OGH 14Ob112/86

OGH14Ob112/8615.7.1986

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuderna und Dr. Gamerith sowie die Beisitzer Dr. Rupert Dollinger und Dr. Willibald Aistleitner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Erika H***, Sekretärin, Graz, Berliner Ring 18, vertreten durch Dr. Helmut Destaller, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei R*** Ö***

(B*** FÜR W*** UND F***), vertreten durch

die Finanzprokuratur in Wien, wegen S 54.088,48 sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes f.ZRS Graz als Berufungsgerichtes in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom 25.Februar 1986, GZ 2 Cg 9/86-35, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeitsgerichtes Graz vom 15. September 1983, GZ 1 Cr 308/82-20, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 4.597,35 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin sind S 1.200 Barauslagen und S 308,85 Umsatzsteuer enthalten) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Zur Vorgeschichte wird auf den in dieser Rechtssache ergangenen Aufhebungsbeschluß des Obersten Gerichtshofes vom 28.10.1985, 4 Ob 98/84-32, verwiesen. Danach ist davon auszugehen, daß zwischen den Parteien ein unbefristetes, den Bestimmungen des Vertragsbedienstetengesetzes unterliegendes Arbeitsverhältnis vom 15.11.1967 bis zu der von der beklagten Partei am 30.9.1981 mit sofortiger Wirkung ausgesprochenen ungerechtfertigten vorzeitigen Auflösung dieses Arbeitsverhältnisses bestanden hat. Die von der beklagten Partei aus budgetären Gründen, um das Fehlen einer entsprechenden Vertragsbediensteten-Planstelle zu umgehen und eine gesetzliche Deckung für die Beschäftigung der Klägerin zu schaffen, im Widerspruch zu deren tatsächlichen Tätigkeit erteilten und alljährlich erneuerten "Lehraufträge" vermögen an dem Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses nichts zu ändern. Zur Höhe des Klagebegehrens wurden dem Berufungsgericht ergänzende Feststellungen aufgetragen.

Die beklagte Partei brachte im zweiten Rechtsgang vor, die Klägerin habe (seinerzeit) nach einer Gesetzesänderung irrtümlich eine Nachzahlung in der Höhe von S 100.000 erhalten. Dies sei ein "Übergenuß ohne entsprechende Arbeitsleistung". Die beklagte Partei wendete den Rückforderungsanspruch als Gegenforderung ein. Die Klägerin bestritt den Bestand der Gegenforderung. Sie habe wohl in den Jahren 1974 oder 1975 auf Grund einer Umbewertung ihrer Arbeit eine Nachzahlung in der behaupteten Höhe erhalten, ohne sie begehrt zu haben, diesen Betrag aber im guten Glauben verbraucht. Der Rückforderungsanspruch sei überdies verjährt.

Das Berufungsgericht erkannte die Klagsforderung in der Höhe von S 54.088,48 brutto sA als zu Recht und die Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend und sprach der Klägerin den Klagsbetrag zu. Es traf folgende für das Revisionsverfahren noch wesentliche Feststellungen:

Mit dem Bundesgesetz vom 11.7.1974, BGBl. Nr.463, über die Abgeltung von Lehr- und Prüfungstätigkeiten an Hochschulen wurden die Bezüge der Lehrbeauftragten an den Kunsthochschulen an diejenigen der Lehrbeauftragten an den Universitäten angeglichen. Infolge des rückwirkenden Inkrafttretens der damit im Zusammenhang stehenden Remunerationen erhielt die Klägerin eine Nachzahlung von etwa S 100.000. Da die Erhöhung zur Folge gehabt hätte, daß die Klägerin für ihre Tätigkeit eine doppelt so hohe Remuneration bekommen hätte als bisher, wurde zwischen ihr und der Hochschule für Musik und darstellende Kunst vereinbart, daß das Ausmaß ihrer Tätigkeiten in Hinkunft zwar gleichbleiben sollte, die "Lehraufträge" aber nur noch für 11 Stunden statt wie bisher für 22 Stunden wöchentlich erteilt würden. In der Tätigkeit der Klägerin trat dadurch keine Änderung ein. Die Klägerin hatte die Auszahlung des oben erwähnten Betrages nicht beansprucht. Auf ihre Anfrage sagte ihr Vorgesetzter (der Institutsvorstand Prof. K***), das hätten viele bekommen und das gehe in Ordnung; es sei eine Nachzahlung auf Grund einer neuen Gesetzeslage. Die Klägerin hatte daher keine Bedenken, daß ihr dieser Betrag nicht zustehen könnte, und verbrauchte ihn.

Das Berufungsgericht vertrat die Rechtsauffassung, der Klägerin müsse der gute Glaube beim Verbrauch dieses Betrages zugebilligt werden, weil ihr bekannt gewesen sei, daß sie wie ein Lehrbeauftragter entlohnt werde. Der beklagten Partei stehe daher nach den Grundsätzen des Judikats 33 neu ein Rückforderungsanspruch nicht zu.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die nur aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision der beklagten Partei mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Gegenstand des Revisionsverfahrens sind nur mehr die Gegenforderung und der gute Glaube der Klägerin beim Verbrauch dieses Betrages. Die beklagte Partei vertritt die Auffassung, die Klägerin sei beim Verbrauch des Nachzahlungsbetrages deshalb nicht gutgläubig gewesen, weil sich an ihrer Arbeit nichts geändert habe; sie hätte daher Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Geldüberweisung haben müssen.

Dieser Auffassung kann nicht zugestimmt werden. Da der Klägerin aus den alljährlich erneuerten Lehraufträgen bekannt war, daß sie wie ein Lehrbeauftragter entlohnt werde, mußte sie auch bei der gebotenen objektiven Beurteilung (Arb 10.057) an der Rechtmäßigkeit der aus der Angleichung der Bezüge der Lehrbeauftragten an den Kunsthochschulen an jene der Lehrbeauftragten an Universitäten abgeleiteten Nachzahlung keine Bedenken haben, zumal sie darüber bei ihrem Vorgesetzten, dem Institutsvorstand, Erkundigungen einholte und erfuhr, daß viele Bedienstete diese Nachzahlung auf Grund einer neuen Gesetzeslage bekommen hätten und sie in Ordnung sei. Daß sich an der Arbeit der Klägerin nichts geändert hatte und ihr "Lehrauftrag" in der Folge von 22 auf 11 Wochenstunden herabgesetzt wurde, um bei gleicher Tätigkeitsdauer die Bezugshöhe in Zukunft unverändert beizubehalten, vermag an der Gutgläubigkeit der Klägerin beim Verbrauch der die Vergangenheit betreffenden Nachzahlung nichts zu ändern. Die von der beklagten Partei herbeigeführte und daher von ihr zu verantwortende gesetzwidrige Behandlung ihrer Rechtsbeziehungen zur Klägerin hat für diese eine unklare Rechtslage geschaffen, die ihr bei der Beurteilung ihrer Gutgläubigkeit nicht zum Nachteil gereichen kann. Dem Rückforderungsanspruch fehlt daher im Sinne des Judikats 33 neu die Berechtigung.

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 ZPO begründet.

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