Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Heinz Michael B wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt - hinsichtlich des Angeklagten Siegfried A gemäß § 290 Abs 1 StPO. - in seinem Punkt 2 a (Schuldspruch des Heinz Michael B wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z. 4 StGB. und des Siegfried A wegen des Vergehens einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach § 287 StGB. - soweit dadurch das Vergehen nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z. 4 StGB. verdeckt wird) sowie in dem beide Angeklagten betreffenden Strafausspruch aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Mit ihren Berufungen werden die Angeklagten auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 24.August 1955 geborene Hilfsarbeiter Siegfried A und der am 22.März 1953 geborene Hilfsarbeiter Heinz Michael B schuldig erkannt, und zwar Siegfried A der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB. und des Imstichlassens von Verletzten nach § 94 Abs 1 StGB. (Punkte 1 a und 1 b des Urteilssatzes) sowie des Vergehens einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach § 287 (§§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z. 4 und 15, 269 Abs 1) StGB. (2 a und 2 b) und Heinz Michael B der Vergehen der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84
Abs 2 Z. 4 StGB. (2 a) sowie des versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 StGB. (2 b).
Nach den unter Punkt 2 subsumierten Schuldsprüchen hatten die beiden Angeklagten am 28.Juni 1979 in Linz im bewußten Zusammenwirken, Siegfried A, nachdem er sich, wenn auch nur fahrlässig, durch den Genuß von Alkohol in einen die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rausch versetzt hatte, a) die Polizeibeamten Herbert C durch Umsichschlagen und Faustschläge in Form einer Kratzwunde am Hals und Walter D durch Faustschläge in Form einer Schwellung am rechten Daumengrundgelenk am Körper verletzt, wobei die Tat jeweils an Beamten während der Erfüllung ihrer Pflichten begangen wurde und b) versucht, die genannten Polizeibeamten, die sie in das polizeiliche Gefangenenhaus abführen wollten, durch Gewalt, nämlich durch Umsichschlagen und Faustschläge, an einer Amtshandlung zu hindern. Den hiezu im einzelnen getroffenen Feststellungen zufolge hatten sich die Angeklagten gegenüber den Polizeibeamten geweigert, ins Polizeigefangenenhaus zur Ausnüchterung mitzukommen. Als die Beamten sie unter Gewalt hiezu bewegen wollten, begannen die Angeklagten um sich zu schlagen. Siegfried A versetzte in der Folge (im volltrunkenen Zustand) Herbert C einen Stoß gegen die Brust, wodurch dieser zu Sturz kam, während der Angeklagte B mit den Fäusten auf Walter D einschlug. Erst nach dem Eintreffen von Verstärkung war es den Beamten möglich, die Angeklagten ins Polizeigefangenenhaus zu schaffen. Die Beamten erlitten dabei die oben angeführten leichten Verletzungen. Zur subjektiven Tatseite nahm das Erstgericht als erwiesen an, daß die beiden Angeklagten den selben Vorsatz hatten, nämlich sich gegen die Polizeibeamten tätlich zur Wehr zu setzen, um ihre Einlieferung ins Gefangenenhaus zu verhindern (S. 113 f.). Allein seinen Schuldspruch wegen §§ 83 Abs 1, 84
Abs 2 Z. 4 StGB. bekämpft der Angeklagte Heinz Michael B mit einer auf die Z. 9 lit a des § 281 Abs 1
StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, in der er dem Urteil Feststellungsmängel in bezug auf die subjektive Tatseite zum Vorwurf macht.
Rechtliche Beurteilung
Die Beschwerde ist berechtigt.
Auszugehen ist davon, daß Widerstandsleistungen im Sinne des § 269 StGB nicht notwendig mit einer Verletzung des Beamten einhergehen müssen und daß, falls derartige Verletzungen zugefügt werden, dies nur dann den Tatbestand nach §§ 83, 84 Abs 2 Z. 4 StGB. erfüllt, wenn Verletzungs- bzw. Mißhandlungsvorsatz im Sinn des § 83 Abs 1 bzw. Abs 2 StGB. vorliegt (siehe LSK 1975/201; 1976/280).
Da nun das Urteil - wie die obigen, insoweit vollständig zitierten Feststellungen zeigen - jedwede Konstatierungen in bezug auf einen derartigen Verletzungsvorsatz, mithin auf einen Umstand vermissen läßt, von dessen Vorhandensein nach richtiger Rechtsansicht die Beantwortung der Frage abhängt, ob sich der Angeklagte (neben dem Vergehen nach §§ 15, 269 Abs 1 StGB.) auch des Vergehens der schweren Körperverletzung schuldig gemacht hat, erweist sich das Urteil im angefochtenen Umfang als mit dem Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z. 9 lit a StPO. behaftet, was
- da es dem Obersten Gerichtshof verwehrt ist, den aufgezeigten Mangel zu sanieren, die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung daher nicht zu vermeiden ist - eine Urteilsaufhebung im Umfang der Anfechtung bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung (§ 285 e StPO.) zur Konsequenz hatte, ohne daß es erforderlich gewesen wäre, auf das übrige Beschwerdevorbringen einzugehen.
Angesichts dessen, daß der Angeklagte Siegfried A (dessen Nichtigkeitsbeschwerde als nicht ausgeführt rechtskräftig zurückgewiesen wurde) des Vergehens nach § 287
StGB. auch mit Bezug auf das Vergehen nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z. 4 StGB. - begangen hinsichtlich beider Polizeibeamten im bewußten Zusammenwirken mit dem Angeklagten B - schuldig erkannt wurde und auch hinter der im Zustand voller Berauschung begangenen, sich dem äußeren Geschehen nach als ein Verbrechen oder Vergehen darstellenden Tat ein entsprechender Wille, eine Willensreaktion stehen muß (SSt 47/35), kommt das für den Angeklagten B Gesagte sinngemäß auch Siegfried A zugute, weshalb gemäß § 290 Abs 1 StPO. bezüglich dieses Angeklagten gleichermaßen mit einer Teilaufhebung im Sinn des Urteilsspruchs vorzugehen war.
Mit ihren Berufungen waren die beiden Angeklagten auf diese Entscheidung zu verweisen.
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