Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der Zurückweisungsbeschluß des Rekursgerichtes wird aufgehoben und diesem die Sachentscheidung über die Rekurse des Gerhard S*** aufgetragen.
Die Kosten des Rekurses sind weitere Kosten des Rechtsmittelverfahrens.
Text
Begründung
Der Kläger erhob gegen die "GHS Automaten GesmbH, G. S***, Wien", Lohnansprüche. Für die beklagte Partei schritt Rechtsanwalt Dr. Karl K***, Bruck/Mur, unter Berufung auf die ihm erteilte Bevollmächtigung (§ 30 Abs 2 ZPO) ein. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 24. Mai 1984 schlossen die Parteien nachstehenden Vergleich:
"Die beklagte Partei verpflichtet sich zur Abgeltung aller wie immer gearteten gegenseitigen Forderungen an die klagende Partei zu Handen ihres Vertreters... den Betrag von S 10.000 plus S 4.000 der verglichenen Kosten bis zum 15. Juni zu bezahlen.
Die Vergleichs- und Protokollgebühren trägt die beklagte Partei."
Anschließend daran enthält das Protokoll folgenden Text:
"In einem gibt die beklagte Partei bekannt, daß ihre Anschrift nunmehr lautet: 'Hermann S*** GesmbH, Wagramerstraße 289, 1210 Wien,' und gibt gleichzeitig die Erklärung ab, für die Erfüllung dieses Vergleiches zu haften. Sollte die Einbringlichkeit der verglichenen Forderung bei der Hermann S*** GesmbH nicht möglich sein, haftet die bisherige beklagte Partei für die Erfüllung der Forderung."
Dieses Protokoll wurde von den Parteienvertretern Dr. Franz H*** und Dr. Karl K*** unterfertigt.
Am 15. Jänner 1985 stellte der Kläger unter Anschluß eines Durchschlages des Schreibens des Beklagtenvertreters vom 4. Oktober 1984 folgenden Inhalts
"......In der oben bezeichneten Angelegenheit bestätige ich, daß anläßlich des Vergleiches am 24. Mai 1984 zur Erfüllung des gegenständlichen Vergleiches auch im Fall der Uneinbringlichkeit Herr Gerhard S*** die persönliche Haftung übernommen hat. ....."
den Antrag, das Streitverhandlungsprotokoll vom 24. Mai 1984 dahin zu berichtigen, daß es dort am Ende richtig zu lauten hat:
"Sollte die Einbringlichkeit der verglichenen Forderung bei der Hermann S*** GesmbH nicht möglich sein, haftet Herr Gerhard S*** persönlich für die Erfüllung der Forderung."
Das Erstgericht gab diesem Berichtigungsantrag (mit sinngemäß gleicher Diktion) statt, doch unterlief im Spruch des Berichtigungsbeschlusses dadurch ein Schreibfehler, daß "Gerhard S***" als "Hermann S***" bezeichnet wurde. Mit einem weiteren Berichtigungsbeschluß behob das Erstgericht diesen Schreibfehler durch entsprechende Berichtigung des ersten Berichtigungsbeschlusses. Beide Beschlüsse wurden nur den genannten Parteienvertretern, nicht aber Gerhard S*** zugestellt. Am 13. Februar 1986 erhob Gerhad S*** gegen die Berichtigungsbeschlüsse des Erstgerichtes Rekurse mit der Behauptung, daß seine Verpflichtungserklärung aus dem Verhandlungsprotokoll nicht hervorgehe und Rechtsanwalt Dr. Karl K*** niemals erklärt habe, für ihn persönlich einzuschreiten. Gleichzeitig erklärte der Rekurswerber, dem Verfahren als Nebenintervenient beizutreten.
