OGH 14Os113/04

OGH14Os113/0416.11.2004

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. November 2004 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Hon. Prof. Dr. Ratz, Dr. Philipp und Hon. Prof. Dr. Schroll als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Diewok als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Helga L***** wegen des in der Entwicklungsstufe des Versuchs (§ 15 StGB) verbliebenen Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB als Beteiligte nach § 12 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt als Schöffengericht vom 21. Jänner 2004, GZ 8 Hv 167/03p-16, nach Anhörung des Generalprokurators in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Der Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch einen rechtskräftigen Teilfreispruch enthaltenden Urteil wurde Helga L***** des in der Entwicklungsstufe des Versuchs (§ 15 StGB) verbliebenen Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB als Beteiligte nach § 12 zweiter Fall StGB verurteilt, weil sie am 27. März 2003 in Parndorf RI Kurt B***** durch die Aufforderung, er möge den Alkomattest an ihrem Ehemann Mag. Gerald L***** nicht durchführen, dessen positives Ergebnis nicht der Verwaltungsbehörde anzeigen und ihrem Ehemann den Führerschein nicht abnehmen, einen Gendarmeriebeamten mit dem Vorsatz, die Republik Österreich an ihrem konkreten Recht auf Einhaltung des Verfahrens und auf Ausschluss alkoholbeeinträchtigter Lenker vom Straßenverkehr zu schädigen, zu bestimmen versucht hatte, seine Befugnis im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich zu missbrauchen.

Rechtliche Beurteilung

Die von der Angeklagten dagegen aus § 281 Abs 1 Z 4 und 5 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl.

Durch die Abweisung nachstehender Beweisanträge wurden - der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider - keine Verteidigungsrechte beeinträchtigt.

Den Anträgen auf Beischaffung und Verlesung des Aktes 300-4655-2003 der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See sowie auf Vernehmung des Anzeigeverfassers Insp. W***** zum Nachweis dafür, "dass die Zeugen B***** und K***** gravierend widersprechende Angaben im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren gemacht haben und demzufolge die neuerliche Einvernahme der beiden Zeugen zwecks Vorhalt dieser Widersprüche erforderlich sei" (S 242 f), fehlt die für die Tauglichkeitsprüfung notwendige Konkretisierung, welche entscheidungserheblichen Umstände durch die beantragte Beweisaufnahme bewiesen werden sollten (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 327).

Die beantragte Vornahme eines Lokalaugenscheins zum Beweis, "dass sich neben der Autobahn kein Güterweg befindet" (S 242), und Einholung des Tonbandprotokolles der Bezirksleitzentrale Neusiedl am See "zur Feststellung genauer Zeitpunkte der eingehenden Anrufe" (S 243) unterblieben zu Recht, weil sie sich auf ein der angeklagten Tat nachfolgendes, für die Lösung der Schuldfrage irrelevantes Geschehen beziehen.

Die Einholung eines ärztlichen Gutachtens zur Dispositions- und Diskretionsunfähigkeit der Angeklagten "unter Bedachtnahme auf die von ihr angegebenen Konsummengen" (S 243) war nicht notwendig, weil die Tatrichter ihrer in der Hauptverhandlung abgeänderten Verantwortung hinsichtlich einer höheren Trinkmenge keinen Glauben schenkten (US 8 f; WK-StPO § 281 Rz 342).

Die zu den Beweisanträgen erstatteten Nachträge im Rechtsmittel sind zufolge des Neuerungsverbotes unzulässig (WK-StPO § 281 Rz 325). Zu welchem Zeitpunkt sich die Angeklagte als angebliche "Kollegin" ausgab, ist - der Mängelrüge (Z 5) zuwider - rechtlich irrelevant. Die festgestellten Bestimmungsaktivitäten finden in den aktenkonform verwerteten Depositionen des Zeugen RI B***** beweismäßige Deckung (US 6, 7 iVm S 111 ff, 217 ff).

Indem die Angeklagte schon die abstrakte Möglichkeit der Bestimmung eines Beamten zum Amtsmissbrauch in Abrede stellt (inhaltlich Z 9 lit a), bekämpft sie der Sache nach das Gesetz.

Das weitere Vorbringen, in welchem die Nichtigkeitswerberin überhaupt tatbildliche Bestimmungshandlungen negiert, übergeht die bezüglichen Urteilsfeststellungen (US 4 f).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme des Generalprokurators, jedoch entgegen einer dazu gemäß § 35 Abs 2 StPO erstatteten Äußerung - schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofs zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO). Die Kostenentscheidung ist in § 390a Abs 1 StPO begründet.

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