OGH 13Os99/05s

OGH13Os99/05s15.2.2006

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. Februar 2006 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Ratz, Hon. Prof. Dr. Schroll, Hon. Prof. Dr. Kirchbacher und Mag. Hetlinger als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Gödl als Schriftführerin in der Strafsache gegen Ing. Esmail N***** wegen Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 19. Mai 2005, GZ 122 Hv 69/03s-87, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Weiß, sowie des Angeklagten Ing. Esmail N***** und seiner Verteidigerin Mag. Haschke zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Ing. Esmail N***** der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1, Abs 3 lit b FinStrG (1.) und der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1, Abs 3 lit a FinStrG (2.) schuldig erkannt.

Danach hat er (zusammengefasst wiedergegeben) als Geschäftsführer der Firma „V*****" vorsätzlich unter Verletzung seiner abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht

1. in den Jahren 1988 bis 1992 dadurch, dass Abgaben, die selbst zu berechnen sind, ganz oder teilweise nicht entrichtet (abgeführt) wurden, im Urteilsspruch jahrgangsweise aufgeschlüsselte Abgabenverkürzungen an Kapitalertrag- und Umsatzsteuer je für die Jahre 1988 bis 1992 von insgesamt (umgerechnet) 289.348,34 Euro bewirkt und

2. in den Jahren 1989 bis 1991 dadurch, dass Abgaben, die bescheidmäßig festzusetzen sind, zu niedrig festgesetzt wurden, im Urteilsspruch wiederum jahrgangsweise aufgeschlüsselte Abgabenverkürzungen an Körperschaft- und Gewerbesteuer je für die Jahre 1989 bis 1991 von insgesamt (umgerechnet) 100.477,62 Euro bewirkt.

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf Z 4 und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Zur Verfahrensrüge (Z 4), die sich auf die Abweisung (S 249/II) von Anträgen auf Einholung eines Gutachtens eines Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Video- und Elektrotechnik sowie auf Vernehmung der Zeugen Univ. Doz. Dr. Elmar P*****, Brigitte K***** und Friedrich P***** bezieht, ist der Beschwerdeführer nicht berechtigt:

Diese von ihm in der Hauptverhandlung vom 24. März 2004 gestellten Anträge wurden damals vom Schöffengericht begründet abgelehnt (S 151 f/II).

In der wegen geänderter Senatszusammensetzung und Zeitablaufs gemäß § 276a StPO neu durchgeführten Hauptverhandlung vom 19. Mai 2005 wurde vom Verteidiger nach einem mündlich gestellten Antrag auf den vor der Hauptverhandlung überreichten, neben den in Rede stehenden auch andere Anträge enthaltenden Schriftsatz verwiesen (ON 85; S 241/II). Eine erfolgversprechende Rüge der Abweisung von Beweisanträgen setzt unter anderem voraus, dass die Anträge vom Beschwerdeführer in der Hauptverhandlung deutlich und bestimmt mündlich vorgetragen worden sind (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 302, 311, 313). Der unsubstantiiert vorgenommene bloße Verweis des Beschwerdeführers auf einen auch mehrere andere Anträge enthaltenden Schriftsatz entsprach diesem Antragserfordernis ebenso wenig wie die Verlesung des Schriftsatzes (S 245/II).

Übrigens befasste sich das Erstgericht inhaltlich mit dem in Rede stehenden Beweisbegehren, zwar entgegen § 238 Abs 2 StPO mit erst im Urteil nachgeholter Begründung (US 46 ff iVm 55), in der Sache aber zutreffend: Weder lag es auf der Hand noch wurde vom Beschwerdeführer in der Hauptverhandlung dargetan, weshalb die Sachkunde des beigezogenen Experten Dr. Thomas K*****, der in seinem Gutachten (S 241 ff/II iVm ON 41 und ON 80) die mit dem Antrag verbundene Behauptung, ohne Anmietung zusätzlicher Geräte hätten die Kopieraufträge nicht erfüllt werden können (vgl S 297/II), als unzutreffend bezeichnete, nicht ausreichen sollte.