Das Rekursgericht wies die Rekurse des Gerhard S*** mit der Begründung zurück, daß er einem bereits durch Vergleich beendeten Verfahren nicht als Nebenintervenient beitreten könne und damit auch nicht zur Erhebung von Rechtsmitteln gegen die Protokollberichtigungsbeschlüsse des Erstgerichtes legitimiert sei; dieses Recht hätten im Zivilprozeß von hier nicht zutreffenden Ausnahmen abgesehen nur die Parteien und die Nebenintervenienten. Der gegen den Zurückweisungsbeschluß des Berufungsgerichtes erhobene "außerordentliche Revisionsrekurs" des Gerhard S*** ist zulässig und auch berechtigt.
Mit der Bezeichnung seines Rechtsmittels als "außerordentlicher Revisionsrekurs" und der gesonderten Angabe der Gründe für die Zulässigkeit des Rechtsmittels ("Zulassungsbeschwerde") verkennt der Rechtsmittelwerber, daß die Bestimmungen der §§ 502 Abs 4, 528 Abs 2 ZPO im arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht anzuwenden sind (§§ 23 Abs. 2, 28 Abs. 1 ArbGG), was ihm aber nicht schadet, da der Rekurs als ordentliches Rechtsmittel gegen einen Zurückweisungsbeschluß der zweiten Instanz zulässig ist. Wer mit seinem Antrag (hier: mangels Anerkennung der Rechtsmittellegitimation) zurückgewiesen wird, hat jedenfalls das Recht, die Zurückweisung mit Rekurs zu bekämpfen und eine sachliche Erledigung seines Antrages anzustreben (RZ 1967, 109, EvBl 1974/300 uva).
Rechtliche Beurteilung
Die Zurückweisung des Rekurses durch die zweite Instanz verstößt gegen die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, wonach einer an sich prozeßfremden Partei, die in ein Verfahren hineingezogen wurde, ein Rechtsmittelrecht zusteht (Fasching, Komm IV 378; SZ 26/227, SZ 33/129; EvBl. 1970/231; zuletzt 3 Ob 14/85). Aus dem ursprünglichen Wortlaut des Protokolls der mündlichen Streitverhandlung vom 24. Mai 1984 geht hervor, daß für den Fall, als die Einbringlichkeit der verglichenen Forderung bei der "Hermann S*** GesmbH" nicht möglich sein sollte, die "bisherige beklagte Partei" für die Erfüllung der Forderung haftet. Wie diese Bestimmung gemeint war, wenn die "GHS Automaten GesmbH G. S***" und die "Hermann S*** GesmbH" identisch sind und nur eine Änderung der Firma stattgefunden hat (wovon offenbar die Vorinstanzen nach der nunmehrigen Bezeichnung der beklagten Partei ausgehen), kann dahingestellt bleiben. Durch die angefochtene Berichtigung des Protokolls wurde nämlich erst nach Prozeßbeendigung eine nach der ursprünglichen Aktenlage prozeßfremde Partei in das Verfahren hineingezogen und festgestellt, daß sie im Falle der Nichterfüllung des abgeschlossenen Vergleiches durch die beklagte Partei persönlich für die verglichene Forderung hafte. Der fundamentale Grundsatz des Parteiengehörs gebietet es, dieser an sich prozeßfremden Partei in deren Rechtsstellung durch die vorgenommene Protokollberichtigung eingegriffen wurde, ein Rechtsmittel zu gewähren. Darauf, daß der Rekurswerber dem bereits durch Vergleich beendeten Verfahren nicht mehr als Nebenintervenient beitreten konnte, kommt es bei dieser Rechtslage nicht an. Der Rekurswerber ist unabhängig davon für die ihn betreffenden Berichtigungsbeschlüsse des Erstgerichtes rechtsmittelberechtigt. Der Zulässigkeit seines Rechtsmittels an die zweite Instanz steht auch die Bestimmung des § 214 Abs. 1 ZPO nicht entgegen, weil die ihn betreffende Verfügung erst nach Beendigung des Verfahrens ergangen ist (ähnlich 7 Ob 509/86).
Das Rekursgericht wird daher auf die Rechtsmittel des Klägers gegen die beiden als Einheit zu behandelnden Berichtigungsbeschlüsse sachlich einzugehen haben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 52 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)