Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß das Feststellungsbegehren für den Zeitraum vom 1.September 1984 bis 28. Februar 1985 abgewiesen wird. Im übrigen wird das angefochtene Urteil in der Hauptsache bestätigt.
"Die Kosten des Verfahrens erster Instanz werden gegeneinander aufgehoben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei 40 % der mit 15.148,70 S bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens, das sind 6.059,48 S (darin sind 15,20 S an Barauslagen und 549,48 S an Umsatzsteuer enthalten) binnen 14 Tagen zu ersetzen."
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 3.088,50 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der am 6. Dezember 1934 geborene Kläger begehrt der beklagten Partei gegenüber die Feststellung, er sei pensionsberechtigt im Sinne des Bundestheaterpensionsgesetzes, per 1. September 1984 in den zeitlichen Ruhestand zu versetzen und es sei ihm die nach dem Bundestheaterpensionsgesetz zustehende Pension im gesetzlichen Ausmaß seit 1. September 1984 auszuzahlen. Er begehrte ferner die Zahlung eines Betrages von 67.666,68 S brutto sA an Abfertigung. Die nach dem Kollektivvertrag für das technische Bühnenpersonal im Gesamtbereich der Bundestheater (KV) hiefür zuständige Kündigungskommission habe am 13. Juni 1984 wegen zahlreicher Krankenstände seine Kündigung zum 31. August 1984 ausgesprochen. Der vom Kläger beim Einigungsamt Wien eingebrachte Anfechtungsantrag sei abgewiesen worden. Sowohl "die Betriebsräte" als auch der Rechtsvertreter des Klägers hätten vergeblich dessen Versetzung in den zeitlichen Ruhestand beantragt. Der Kläger habe aber gemäß dem § 2 BThPG Anspruch auf Versetzung in den zeitlichen Ruhestand. Das Arbeitsverhältnis zur klagenden Partei sei daher nach wie vor aufrecht, weil die Kündigung infolge Vorliegens der Voraussetzungen für eine Versetzung in den zeitlichen Ruhestand unzulässig und daher rechtsunwirksam gewesen sei.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Der Kläger sei zu den näher angeführten Zeiten im Krankenstand gewesen. Die Krankenstände hätten in einem unvertretbaren Maße zugenommen, so daß eine Weiterverwendung für die beklagte Partei nachteilig gewesen wäre. Der Kläger habe selbst vor der Kündigungskommission auf seine andauernde Dienstunfähigkeit verwiesen. Ein Antrag auf Versetzung in den zeitlichen Ruhestand sei aber zunächst weder von ihm noch vom Betriebsrat gestellt worden. Der Kläger habe erst am 25. Februar 1985 erstmals einen solchen Antrag gestellt. Da das Dienstverhältnis in diesem Zeitpunkt bereits seit einem halben Jahr beendet gewesen sei, seien die Voraussetzungen für eine Versetzung in den Ruhestand nicht mehr vorgelegen.
Das Erstgericht gab dem Feststellungsbegehren statt und wies das Zahlungsbegehren ab. Es traf folgende wesentliche Feststellungen:
Der Kläger ist seit 18. Jänner 1971 als Bühnenarbeiter in der Staatsoper beschäftigt. Er war zunächst Tagesaushelfer, wurde am 1. April 1971 in ein provisorisches Dienstverhältnis und am 1.Juli 1972 in ein ständiges Dienstverhältnis übernommen. Im Jahr 1976 wurde ihm ein Verweis erteilt, weil seine Krankenstände zunahmen. Ab dem Spieljahr 1979/80 war er wieder öfters im Krankenstand. Im Spieljahr 1982/83 war er an 130 Tagen (vier Krankenstände) und im Spieljahr 1983/84 an 338 Tagen (zwei Krankenstände) arbeitsunfähig. Am 11.November 1982 erlitt er bei einem Arbeitsunfall Bandverletzungen im Bereich des Sprunggelenkes, die eine ambulante und schließlich eine stationäre Behandlung - auch wegen einer Thrombose - erforderten. In der Zeit vom 18.Juni bis 11.Juli 1984 befand er sich wegen einer Bandscheibenoperation in stationärer Behandlung. Vom 20.August 1983 bis 31.Jänner 1984 sowie vom 28. Februar 1984 bis 31.August 1984 war der Kläger ebenfalls im Krankenstand. Diese Krankenstände waren nicht durch Folgeerscheinungen des Arbeitsunfalls vom 11.November 1982 bedingt, doch wurde durch diesen Unfall das schon vorher bestehende Leiden (Venenentzündung, Thrombosen) richtungweisend verschlimmert. Der Kläger erlitt ferner Lungeninfarkte.
