Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Über die Berufungen der Staatsanwaltschaft hinsichtlich aller Angeklagten und über die der Angeklagten Parviz Mohammed Hossein P***-E*** und Gabriela N***, ferner über die Beschwerde der Gabriela N*** gegen den Kostenausspruch hat gemäß §§ 285 i und 392 StPO. das Oberlandesgericht Wien zu entscheiden.
Text
Gründe:
Gerlinde Hildegard P***-E*** wurde des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 1 Z. 1 und Abs 3, letzter Fall, StGB. schuldig erkannt. Darnach hat sie im Jänner 1985 in Spanien in wenigstens zwei Angriffen Schmuck "im Wert unter S 25.000,--" (gemeint laut S. 389: in einem 25.000 S nicht übersteigenden Wert), den die gleichzeitig abgeurteilten Angeklagten Parviz Mohammed Hossein P***-E*** und Gabriela N*** durch Einbruch gestohlen hatten, mithin eine Sache, die andere durch eine mit fünf Jahre übersteigender (hier richtig: erreichender) Freiheitsstrafe bedrohte Handlung gegen fremdes Vermögen erlangt haben, dadurch verhandelt, daß sie Parviz Mohammed Hossein P***-E*** beim Verkauf unterstützte, wobei ihr der die angeführte Strafdrohung begründende Umstand (Einbruch) bekannt war. Dem in der Anklageschrift erhobenen Vorwurf, daß Gerlinde Hildegard P***-E*** zur Ausführung der den Mitangeklagten zur Last gelegten Tat, nämlich am 17. November 1984 in Wien als Mittäter dem Martin R*** Schmuck im Gesamtwert von ca. 30,000.000 S durch Einbruch gestohlen zu haben, im Sinn des § 12, dritter Fall, StGB. beigetragen habe, nahm das Erstgericht - ohne förmlichen Freispruch - nicht als erwiesen an.
Rechtliche Beurteilung
Dieses Urteil bekämpft die Staatsanwaltschaft mit einer auf § 281 Abs 1 Z. 5, 7 und 10 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Sowohl die Mängel- (Z. 5) als auch die Rechtsrüge (Z. 10) zielen im Ergebnis sowohl auf die Annahme einer zusätzlichen Qualifikation nach § 164 Abs 3, erster Fall, StGB. als auch neben dem oben angeführten Verhandeln eines geringen Teils der Beute auf die Annahme der Begehung einer weiteren Handlungsvariante nach § 164 Abs 1 Z. 1 StGB. ab (Mithilfe beim Fortschaffen und damit Unterstützung der Vortäter beim Verheimlichen der gesamten Beute, wobei der Vorsatz der Angeklagten - über die Tatsache der Herkunft des verhehlten Guts aus einem Einbruchsdiebstahl hinaus - auch den 500.000 S übersteigenden Wert umfaßt habe).
Die Mängelrüge behauptet eine Unvollständigkeit der Entscheidungsgründe, weil der übergangenen Aussage des Zeugen Milan M*** (der die Angeklagte sowie Parviz Mohammed Hossein P***-E*** und Gabriela N*** mit dem Taxi von Wien nach München führte) zu entnehmen sei (II S. 67 f.), daß dieser - nachdem er über Taxifunk zur Wohnung beordert worden war - dort von der Angeklagten erwartet und ersucht wurde, beim Tragen der Koffer von der Wohnung zum Taxi behilflich zu sein und von ihr auch in die Wohnung geleitet wurde, was für eine Unterstützungshandlung der Angeklagten beim Verheimlichen spräche. Auch sei die Einlassung der Angeklagten in der Hauptverhandlung vom 20. September 1988, derzufolge ihr die Tatsache eines "großen Coups" in der Form des Diebstahls von in einem Tresor verwahrten Schmuck durch Einbruch bekannt gewesen sei (III S. 255, 263 ff.), nicht erörtert worden.
Diese Einwände sind offenbar unbegründet. Aus der Zeugenaussage M*** ergibt sich nicht, daß die Angeklagte beim Verlassen der Wohnung am Transport und an der Verbringung der Beute selbst mitgewirkt hat (zumal das Erstgericht in diesem Zusammenhang konstatierte, es könne nicht festgestellt werden, daß die Angeklagte sämtliche Koffer gepackt habe; III S. 387). Bleibt lediglich der Umstand, daß sie den Taxifahrer gebeten hat, beim Tragen der Koffer behilflich zu sein. Selbst wenn dies festgestellt würde, wäre damit noch nicht erwiesen, daß sie ihn um eine Unterstützung beim Transport einer 500.000 S übersteigenden Diebsbeute ersucht hat; denn wenn jemand von einem mit einem Einbruch verbundenen "großen Coup" weiß, bedeutet dies allein keineswegs, daß er sich mit einem just 500.000 S übersteigenden Wert abfindet. Sonach steht die Aussage des Zeugen M*** der in Würdigung der Verantwortung der Angeklagten und der anderen Verfahrensergebnisse getroffenen Feststellung, daß sie erst in Spanien Kenntnis von den näheren Umständen der Tat erhielt (III S. 388), nicht entgegen. Der Konnex einer solchen Bitte an den Taxifahrer mit der Vorstellung einer bloß 25.000 S übersteigenden Beute hinwiederum betrifft keine entscheidende Tatsache, weil bei der Annahme eines bloß auf einen 25.000 S übersteigenden Beutewert gerichteten bedingten Vorsatzes lediglich eine für den Strafsatz von 5 Jahren - der dem Urteil zugrunde liegt - bedeutungslose zusätzliche Qualifiktion nach § 164 Abs 2 StGB. gewonnen wäre (siehe Mayerhofer-Rieder2 § 281 Abs 1 Z. 10 StPO. ENr. 44 am Ende).
