Spruch:
Das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 1.März 1995, AZ 6 Bs 54/95 (= ON 19), verletzt das Gesetz in den Bestimmungen der §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 StGB.
Dieses Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, wird im Ausspruch über die rechtliche Beurteilung der Tat als das Vergehen des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs 1 Z 1 StGB, demgemäß auch im Strafausspruch, aufgehoben und es wird - unter Neufassung des Schuldspruchs - in der Sache selbst erkannt:
Heinrich M***** hat am 1.August 1994 in Innsbruck eine verfälschte öffentliche Urkunde, nämlich die von der Stadt Innsbruck ausgestellte Anwohnerparkkarte Nr PW 1593/93, an der das Gültigkeitsdatum vom 6. Mai 1994 auf 6.Mai 1995 verändert worden war, im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, nämlich der ihm gemäß § 45 Abs 4 StVO erteilten Ausnahmebewilligung, gebraucht.
Er hat hiedurch das Vergehen der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs 2, 224 StGB begangen und wird hiefür nach §§ 37 Abs 1, 224 StGB zu einer Geldstrafe von 50 (fünfzig) Tagessätzen, für den Fall der Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 25 (fünfundzwanzig) Tagen, verurteilt.
Der Tagessatz wird mit 300 S (dreihundert Schilling) festgesetzt.
Gemäß § 43 Abs 1 StGB wird die Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von 3 (drei) Jahren bedingt nachgesehen.
Text
Gründe:
Heinrich M***** wurde mit Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 2. November 1994, GZ 22 Vr 2.581/94-9, des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 StGB schuldig erkannt, weil er im Mai 1994 in Innsbruck mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Verantwortliche der Stadt Innsbruck durch Anbringung seiner Anwohnerparkkarte Nr PW 1593/93, an der er das Gültigkeitsdatum vom 6.Mai 1994 auf 6.Mai 1995 eigenhändig verändert hatte, mithin durch Täuschung über Tatsachen, zur kostenlosen Zurverfügungstellung von Parkraum in der Zeit vom 6.Mai 1994 bis 1.August 1994 verleitet hat, wodurch die Stadt Innsbruck und die Republik Österreich an ihrem Vermögen mit einem Betrag von 980 S geschädigt wurden.
Mit Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 1.März 1995, AZ 6 Bs 54/95 (= ON 19), wurde dieses Urteil in teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsberufung des Angeklagten aufgehoben und ein Schuldspruch wegen des Vergehens des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs 1 Z 1 StGB gefällt, weil zugunsten des Angeklagten angenommen wurde, daß die inkriminierte Fälschung der Anwohnerparkkarte schon anläßlich der ersten Fahrzeugkontrolle entdeckt worden war; der vom Vorsatz des Angeklagten erfaßte Schaden wurde mit 180 S, das ist die Parkgebühr von je 60 S für die Monate Juni bis August 1994 beziffert.
Rechtliche Beurteilung
Die rechtliche Beurteilung (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO) des festgestellten Sachverhaltes als Vergehen des (versuchten) schweren Betruges findet - wie der Generalprokurator in seiner deswegen erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend aufzeigt - im Gesetz keine Deckung.
§ 1 Abs 1 des Tiroler KurzparkzonenabgabeG ermächtigt die Gemeinden, für das Parken von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen eine Abgabe zu erheben, die gemäß § 5 Abs 1 dieses Gesetzes mit dem Beginn des Parkens, in den Ausnahmefällen einer Bewilligung nach § 45 Abs 2 und Abs 4 StVO mit dem Eintritt der Rechtskraft des Bewilligungsbescheides fällig wird. Wer durch Handlungen oder Unterlassungen diese Abgabe hinterzieht oder verkürzt, begeht gemäß § 6 Abs 1 lit a des genannten Gesetzes eine (von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 3.000 S zu bestrafende) Verwaltungsübertretung. Die auf dieser gesetzlichen Ermächtigung beruhende Innsbrucker KurzparkzonenabgabeVO legt bestimmte Straßenzüge fest, in denen das Parken während bestimmter Zeiten abgabepflichtig ist; ein diese Abgabe hinterziehendes oder verkürzendes Verhalten ist gemäß § 6 lit a dieser Verordnung als Verwaltungsübertretung gemäß § 6 des Tiroler KurzparkzonenabgabeG zu bestrafen. Eine Subsidiaritätsklausel, wonach diese Strafbestimmung nicht anzuwenden ist, wenn die Tat eine von den Gerichten zu verfolgende strafbare Handlung begründet, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Daraus folgt, daß das Tiroler KurzparkzonenabgabeG hinsichtlich des die Hinterziehung oder Verkürzung der in Rede stehenden Abgabe bewirkenden Verhaltens eine umfassende Strafbarkeitsregelung enthält, die jeden in diese Richtung zielenden Verstoß, mag er auch mit dem Begehungsmittel der Täuschung über Tatsachen begangen worden sein, abschließend pönalisiert; wenn dem Angeklagten sohin zur Last gelegt wird, sein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einer Kurzparkzone geparkt und die Entrichtung der vorgeschriebenen Abgabe nur vorgetäuscht zu haben, wird der Unrechtsgehalt dieses Verhaltens von dem als speziellere Norm dem Betrugstatbestand insoweit vorgehenden Verwaltungsstraftatbestand nach § 6 lit a der Innsbrucker KurzparkzonenabgabeVO (iVm § 6 Abs 1 lit a Tiroler KurzparkzonenabgabeG) voll erfaßt, weshalb eine darüber hinausgehende Ahndung wegen Betruges nicht in Betracht kommt.
Die selbständige Strafbarkeit des dem Angeklagten nach dem Urteilssachverhalt anzulastenden Gebrauches der von ihm hinsichtlich der Gültigkeitsdauer manipulierten amtlichen Anwohnerparkkarte, sohin einer verfälschten inländischen öffentlichen Urkunde im Rechtsverkehr zum Beweis seiner Parkberechtigung wird hiedurch nicht berührt; die Verletzung des gesondert geschützten Rechtsgutes der Zuverlässigkeit von Urkunden ist somit, da die speziellere Bestimmung des sogenannten Urkundenbetruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 StGB nach dem Gesagten nicht zum Tragen kommt, dem eigenständigen Tatbestand nach §§ 223 Abs 2, 224 StGB zu unterstellen.
Da die aufgezeigte Gesetzesverletzung dem Angeklagten zum Nachteil gereicht, war sie gemäß §§ 288 Abs 2 Z 3, 292 letzter SatzStPO zu korrigieren, wobei von einer ausdrücklichen Feststellung der Gesetzwidrigkeit auch der erstinstanzlichen Subsumtion im Hinblick darauf Abstand genommen wurde, daß diese zufolge der ergangenen Berufungsentscheidung ohnedies nicht mehr aktuell war.
Bei der Strafneubemessung - einer Anwendung der in der Äußerung zur Nichtigkeitsbeschwerde reklamierten Bestimmung des § 42 StGB stehen generalpräventive Überlegungen entgegen - fiel als erschwerend kein Umstand ins Gewicht. Als mildernd waren das Geständnis des Angeklagten, sein bisheriger ordentlicher Lebenswandel und die Tatsache, daß es beim Versuch geblieben ist, zu werten. Eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen entspricht der unrechtsbezogenen Täterschuld des Angeklagten, die mit 300 S bestimmte Höhe des Tagessatzes seinen persönlichen Verhältnissen und seiner vom Obersten Gerichtshof überprüften wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Der Ausspruch über die bedingte Strafnachsicht folgt schon aus dem Verschlimmerungsverbot.
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