Die Direktion der Staatsoper nahm die Krankenstände des Klägers zum Anlaß, seine Kündigung vorzuschlagen. Der Betriebsrat wurde von der beabsichtigten Kündigung verständigt und gemäß dem § 30 KV die Kündigungskommission einberufen. Bei der Sitzung der Kündigungskommission am 13.Juni 1984 stellte der Betriebsratsvorsitzende Richard R*** den Antrag, den Kläger nach den Bestimmungen des Bundestheaterpensionsgesetzes in den Ruhestand zu versetzen. Noch vor der Abstimmung wurde erörtert, daß der Kläger "ein Fall für die Pension sei".
Die Kommission entschied in dieser Sitzung mit Stimmenmehrheit für die Kündigung zum 1.August 1984 (richtig: 31.August 1984). Diese Entscheidung wurde mit den zahlreichen Krankenständen des Klägers begründet, die eine Weiterbeschäftigung unzumutbar erscheinen ließen. Der Kläger hatte vor der Sitzung keinen Antrag auf Versetzung in den zeitlichen Ruhestand gestellt. Er focht die Kündigung beim Einigungsamt Wien an; sein Antrag wurde mit Bescheid vom 17.Dezember 1984 abgewiesen. Eine gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof blieb erfolglos. Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, der Kläger sei infolge der immer häufigeren und längerwährenden Krankenstände dauernd unfähig, seinen Dienst ordentlich zu versehen. Er habe einen seiner Fähigkeiten und Kenntnisse entsprechenden Beruf ausgeübt und zum Zeitpunkt seiner Kündigung das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet gehabt. Er habe Anspruch auf Versetzung in den zeitlichen Ruhestand gemäß dem § 2 Abs 1 lit b BThPG. Dieser Anspruch sei von einer Antragstellung im Sinne des § 2 a BThPG unabhängig. Die beklagte Partei wäre daher verpflichtet gewesen, den Kläger nicht zu kündigen, sondern seine Versetzung in den zeitlichen Ruhestand vorzunehmen. Da das Arbeitsverhältnis mangels Rechtswirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung nach wie vor aufrecht sei, bestehe der Abfertigungsanspruch nicht zu Recht.
Das Berufungsgericht bestätigte diese nur im Umfang des Feststellungsbegehrens angefochtene Entscheidung in der Hauptsache und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes im Berufungsverfahren 30.000 S übersteigt. Es führte das Verfahren gemäß dem § 25 Abs 1 Z 3 ArbGG neu durch und traf die gleichen Feststellungen wie das Erstgericht mit Ausnahme der Feststellung, der Betriebsratsvorsitzende habe in der Sitzung der Kündigungskommission den Antrag gestellt, den Kläger zu pensionieren. Ergänzend stellte es fest, der Betriebsratsvorsitzende habe (in der Sitzung) eine Pensionierung des Klägers nur als Argument gegen die beantragte Kündigung verwendet und keinerlei Vollmacht des Klägers besessen. Der Kläger habe mit Schreiben vom 25. Februar 1985 die beklagte Partei aufgefordert, ihn per 1. September 1984 in den zeitlichen Ruhestand zu versetzen und ihm einen Ruhegenuß zu gewähren.