Richtig ist zwar, daß aus der Aussage des Milan M*** auch zu entnehmen ist, daß die Angeklagte während der Fahrt im Taxi in der Hand eine "gelbe Sporttasche" hielt (II S. 68). Wenn in diesem Zusammenhang hervorgehoben wird, daß nach den Urteilsfeststellungen die Diebsbeute in einer Sporttasche verwahrt gewesen sei und damit angedeutet wird, daß dies eben jene gelbe Tasche gewesen sei, wird der Urteilssachverhalt nicht aktengetreu interpretiert. Nach den Konstatierungen (III S. 387) hatten die Diebe ihre Beute nämlich unmittelbar nach der Rückkehr vom Tatort in "einer Sporttasche" verwahrt. Später verließen sie gemeinsam mit der Angeklagten und mit dem Reisegepäck die Wohnung, wozu das Erstgericht übrigens festhielt, daß Gerlinde P***-E*** nicht sämtliche Koffer gepackt hat. Aus der Zeugenaussage M*** und den übrigen Verfahrensresultaten kann folglich nicht abgeleitet werden, daß die Beute beim Verlassen der Wohnung in jener gelben Sporttasche war, welche die Angeklagte während der anschließenden Fahrt nach München in der Hand gehalten hat.
Entgegen der Stellungnahme der Generalprokuratur ist die Mängelrüge somit offenbar unbegründet.
Die Rechtsrüge (Z. 10) geht urteilsfremd davon aus, daß die Angeklagte nach den Urteilsfeststellungen gemeinsam mit den beiden Vortätern an der Verbringung der gesamten Diebsbeute aus dem Inland und damit an deren Verheimlichung mitgewirkt habe. Das Urteil stellt in diesem Zusammenhang aber nur fest, daß der Angeklagten, als die beiden Diebe nach dem Einbruch mit dem Schmuck, den sie in einer Sporttasche verwahrt hatten, zurückkehrten, die Begehung des Diebstahls bekannt war und daß "sie ... anschließend zu dritt mit Reisegepäck - wobei keinesfalls festgestellt werden konnte, daß Gerlinde Hildegard P***-E*** sämtliche Koffer gepackt hat - die Wohnung" verließen (III S. 387). Damit enthält die Entscheidung aber keine Anhaltspunkte für eine aktive Handlung ("Verbringen"). Wie die Generalprokuratur in ihrer Stellungnahme einräumt, läßt sich aus diesen Konstatierungen nur ein bloßes Begleiten der beiden Diebe durch die Angeklagte entnehmen, was, wie der Vollständigkeit halber hinzugefügt sei, für die Annahme eines aktiven ursächlichen Beitrags zur Verheimlichung des gestohlenen Guts nicht ausreicht (Leukauf-Steininger Komm.2 § 164 StGB. RN. 9). Weil die Rechtsrüge also, wie gezeigt, nicht vom Urteilssachverhalt ausgeht, entbehrt sie einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung.
Damit war auf die von der Generalprokuratur zitatmäßig aufgeworfene Frage nicht mehr einzugehen, ob die drei im § 164 Abs 3 StGB. angeführten Fälle als kumulative Qualifikationen anzusehen sind (so SSt. 55/45) oder ob vielmehr eine alternative Mischqualifikation anzunehmen ist, d.h. daß diese drei Fälle gleichwertig und wechselseitig vertauschbar aufgezählt sind, sodaß es für die Anwendung des § 164 Abs 3 StGB. letztlich ohne Bedeutung ist, ob ein Hehler die dortigen Voraussetzungen einfach oder mehrfach erfüllt (11 Os 25/78; Foregger-Serini MKK.4 § 164 StGB. Erl. VIII). Für letztere Ansicht spricht, daß das dritte Kriterium nur, das erste Kriterium (Wert über 500.000 S) jedenfalls auch den Wissensstand des Hehlers um die Vortat betrifft und daß sich alle drei Qualifikationsmerkmale des § 164 Abs 3 StGB. (Wert über 500.000 S, Gewerbsmäßigkeit, Kenntnis strafsatzbegründender Umstände) nicht als vom Gesetzgeber zur Wahl gestellte Handlungsvarianten im Sinn verschiedener Tatabläufe, sondern als teils nur (2. und 3. Fall), teils auch (1. Fall) im subjektiven Bereich angesiedelte erschwerende Momente darstellen. Auch das Vorbringen zum Grund des § 281 Abs 1 Z. 7 StPO. ist offenbar unbegründet. Die Unterlassung eines wegen Wegfalls einer Teilmenge der auf Diebstahl lautenden Anklage gebotenen Teilfreispruchs bleibt sanktionslos, wenn, wie hier, die für den gegenüber der Anklage eingeschränkten Urteilsspruch maßgebenden Erwägungen aus den Entscheidungsgründen (III S. 392 u. 396) ersichtlich sind (Mayerhofer-Rieder2 EGr. 8, 9 zu § 281 Abs 1 Z. 7 StPO.).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet gemäß § 285 d Abs 1 Z. 2 StPO., teils als nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt nach § 285 d Abs 1 Z. 1 StPO. im Zusammenhalt mit § 285 a Z. 2 StPO. schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.
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