Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der 45-jährige Miroslav V*** auf Grund des Wahrspruchs der Geschwornen (zu I/) des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB, (zu II/A) des Verbrechens der Notzucht nach § 201 Abs 1 StGB und (zu II/B) des Verbrechens des Zwanges zur Unzucht nach § 203 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er in Wien (zu I/) nachgenannten Personen durch Vorhalten eines Messers und durch die Drohung, er werde sie umbringen, sohin mit Gewalt gegen ihre Person und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben unter Verwendung einer Waffe fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz weggenommen und abgenötigt, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar
- 1. am 30.Mai 1987 Veronika W*** 1.000 S Bargeld;
- 2. am 23.Juni 1987 Brigitte F*** 400 S Bargeld und einen goldenen Anhänger in nicht mehr feststellbarem Wert;
- 3. am 30.Juli 1987 Sharon M*** 300 S Bargeld und
- 4. am 5.August 1987 Andrea S*** 800 S Bargeld, 20 Silbermünzen in einem Rauhlederbeutel, 5 Packungen Zigaretten, eine Füllfeder, einen Kugelschreiber der Marke Harrison und einen goldenen Damenring mit Rubin und Brillanten in nicht mehr feststellbarem Wert; (zu II/) Personen weiblichen Geschlechts mit Gewalt gegen ihre Person und durch gegen sie gerichtete Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben widerstandsunfähig gemacht und in diesem Zustand (A) zum außerehelichen Beischlaf mißbraucht und überdies (B) zu Unzuchtshandlungen mißbraucht, und zwar
- 1. am 30.Mai 1987 Veronika W***;
- 2. am 23.Juni 1987 Brigitte F***;
- 3. am 30.Juli 1987 Sharon M*** und
- 4. am 5.August 1987 Andrea S***.
Die Geschwornen hatten die anklagekonform an sie gerichteten Hauptfragen 1 bis 4 (nach schwerem Raub), 5 bis 8 (nach Notzucht) und 9 bis 12 (nach Zwang zur Unzucht) jeweils stimmeneinhellig bejaht.
Rechtliche Beurteilung
Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 6 und 8 des § 345 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Die aus dem erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund erhobene Rüge, der Schwurgerichtshof habe die Vorschriften über die Fragestellung deshalb verletzt, weil er zu den Fakten I/1 bis 4, zumindest aber zu den Fakten I/2 und 4 keine Eventualfragen in Richtung einfachen Raubes nach § 142 Abs 1 StGB gestellt hat, wiewohl diese durch die Verantwortung des Beschwerdeführers und die Aussagen der Zeuginnen F*** und S*** indiziert gewesen seien, ist schon vom Ansatz her verfehlt. Denn die Stellung einer Eventualfrage ist nur zulässig, wenn es sich um solche rechtlich verschiedene Beurteilungen derselben Tat handelt, von denen diejenige, die der Hauptfrage zugrundeliegt, die in die Eventualfrage aufzunehmende ausschließt (vgl. Mayerhofer-Rieder StPO2 ENr. 15 zu § 314). Vorliegend lauteten die Hauptfragen 1 bis 4 jeweils auf Raub nach § 142 Abs 1 StGB, allerdings qualifiziert nach § 143 zweiter Fall StGB, während die reklamierten Eventualfragen hiezu gleichfalls auf Raub nach § 142 Abs 1 StGB, nur ohne diese Qualifikation, lauten sollten, mithin weder eine andere Erscheinungs- oder Täterschaftsform dieses Delikts noch gar ein anderes Delikt, sondern dieselbe rechtliche Beurteilung der Tat wie in den Hauptfragen zum Gegenstand haben sollten. Schon gar nicht kam, wie dies die Beschwerde vermeint, eine Eventualfrage darnach in Betracht, "ob die mitgeführte Waffe eine Waffe im technischen Sinn darstellt". Der Sache nach wendet sich der Beschwerdeführer vielmehr dagegen, daß der im Gesetz namentlich angeführte Erschwerungsgrund des § 143 zweiter Fall StGB nicht zum Gegenstand einer (uneigentlichen) Zusatzfrage (§ 316 StPO) gemacht, sondern in die jeweiligen Hauptfragen nach Raub aufgenommen worden ist, was indes keine Verletzung der Vorschriften über die Fragestellung bedeutet, weil der Schwurgerichtshof die Geschwornen ohnedies auf die Möglichkeit hingewiesen hat (siehe die allgemeine Rechtsbelehrung gemäß § 325 Abs 2 StPO StPO Form RMB 1 und den in der Spalte "Antwort" darauf Bezug nehmenden Vordruck für die an die Geschwornen zu richtenden Fragen StPO Form Prot 15), die Hauptfrage(n) nach Raub jeweils mit der Einschränkung bejahen zu können, daß die Tat ohne Verwendung eines Messers oder ohne Verwendung einer Waffe begangen worden sei (Mayerhofer-Rieder aaO ENr. 8 zu § 316). Darüber aber, was unter einer Waffe im Sinn des § 143 zweiter Fall StGB zu verstehen ist, wurden die Geschwornen in der schriftlichen Rechtsbelehrung durchaus zureichend und richtig informiert, wobei sie auch darauf hingewiesen wurden, daß die Waffe weder "mörderisch sein" noch "im Waffengesetz aufgezählt" sein muß (S 3 der Rechtsbelehrung).