Das Berufungsgericht vertrat die Rechtsauffassung, die Beantwortung der Frage, ob eine Versetzung in den zeitlichen Ruhestand einen Antrag des Bundesbediensteten voraussetze, könne hier auf sich beruhen, weil der Kläger am 25.Februar 1985 einen solchen Antrag ohnehin gestellt habe. Wenn aber ein solcher Antrag vorliege und ein Anspruch auf Versetzung in den zeitlichen Ruhestand bestehe, sei das Kündigungsrecht des Dienstgebers ausgeschlossen. Unbestritten und durch die Feststellungen gedeckt sei die Dienstunfähigkeit des Klägers. Ob er dauernd dienstunfähig sei, könne ebenfalls dahingestellt bleiben, weil er in jedem Fall nach dem § 2 Abs 1 BThPG Anspruch auf Versetzung in den zeitlichen Ruhestand habe. Nicht entscheidend sei schließlich der Umstand, ob der Antrag vor oder nach der Kündigung gestellt worden sei. Mit dem am 25.Februar 1985 gestellten Antrag auf Versetzung in den zeitlichen Ruhestand habe die vorher ausgesprochene Kündigung ihre Rechtswirksamkeit verloren. Daraus folge, daß der Anspruch auf Versetzung in den zeitlichen Ruhestand und der Anspruch auf Ruhegenuß bereits ab 1.September 1984 bestehen. Der zeitliche Ruhestand schließe unmittelbar an das Dienstverhältnis an. Ein Bundesbediensteter könne nicht gezwungen werden, vor der Beendigung des über seine Kündigungsanfechtung beim Einigungsamt anhängigen Verfahrens und vor der Beendigung eines allfälligen Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof einen Antrag auf Versetzung in den Ruhestand zu stellen; im Falle einer erfolgreichen Anfechtung blieben sein Dienstverhältnis und sein Anspruch auf die Aktivbezüge aufrecht.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Sie ficht das Berufungsurteil nur im Umfang der den Zeitraum 1. September 1984 bis 28. Februar 1985 betreffenden Feststellung an und beantragt insoweit in Abänderung des Berufungsurteils die Abweisung des Klagebegehrens. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die beklagte Partei gibt gemäß dem § 506 Abs 1 Z 2 ZPO den von der Anfechtung betroffenen Wert mit 72.000 S an.
Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist berechtigt.
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur mehr der Zeitraum vom 1. September 1984 bis 28.Februar 1985 und somit die Frage der Wirksamkeit der Antragstellung des Klägers vom 25.Februar 1985 auf seine Versetzung in den Ruhestand und den daraus abgeleiteten Anspruch auf Ruhegenuß für den genannten Zeitraum. Die beklagte Partei vertritt die Rechtsauffassung, im Zeitpunkt der Antragstellung habe das Dienstverhältnis infolge der Kündigung zum 31. August 1984 nicht mehr bestanden. Die Kündigung sei rechtswirksam, weil bis zum 31.August 1984 eine die Versetzung in den zeitlichen Ruhestand voraussetzende Antragstellung nicht vorgelegen sei. Infolge Beendigung des Dienstverhältnisses komme eine nachträgliche Versetzung in den zeitlichen Ruhestand nicht mehr in Betracht. Die beklagte Partei habe aber die Antragstellung des Klägers zu seinen Gunsten als Antrag auf Versetzung in den Ruhestand nach dem Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis im Sinne des § 4 BThPG gewertet und eine solche Versetzung vorgenommen. Sie werde den Ruhegenuß für die Zeit ab 1.März 1985 dem Kläger anweisen. Nach dem § 4 Abs 3 dieses Gesetzes entstehe der Anspruch auf Ruhegenuß in den Fällen des § 4 frühestens mit Beginn des auf die Geltendmachung des Anspruchs folgenden Monats. Dies sei hier der 1.März 1985.
