Spruch:
Das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg als Berufungsgericht vom 24. November 2003, AZ 90a Bl 74/03 (ON 41), verletzt § 19 Abs 2 StGB. Dieses Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, wird im Umfang der Festsetzung der Höhe des einzelnen Tagessatzes aufgehoben und dem Landesgericht Korneuburg aufgetragen, betreffend die Höhe des Tagessatzes erneut über die Berufung der Anklagebehörde zu entscheiden.
Text
Gründe:
Mit Urteil des Bezirksgerichtes Zistersdorf vom 23. Juli 2003, GZ 6 U 20/02d-30, wurde der Landwirt Franz T***** (im zweiten Rechtsgang abermals) dreier Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe von dreißig Tagessätzen zu je 45 Euro verurteilt. Unter ausdrücklicher Heranziehung der „Aufstellungen der Landwirtschaftskammer" (gemeint waren hiermit die aus S 193 ff ersichtlichen „Buchführungsergebnisse aus der österreichischen Landwirtschaft im Jahr 2001") legte das Gericht im Hinblick auf die vom Angeklagten bewirtschafteten Eigen- und Pachtgründe der Bemessung des Tagessatzes ein monatliches Einkommen von zumindest 2.650 Euro zugrunde (S 265). Eine von ihm angegebene jährliche EU-Ausgleichszahlung von 42.000 Euro fand bei der Bemessung des Einkommens keine Berücksichtigung (S 267).
In ihrer unter anderem auch gegen die festgesetzte Tagessatzhöhe gerichteten Strafberufung rügte die Staatsanwaltschaft die „nicht nachvollziehbare" Nichtberücksichtigung der EU-Ausgleichszahlung von rund 42.000 Euro, weil diese Gelder in den vom Erstgericht herangezogenen landwirtschaftlichen Buchführungsergebnissen ausdrücklich als „Teil der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (S 203, zweiter Absatz)" bezeichnet werden. Dass eben diese Buchführungsergebnisse ebenso ausdrücklich ersichtlich machen, dass alle aus öffentlicher Hand (EU, Bund, Länder und Gemeinden) stammenden Mittel schon bei der Auflistung des landwirtschaftlichen Einkommens Berücksichtigung gefunden haben (S 199 Spalte 282 und 283 iVm Erläuterung S 203; vgl dazu auch die im Nachhinein ausgeholte Auskunft S 325), wurde von der Anklagebehörde nicht beachtet. Aufgrund einer auch gegen die Bestimmung der Höhe des Tagessatzes gerichteten Berufung der Staatsanwaltschaft wegen Strafe stellte das Berufungsgericht die dem Angeklagten zugekommene EU-Ausgleichszahlung von rund 42.000 Euro als weiteres (Netto-)Einkommen fest. Ausgehend von diesen so korrigierten Einkommensverhältnissen erhöhte das Landesgericht Korneuburg in Stattgebung der Berufung der Staatsanwaltschaft mit Urteil vom 24. November 2003, AZ 90a Bl 74/03 (ON 41 des U-Aktes), den Tagessatz von 45 Euro auf 200 Euro.
Rechtliche Beurteilung
Wie der Generalprokurator in seiner Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend aufzeigt, verletzt die angeführte Entscheidung des Landesgerichtes Korneuburg das Gesetz. Gemäß § 19 Abs 2 StGB ist der Tagessatz nach den persönlichen Verhältnissen und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Rechtsbrechers im Zeitpunkt des Urteils erster Instanz zu bemessen. Dabei hat das Gericht zunächst aufgrund vorliegender Beweisergebnisse die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Täters objektiv festzustellen und sodann in einer Ermessensentscheidung das Nettoeinkommen im Sinn des sogenannten Einbußeprinzips bis auf einen dem Existenzminimum nahekommenden Betrag abzuschöpfen (Lässig in WK2 § 19 Rz 8 ff).
Vorliegend hat das Landesgericht Korneuburg anlässlich der Erledigung der Strafberufung der Anklagebehörde das Nettoeinkommen des Angeklagten eigenständig (Ratz, WK-StPO § 473 Rz 3, § 295 Rz 2) ermittelt, dabei jedoch in Missachtung des Inhalts der (u.a.) ausdrücklich als Ermittlungsgrundlage herangezogenen „Buchführungsergebnisse" eine dem Angeklagten zukommende EU-Ausgleichszahlung zweifach in Rechnung gestellt. Dieser - die Festsetzung eines überhöhten Tagessatzes bedingende - Vorgang der willkürlichen Feststellung eines objektiv falschen Nettoeinkommens verletzt § 19 Abs 2 StGB.
Da das Berufungsgericht die Tatfrage des zu Grunde zu legenden Nettoeinkommens in rechtlich zu beanstandender Weise, nämlich willkürlich gelöst hat, bedarf es zur Behebung des dem Angeklagten zum Nachteil gereichenden Vorgangs nicht der analogen Anwendung der Bestimmungen über die außerordentliche Wiederaufnahme nach § 362 StPO, die auch hinsichtlich einer Entscheidung in der Sanktionsfrage grundsätzlich zulässig wäre (Ratz, WK-StPO § 292 Rz 7 und 16) und die dem Obersten Gerichtshof auch aus Anlass dieser Nichtigkeitsbeschwerde offen stünde (vgl SSt 2003/43). Die Gesetzesverletzung war nicht nur festzustellen, sondern auch das Urteil des Berufungsgerichtes im angeführten Umfang aufzuheben, weil die fehlerhafte Ermittlung der für die Bestimmung der Höhe des Tagessatzes maßgeblichen Grundlagen dem Angeklagten zum Nachteil gereicht.
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