OGH 14Ns69/22s

OGH14Ns69/22s6.9.2022

Der Oberste Gerichtshof hat am 6. September 2022 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Nordmeyer, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz‑Hummel LL.M. sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in der Strafsache gegen * K* wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig und im Rahmen einer kriminellen Vereinigung begangenen schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, § 129 Abs 1 Z 1, § 130 Abs 2 erster und zweiter Fall (iVm Abs 1 erster und zweiter Fall), § 15 StGB, AZ 24 Hv 54/22p des Landesgerichts Innsbruck, über Vorlage gemäß § 215 Abs 4 zweiter Satz StPO durch das Oberlandesgericht Innsbruck, AZ 7 Bs 169/22v, nach Anhörung der Generalprokuratur nichtöffentlich (§ 62 Abs 1 zweiter Satz OGH‑Geo 2019) den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0140NS00069.22S.0906.000

 

Spruch:

Die Sache wird dem Oberlandesgericht Linz zur Zuweisung an das zuständige Gericht übermittelt.

 

Gründe:

[1] Mit beim Landesgericht Innsbruck eingebrachter Anklageschrift vom 22. Juli 2022, AZ 5 St 70/21v (ON 96), legt die Staatsanwaltschaft Innsbruck * K* dem Verbrechen des gewerbsmäßig und im Rahmen einer kriminellen Vereinigung begangenen schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, § 129 Abs 1 Z 1, § 130 Abs 2 erster und zweiter Fall (iVm Abs 1 erster und zweiter Fall), § 15 StGB subsumierte Taten zur Last.

[2] Danach habe er als Mitglied einer kriminellen Vereinigung unter Mitwirkung (§ 12 StGB) anderer Mitglieder dieser Vereinigung, nämlich im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit * P* und unbekannten Tätern, fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 Euro übersteigenden Wert durch Einbruch gewerbsmäßig mit dem Vorsatz weggenommen (2./ und 5./) und wegzunehmen versucht (1./, 3./ und 4./), sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar

1./ am 2. Dezember 2020 in L* Gewahrsamsträgern des Fahrradgeschäfts „R*“ durch Abdrehen des Schließzylinders eines Seiteneingangs des Geschäfts und Schieben des Innenteils des Schlosses in das Rauminnere hochpreisige Fahrräder, wobei die Tat beim Versuch blieb;

2./ am 3. Dezember 2020 in L* Gewahsamsträgern des Fahrradgeschäfts „R*“ durch Aufzwängen der Haupteingangstüre des Geschäfts mit Körperkraft sowie einem unbekannten Gegenstand Bargeld in unerhobener Höhe und „vorzufindende hochpreisige Fahrräder“;

3./ am 7. Dezember 2020 in T* Gewahrsamsträgern des Fahrradgeschäfts „W*“ durch Aufbrechen eines Kunststoffrahmenfensters des Geschäfts mit einem Flachwerkzeug hochpreisige Fahrräder, wobei die Tat beim Versuch blieb;

4./ am 8. Dezember 2020 in S* Gewahrsamsträgern des Fahrradgeschäfts „Ra*“ durch Entfernen eines eingeschobenen Fensters und Einsteigen in das Objekt durch dieses hochpreisige Fahrräder, wobei die Tat beim Versuch blieb;

5./ zwischen 9. und 10. Dezember 2020 in R* Gewahrsamsträgern des Fahrradgeschäfts „T*“ durch Abdrehen eines Schließzylinders einer auf der Rückseite des Objekts befindlichen Werkstatttür mittels „Ziehfix“ 43 Fahrräder im Gesamtwert von 174.879,03 Euro.

[3] Die Annahme der örtlichen Zuständigkeit des Landesgerichts Innsbruck wurde in der Anklageschrift nicht begründet.

[4] Der Angeklagte verzichtete auf einen Einspruch gegen die Anklageschrift.

Rechtliche Beurteilung

[5] Die Akten wurden von der Vorsitzenden des Schöffengerichts (ON 100) wegen Bedenken gegen die örtliche Zuständigkeit des Landesgerichts Innsbruck gemäß § 213 Abs 6 zweiter Satz StPO dem Oberlandesgericht Innsbruck und von diesem – weil es für möglich hielt, dass ein im Sprengel eines anderen Oberlandesgerichts liegendes Gericht zuständig sei – nach Verneinen des Bestehens eines der in § 212 Z 1 bis 4 StPO genannten Gründe (vgl RIS‑Justiz RS0124585) gemäß § 215 Abs 4 zweiter Satz StPO dem Obersten Gerichtshof vorgelegt.

Der Oberste Gerichtshof hat erwogen:

[6] Gemäß § 36 Abs 3 erster Satz StPO ist für das Hauptverfahren das Gericht zuständig, in dessen Sprengel die Straftat ausgeführt wurde oder ausgeführt werden sollte.

[7] Wird eine Person (wie hier) wegen mehrerer Straftaten angeklagt, ist das Hauptverfahren vom selben Gericht gemeinsam zu führen (§ 37 Abs 1 erster Satz StPO). Dabei ist (soweit gegenständlich relevant) unter Gerichten verschiedener Ordnung das höhere zur Führung aller Verfahren zuständig (§ 37 Abs 2 erster Satz StPO).

[8] Im Fall einer Subsumtionseinheit (hier: nach § 29 StGB) ist die örtliche Zuständigkeit hinsichtlich jeder der zusammenzufassenden Straftaten nach den Kriterien des § 36 Abs 3 StPO zu ermitteln. Begründet (für sich betrachtet) eine einzige davon die sachliche Zuständigkeit eines höherrangigen Gerichts, ist dieses zur gemeinsamen Verfahrensführung zuständig (vgl RIS‑Justiz RS0131445; Oshidari, WK-StPO § 37 Rz 5/1).

[9] Gemäß § 31 Abs 3 Z 6a StPO kommt dem Landesgericht als Schöffengericht das Hauptverfahren (unter anderem) wegen des Vergehens des schweren Diebstahls (§ 128 Abs 1 Z 5 StGB) und des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Diebstahls (§ 130 Abs 2 erster Fall StGB) bei einem 50.000 Euro übersteigenden Schaden zu.

[10] Da die Anklageschrift (nur) zu 5./ einen diesen Betrag übersteigenden Wert inkriminiert, ist jenes Landesgericht zur (gemeinsamen) Verfahrensführung zuständig, in dessen Sprengel die zu 5./ dargestellte Tat ausgeführt wurde.

[11] Demnach wäre nach der Aktenlage (zum Bezugspunkt der Zuständigkeitsprüfung vgl RIS‑Justiz RS0131309 [T3]) das Landesgericht Salzburg zur Führung des Hauptverfahrens zuständig.

[12] Die Strafsache war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – dem Oberlandesgericht Linz zur Zuweisung an das zuständige Landesgericht zu übermitteln.

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