Diesen Auffassungen ist zuzustimmen. Nach dem § 30 Abs 1 KV kann der Dienstgeber den Dienstnehmer bis zur Vollendung des im Rahmen der Bundestheater zurückgelegten zehnten Dienstjahres zweimonatig zum 31. August eines jeden Kalenderjahres kündigen. Vor der Kündigung ist eine Komission zu hören, die sich aus drei Vertretern des Dienstgebers, drei Mitgliedern des zuständigen Betriebsrats und einem stimmberechtigten Vorsitzenden zusammensetzt. Die Kommission hat vor dem 15. Juni zu entscheiden (Abs 2). Der im Monatsbezug stehende Dienstnehmer ist nach Ablauf einer zehnjährigen Dienstzeit im Rahmen der Bundestheater unkündbar, es sei denn, daß seine Weiterverwendung im Betrieb aus Gründen, die in seiner Person gelegen sind, vom Standpunkt der Betriebsführung nachteilig erscheint. Die Absätze 1 und 2 gelten sinngemäß (Abs 3). Da der Kläger eine zehnjährige Dienstzeit bereits zurückgelegt hatte, konnte er nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 30 Abs 3 KV nach Anhörung der Kündigungskommission gekündigt werden. Diese Voraussetzungen liegen unbestrittenermaßen sowie nach den Feststellungen vor; die Kündigungskommission wurde ebenfalls eingeschaltet. Eine Kündigung ist allerdings dann ausgeschlossen, wenn die Voraussetzungen des § 2 Abs 1 BThPG für eine Versetzung in den zeitlichen Ruhestand im Zeitpunkt der Kündigung vorliegen und wenn der Bundesbedienstete noch vor der durch die Kündigung bewirkten Beendigung des Arbeitsverhältnisses einen Antrag auf Versetzung in den zeitlichen Ruhestand gestellt hat. Ob dieser Antrag vor oder nach dem Ausspruch der Kündigung gestellt wird, ist gleichgültig; er muß aber jedenfalls noch vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses dem Dienstgeber zugekommen sein. Eine Antragstellung ist nur in dem - hier nicht vorliegenden - Fall der amtswegigen Versetzung in den zeitlichen Ruhestand (§ 2 Abs 3 BThPG) entbehrlich (vgl. Arb. 10.029). Die Versetzung in den zeitlichen Ruhestand läßt - anders als die Versetzung in den dauernden Ruhestand gemäß den §§ 2 a und 2 b BThPG idF BGBl. 1976/688 (§ 2 b Abs 2) - den Bestand des Dienstverhältnisses unberührt; sie setzt ein aufrechtes Dienstverhältnis voraus. Wurde das Dienstverhältnis aber mangels rechtzeitiger Antragstellung bereits durch eine rechtswirksame Kündigung beendet, so kann eine Versetzung in den zeitlichen Ruhestand nicht mehr vorgenommen werden, so daß ein darauf gerichteter verspäteter Antrag unberechtigt ist und keine Rechtswirkungen äußert. Wenn hingegen die Kündigung etwa mangels Vorliegens der kollektivvertraglichen Voraussetzungen oder mangels Einhaltung der Bestimmungen des Arbeitsverfassungsgesetzes über das betriebliche Vorverfahren (§ 105 Abs 1 ArbVG) rechtsunwirksam ist und diese Unwirksamkeit geltend gemacht wird, oder wenn der Bundesbedienstete eine erfolgreiche Anfechtung der Kündigung aus den Gründen des § 105 ArbVG vornimmt, dann kann infolge aufrechten Bestehens des Dienstverhältnisses eine Antragstellung auch nach dem Ausspruch der (rechtsunwirksamen) Kündigung vorgenommen werden. Eine solche Rechtsunwirksamkeit liegt hier aber nicht vor und wurde auch nicht behauptet. Entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes besteht die Gefahr des Verlustes von Pensionsansprüchen für den Fall einer erfolglosen Geltendmachung der Rechtsunwirksamkeit der Kündigung oder einer erfolglosen Anfechtung der Kündigung nicht, weil der Bundesbedienstete für einen solchen Fall vorsorglich und eventualiter noch vor Ablauf der Kündigungsfrist einen Antrag auf Versetzung in den zeitlichen Ruhestand stellen kann. Ein Anspruch auf Versetzung des Klägers in den zeitlichen Ruhestand konnte somit mangels rechtzeitiger Antragstellung nicht mehr geltend gemacht werden. Ebensowenig liegt ein Anspruch des Klägers auf Versetzung in den dauernden Ruhestand im Sinne des § 2 a BThPG vor, weil die Voraussetzungen dieser Gesetzesstelle, insbesondere die Vollendung des 60. Lebensjahres nicht erfüllt sind. Es bleibt somit nur mehr die Möglichkeit eines Anspruches auf Ruhegenuß auf Grund einer Anwartschaft bei Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis im Sinne des § 4 BThPG. Ob die gesetzlichen Voraussetzungen dieser Bestimmung auf den Kläger zutreffen, muß nicht geprüft werden, weil dieser Anspruch nicht mehr strittig ist. Nach dem § 4 Abs 3 BThPG entsteht jedoch in diesen Fällen der Anspruch auf Ruhegenuß frühestens mit Beginn des auf die Geltendmachung des Anspruchs folgenden Monates. Das ist im vorliegenden Fall mit Rücksicht auf die mit Schreiben vom 25. Februar 1985 erfolgte Antragstellung der 1. März 1985, so daß das den Zeitraum von 1. September 1984 bis 28. Februar 1985 betreffende Mehrbegehren abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 ZPO begründet.
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