European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0130OS00099.14D.1106.000
Spruch:
Das Verfahren gegen Lisa S***** wegen des Vergehens des Betrugs nach § 146 StGB, AZ 105 BAZ 430/13t der Staatsanwaltschaft Wien, ist vom Bezirksgericht Innere Stadt Wien zu führen.
Text
Gründe:
Die Staatsanwaltschaft Wien legte Lisa S***** mit Strafantrag vom 12. September 2013, AZ 105 BAZ 430/13t, zur Last, am 16. März 2013 in „Wien 14“ mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz den Taxilenker Sascha M***** durch die Vorgabe, ein zahlungsfähiger und zahlungswilliger Fahrgast zu sein, zu einer Taxifahrt verleitet und hiedurch mit 46 Euro am Vermögen geschädigt zu haben (ON 6).
Mit Beschluss vom 30. April 2014 entschied das Landesgericht für Strafsachen Wien den insoweit zwischen dem Bezirksgericht Innere Stadt Wien und dem Bezirksgericht Fünfhaus anhängigen Kompetenzkonflikt (§ 38 StPO) dahin, dass das Verfahren vom letztgenannten Gericht zu führen sei (ON 12). Dabei führte das Landesgericht zur Begründung aus, dass Lisa S***** das von Sascha M***** gelenkte Taxi nach der Aktenlage in 1010 Wien (also im Sprengel des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien) bestieg und sich nach 1140 Wien (sohin in den Sprengel des Bezirksgerichts Fünfhaus) chauffieren lies. Hievon ausgehend habe Lisa S***** „die letzte Ausführungshandlung“ in 1140 Wien gesetzt, woraus die Zuständigkeit des Bezirksgerichts Fünfhaus folge.
Rechtliche Beurteilung
Wie die Generalprokuratur in ihrer gemäß § 23 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt, verletzt dieser Beschluss das Gesetz:
Gemäß § 36 Abs 3 erster Satz StPO ist für das Hauptverfahren das Gericht örtlich zuständig, in dessen Sprengel die Straftat ausgeführt wurde oder ausgeführt werden sollte, womit das Gesetz die Gerichtszuständigkeit grundsätzlich an die Tathandlung knüpft.
Tathandlung beim Vergehen des Betrugs nach § 146 StGB ist die Täuschungshandlung, also ein Verhalten, das in der Abgabe einer unwahren Erklärung gegenüber einem anderen besteht (Kirchbacher in WK² StGB § 146 Rz 17; Kert SbgK § 146 Rz 37 f; vgl auch 13 Os 18/11p, EvBl 2011/91, 611 sowie RIS‑Justiz RS0126858).
Diesbezüglich geht der Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 30. April 2014 (ON 12) ‑ übrigens in Übereinstimmung mit der Aktenlage (siehe insbesondere ON 2 S 13 und 17 sowie ON 9 S 7) ‑ vom Vorwurf einer (nicht ausdrücklichen, sondern) konkludenten Erklärung aus, die darin bestanden haben soll, das Taxi bestiegen und den Taxilenker zum Chauffieren aufgefordert zu haben, ohne zahlungsfähig und zahlungswillig gewesen zu sein (siehe SSt 50/25, Kert SbgK § 146 Rz 71; vgl auch Kirchbacher in WK² StGB § 146 Rz 21).
Entgegen der Sicht des Landesgerichts für Strafsachen Wien ergibt sich somit aus dem seiner Entscheidung zu Grunde gelegten Sachverhaltssubtrat eine einzige, im Sprengel des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien gesetzte präsumtive Tathandlung iSd § 146 StGB und solcherart gemäß § 36 Abs 3 erster Satz StPO die Zuständigkeit eben dieses Gerichts zur Verfahrensführung.
Da ein Lisa S***** nachteiliger Einfluss der Gesetzesverletzung nicht auszuschließen ist, sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst, deren Feststellung mit konkreter Wirkung zu verknüpfen (§ 292 letzter Satz StPO).
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