldig erkannt, weil er am 19. April 1993 in Wien Veronika H***** mit Gewalt zur Duldung des Beischlafs genötigt hat, indem er sie mit beiden Händen an der Oberkleidung packte, sie in den Wohnschlafraum ihrer Wohnung drängte, sie an den Haaren erfaßte und zu Boden riß, ihr Schläge ins Gesicht versetzte, sie am Hals würgte, ihr die Unterbekleidung herunterriß und einen Geschlechtsverkehr durchführte.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte macht Nichtigkeit des Urteils nach § 281 Abs 1 Z 5, 5 a und 11 StPO geltend.

Er ist jedoch nicht im Recht.

Das Wesen der Aktenwidrigkeit (Z 5) verkennt er, wenn er sich einerseits gegen Feststellungen über die Zeitspanne, in der die Rückkunft des Gatten des Tatopfers in die eheliche Wohnung zu erwarten war, und andererseits gegen die Überlegungen des Schöffengerichts wendet, daß Veronika H*****, für den Fall ihres Interesses an außerehelichen Beziehungen, nicht einen verschmutzten, alkoholisierten, ihr völlig unbekannten und der deutschen Sprache nicht mächtigen Ausländer angesprochen hätte. Denn mit den getroffenen Feststellungen bzw. Überlegungen wird keineswegs der Inhalt einer Urkunde oder Aussage unrichtig wiedergegeben (Mayerhofer/Rieder**n ENr 185, 191 zu § 281 Z 5 StPO).

Der an sich zutreffende Beschwerdeeinwand, die Aussage der Veronika H***** (S. 122, 127) in der Hauptverhandlung liefere - entgegen der erstgerichtlichen Beweiswürdigung (S 147) - Hinweise, daß sie von ihrem Gatten geschlagen werde und (u.a.) "blaue Flecken" aufwies, betrifft nach Lage des Falles keine entscheidende Tatsache, weil die verfahrensrelevanten, anders gearteten und amtsärztlich festgestellten Verletzungen (Kratzspuren an der rechten Halsseite, Hautabschürfungen im Gesicht, Prellung der linken Gesichtshälfte) nach den unbekämpften Urteilsannahmen "frisch" (S. 147) waren und damit - in Übereinstimmung mit der diesbezüglichen Aussage des Tatopfers - jedenfalls nicht im Zusammenhang mit etwaigen früheren Aggressionshandlungen des Ehegatten gestanden sein können.

Ihre belastenden Angaben vor der Polizei hat Veronika H***** auch als Zeugin vor Gericht eingangs ihrer Befragung ausdrücklich aufrechterhalten (S 119). Soweit sie in der nachfolgenden Schilderung des Geschehens jedoch davon abwich, hat dies das Schöffengericht im Urteil nicht unerwähnt gelassen (US 8 f) und hervorgehoben, daß sich die Aussagen im wesentlichen decken. Eine weitere Auseinandersetzung mit den von der Beschwerde nunmehr zitierten Inkonstantheiten in den Angaben der Veronika H*****, die überdies nicht das unmittelbare Tatgeschehen betreffen, war damit in Anbetracht des Gebotes der gedrängten Abfassung der Urteilsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) entbehrlich.

Der nach globalem Vorhalt der Angaben des Cristian T***** im Protokoll enthaltene Satz der Zeugin H*****: "Das ist richtig" geht angesichts der dieser Äußerung - im signifikanten Widerspruch zur Aussage des Angeklagten - vorangehenden und nachfolgenden Schilderung des Tatgeschehens durch die genannte Zeugin ersichtlich auf einen Protokollierungs-(Auslassungs-)fehler zurück. Die im Rechtsmittel teilweise wiedergegebene Verantwortung des Angeklagten hat das Schöffengericht ausdrücklich als unglaubwürdig gewertet. Ihre Wiederholung in der Beschwerde zeigt keinen Begründungsmangel auf.

Aus den Akten ergeben sich (u.a.) in Anbetracht der von der Zeugin H***** geschilderten Aggressionshandlungen des Angeklagten und der objektivierten Verletzungsfolgen keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen (Z 5 a), insbesonders auch nicht gegen die von den Tatrichtern verneinte Annahme eines bloßen Scheinwiderstandes des Tatopfers.

Soweit sich der Beschwerdeführer schließlich einerseits gegen die Verweigerung teilbedingter Strafnachsicht und andererseits gegen die Nichtannahme weiterer von ihm genannter Milderungsgründe wendet, bringt er den diesbezüglich angezogenen Nichtigkeitsgrund (Z 11) nicht zur gesetzmäßigen Darstellung. Denn er macht damit weder eine rechtsfehlerhafte Bewertung von festgestellten Strafzumessungstatsachen, noch einen Verstoß gegen allgemeine Strafbemessungsgrundsätze, sondern bloß eine nicht sachgerechte Ermessensausübung des Erstgerichts geltend (RZ 1989/19, 15 Os 146/88, 15 Os 43/90 u.a.).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung gemäß § 285 d Abs 1 StPO zurückzuweisen. Zurückzuweisen war auch die ausdrücklich angemeldete (S. 137, ON 133) Schuldberufung, weil ein solches Rechtsmittel gegen Urteile eines Schöffengerichts nicht zusteht (§§ 280, 283 StPO).

Über die (Straf-)Berufung hat (gemäß §§ 285 i, 290 Abs. 1 letzter Satz StPO) das Oberlandesgericht Wien zu entscheiden.

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