Den (abgewiesenen) Antrag auf Einvernahme der oben genannten drei Zeugen begründete der Angeklagte im (schriftlichen) Beweisantrag ON 85 lediglich damit, dass die Zeugen zu ihm in aufrechter Geschäftsbeziehung gestanden seien. Es war nicht zu ersehen, weshalb durch die beantragte Vernehmung der angestrebte Nachweis der großen Zahl der in seinem Betrieb aufgestellten Videogeräte (angeblich mehr als 1.000) und seine „umfassende geschäftliche Tätigkeit" hätte erbracht werden können (vgl S 297 f/II).

Im Beweisantrag muss aber, soweit dies nicht auf der Hand liegt, auch angegeben werden, aus welchen Gründen zu erwarten ist, dass die Durchführung des begehrten Beweises das vom Antragsteller behauptete Ergebnis haben werde, maW weswegen das Beweismittel zur Klärung des Beweisthemas geeignet sein könnte (Kirchbacher, WK-StPO § 246 Rz 18 mwN, 37).

Die zu beiden Beweisanträgen erst in der Rechtsmittelschrift vorgebrachten ergänzenden Ausführungen tatsächlicher Art können bei Prüfung der Berechtigung der Anträge, bei der stets von der Verfahrenslage im Zeitpunkt der Antragstellung auszugehen ist, keine Berücksichtigung finden (Mayerhofer/Hollaender, StPO5 § 281 Z 4 E 41).

Unzutreffend ist der Einwand (Z 9 lit b), ein Großteil der Abgabenverkürzungen sei nach der zur Tatzeit geltenden Fassung des § 31 Abs 5 FinStrG, die eine absolute Verjährung auch bei gerichtlich strafbaren Finanzvergehen vorsah, bereits verjährt:

Die Frage nach Verjährung ist regelmäßig nach dem im Zeitpunkt der Aburteilung geltenden Recht zu beantworten, nach einem früheren Recht hingegen nur dann, wenn unter der Geltung jenes Rechts die Verjährung bereits eingetreten war, der Täter also bereits unter dem früheren Recht straflos wurde. Der Günstigkeisvergleich des § 4 Abs 2 FinStrG ist diesbezüglich also nicht vorzunehmen, weil sich diese Bestimmung (nur) auf die Strafe, nicht aber auf die Verjährungsregelungen bezieht (vgl 12 Os 87/01 = SSt 64/59; 11 Os 36/04 mwN).

§ 31 Abs 5 FinStrG sieht nunmehr eine absolute Verjährung nur bei Finanzvergehen vor, für deren Verfolgung die Finanzstrafbehörde zuständig ist. Diese Bestimmung gilt seit dem 13. Dezember 1999 (Art XI AbgÄG 1998, BGBl I 1999/28; in der früheren Fassung bestimmte § 31 Abs 5 FinStrG hingegen, dass die Strafbarkeit von Finanzvergehen, für deren Verfolgung das Gericht zuständig ist, jedenfalls erlischt, wenn seit dem Beginn der Verjährungsfrist fünfzehn Jahre verstrichen sind). An diesem Tag war die Strafbarkeit des Angeklagten wegen der von ihm ab 1988 vorgenommenen Abgabenverkürzungen noch nicht verjährt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten bei einem strafbestimmenden Wertbetrag von 389.825,96 Euro eine Geldstrafe von 140.328,91 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von fünf Monaten. Als mildernd wertete es den ordentlichen Lebenswandel des Angeklagten und das längere Zurückliegen der Taten, als erschwerend den langen Deliktszeitraum. Gegen den Strafausspruch wendet sich der Angeklagte mit Berufung. Er strebt die Herabsetzung und die bedingte Nachsicht der Geldstrafe an. Der Oberste Gerichtshof sieht sich jedoch nicht zu einer Strafmilderung bestimmt. Das Schöffengericht trug mit der verhängten unbedingten Geldstrafe dem Schuldgehalt der Taten sowie spezial- und generalpräventiven Erwägungen zutreffend Rechnung.

Daher war der Berufung nicht Folge zu geben.

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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