Nicht im Recht ist die Beschwerde des weiteren, soweit sie aus der Z 8 des § 345 Abs 1 StPO rügt, die Geschwornen seien in der Rechtsbelehrung darüber im unklaren gelassen worden, daß das Vortäuschen des Besitzes einer Waffe oder Erwecken der unrichtigen Annahme, es werde eine Waffe verwendet, dem § 143 zweiter Fall StGB nicht genügt. Enthält die Rechtsbelehrung doch den Hinweis, daß das bloße Mitführen einer Waffe ohne tatsächliche Verwendung zur Herstellung der Qualifikation des zweiten Falle des § 143 StGB nicht ausreicht, wobei zusätzlich erklärt wird, daß eine Waffe im Sinne der bezogenen Gesetzesstelle dann verwendet wird, wenn sie bei der Gewaltanwendung oder bei der Drohung zum Einsatz gelangt, sohin dem Opfer bewußt wird (S 4 der Rechtsbelehrung), womit auch jenen Fallkonstellationen Rechnung getragen wurde, die der Beschwerdeführer ins Treffen führt.
Die Rechtsbelehrung ist aber auch nicht, wie die Beschwerde vermeint, deshalb in einer Unrichtigkeit bewirkenden Weise unvollständig geblieben, weil sie zu den Hauptfragen 5 bis 12 (wegen Notzucht und Zwang zur Unzucht) "die Auseinandersetzung der die subjektive Tatseite betreffenden Erfordernisse" vermissen lasse. Der Schwurgerichtshof hat bei der Erklärung der Begriffe Gewalt und Drohung im Rahmen der Sittlichkeitsdelikte auf die diesbezüglichen Ausführungen zum Raub verwiesen (S 4, 5 der Rechtsbelehrung). Dort wird die Notwendigkeit vorsätzlichen Handelns ausdrücklich betont, des weiteren in einer auch für den Laien verständlichen Weise ganz allgemein erläutert, was Vorsatz bedeutet und daher auch erklärt, daß Gewalt und Drohung vorsätzlich eingesetzt werden müssen (S 1 bis 3 der Rechtsbelehrung), um - bezogen auf die Hauptfragen 5 bis 12 - das Opfer widerstandsunfähig zu machen und in diesem Zustand zum außerehelichen Beischlaf bzw. zur Unzucht zu mißbrauchen (S 4, 5 der Rechtsbelehrung). Da die Rechtsbelehrung von den Geschwornen stets als Ganzes zur Kenntnis zu nehmen und daher als Einheit und nicht nach ihren Teilstücken zu betrachten ist (Mayerhofer-Rieder aaO ENr. 49, 50 zu § 345 Z 8), liegt demnach eine einer Unrichtigkeit gleichzuhaltende Unvollständigkeit der in Rede stehenden Rechtsbelehrung nicht vor.
Die Nichtigkeitsbeschwerde ist demnach in keiner Richtung hin berechtigt, weshalb sie zu verwerfen war.
Das Geschwornengericht verurteilte den Angeklagten nach dem
1. Strafsatz des 143 StGB unter Anwendung des § 28 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 14 (vierzehn) Jahren. Dabei wertete es als erschwerend das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen sowie die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Vorstrafen, als mildernd hingegen das Geständnis sowie die teilweise objektive Schadensgutmachung.
Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte die Herabsetzung der Strafe an.
Auch diesem Rechtsmittel kommt keine Berechtigung zu. Zu den vom Geschwornengericht im übrigen zutreffend festgestellten Strafzumessungsgründen kommt als weiterer erschwerender Umstand die mehrmalige Wiederholung der strafbaren Handlungen hinzu. Entgegen der Meinung des Berufungswerbers kann keineswegs davon die Rede sein, daß die Tathandlungen erheblich hinter dem deliktstypischen Störtwert zurückbleiben; im Gegenteil, die Art der jeweiligen Tatbegehung und die mehrfache Wiederholung der Straftaten lassen vielmehr die Schuld des - mehrfach einschlägig vorbestraften - Berufungswerbers als besonders schwer erscheinen und charakterisieren den Berufungswerber als einen Straftäter, der sich immer wieder in gravierender Weise über die rechtlich geschützten Werte anderer hinwegsetzt. So gesehen erweist sich aber - trotz des Geständnisses des Berufungswerbers - das in erster Instanz gefundene Strafmaß als schuldangemessene Reaktion auf das verbrecherische Verhalten des Angeklagten.
Insgesamt war somit über die Rechtsmittel spruchgemäß zu erkennen.
Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)