OGH 13Os95/83

OGH13Os95/838.9.1983

Der Oberste Gerichtshof hat am 8.September 1983

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Schneider, Dr. Felzmann und Dr. Brustbauer als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Kirchbacher als Schriftführers in der Strafsache gegen Edith A wegen des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und 2 StGB. über die von der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengerichts vom 25. März 1983, GZ 8 Vr 1617/82-24, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Schneider, sowie der Ausführungen des Verteidigers Dr. Maierhofer, des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Knob, und des Privatbeteiligtenvertreters Dr. Michner zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und die Strafe auf 7

(sieben) Monate herabgesetzt.

Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen der Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Die am 3.August 1943 geborene Edith A wurde des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und 2

StGB. schuldig erkannt, weil sie vom 3.Oktober 1980 bis 30.Oktober 1981 in Klagenfurt als Filialleiterin der Wäscherei B KG. Inkassogelder in einem 5.000 S übersteigenden Betrag für sich verbrauchte. Sie bekämpft diesen Schuldspruch mit einer auf § 281 Abs 1 Z. 5 und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. In Ausführung der Mängelrüge behauptet die Beschwerdeführerin zunächst, die - angebliche - Urteilsfeststellung, daß die Filiale Paulitschgasse der Wäscherei B KG.

einen (auf unbezahlte Rechnungen gegenüber der Zentrale zurückzuführenden) Saldostand von durchschnittlich 30.000 S aufgewiesen habe, stehe im Widerspruch zu den insoweit unerörtert gebliebenen Aussagen der Zeugen C und Mag. Otto B sowie zum Gutachten des Buchsachverständigen. In Wahrheit hat das Erstgericht, gedeckt durch das Gutachten (S. 113) und daher mängelfrei, lediglich festgestellt (S. 217, 218), daß der offene Schuldsaldo gegenüber der Zentrale am 1.Juli 1980 genau 33.806,89 S betrug, was im übrigen auch den Aussagen der Zeugen Franziska C (S. 142) und Mag. Otto B (S. 100, 102) entspricht, und daß dieser Saldo in der Folge bis zum 30. Oktober 1981

auf über 150.000 S anstieg (S. 219). In den vorangegangenen Urteilsausführungen (S. 217) wird nur erklärt, worauf (nämlich auf verspätete Abholungen und Zahlungen durch Kunden) ein in gewisser Höhe regelmäßig und notwendig eintretender Debetsaldo überhaupt zurückzuführen war, und daß dies in der Filiale Paulitschgasse einen Saldostand von durchschnittlich 30.000 S 'bedeutete', womit jedoch über die allein maßgebende tatsächliche Höhe zu dem einen oder anderen Zeitpunkt noch nichts ausgesagt ist. Der Saldostand konnte - aus welchen Gründen immer - schon vor der übernahme der Filiale Paulitschgasse durch die Angeklagte auch mehr als 30.000 S betragen haben. Mit diesem, nach den Angaben des Buchsachverständigen (S. 193) sogar wahrscheinlichen Umstand mußte sich das Erstgericht jedoch nicht auseinandersetzen; denn entscheidungswesentlich ist nur die - wie erwähnt, mängelfrei festgestellte - Saldoentwicklung im Tatzeitraum.

Keinen Ausspruch über eine entscheidende Tatsache rügt die Beschwerdeführerin aber auch mit der Behauptung, die Leitung der Filiale Paulitschgasse entgegen den Urteilsfeststellungen nicht schon am 1.Juli 1980, sondern erst im August 1980 übernommen zu haben. Hat doch das Gericht der Angeklagten die Veruntreuung von Inkassogeldern ohnedies erst ab dem 3.Oktober 1980 angelastet. Die weiteren, auf § 281 Abs 1 Z. 9 lit a StPO.

gestützten Beschwerdeausführungen erschöpfen sich zum Teil in einer unzulässigen Bekämpfung der auf einer Gesamtwürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) beruhenden erstrichterlichen Beweiswürdigung. Daß vom Zeugen Mag. B dreizehn, die Filiale Paulitschgasse betreffende Rechnungen der Zentrale eingezogen worden sind, weiters, daß die Angeklagte insgesamt sechs Wochen wegen Urlaubs oder Krankheit abwesend war und daß die Führung der Filiale Paulitschgasse in diesen Zeiten von einer 'Springerin' (die dann naturgemäß auch mit dem Inkasso betraut war) besorgt wurde, hat das Erstgericht keineswegs übersehen, sondern ausdrücklich festgestellt (S. 218, 221). Die Beschwerdeführerin will nach dem Inhalt und nach der Zielsetzung ihres bezüglichen Vorbringens aus diesen Umständen nur andere Schlußfolgerungen gezogen wissen als jene, zu denen der Schöffensenat gelangte. Dieser nahm, gedeckt durch die Angaben des Zeugen B, an, die Einziehung der bereits verbuchten (S. 212) Rechnungen habe für die Geldgebarung und insbesondere den Geldabgang keine Rolle gespielt. Gegenteiliges hat die Angeklagte dem Zeugen gegenüber auch gar nicht behauptet (S. 211). Im übrigen zog die Tatsacheninstanz ungeachtet des zeitweiligen Inkassos durch verschiedene Personen aus deren Aussagen und namentlich aus dem Gutachten des Buchsachverständigen den Schluß, daß die Fehlbeträge in einem zumindest 5.000 S übersteigenden Betrag auf Veruntreuungen der Angeklagten (und nicht auf strafbare Handlungen anderer Personen) zurückzuführen sind.

Der Einwand, dem Urteil sei nicht zu entnehmen, welche Beträge die Beschwerdeführerin konkret in Bereicherungsabsicht (mit Bereicherungsvorsatz) einbehalten und für sich verwendet habe, geht angesichts der ausreichenden Feststellung, daß sie jedenfalls einen 5.000 S übersteigenden Betrag veruntreute, ins Leere; desgleichen die Behauptung, die subjektive Tatseite sei mangelhaft konstatiert, wurde doch der Bereicherungsvorsatz der Angeklagten klar und eindeutig als erwiesen angenommen (S. 223).

Daß im Monat April 1981 die Zahlungsdifferenz 11.553,29 S ausmachte, ist im Urteil, übrigens in jeder Beziehung gedeckt durch das Gutachten des Buchsachverständigen (S. 153), nur beispielsweise (S. 223) angeführt. Die Summe wird mit Recht als Zahlungsdifferenz bezeichnet, weil sie sich aus einer Gegenüberstellung der inkassierten Beträge und der an die Zentrale geleisteten Zahlungen ergibt (S. 153).

Wenn die Beschwerdeführerin des weiteren Feststellungen betreffend den Bargeldbestand der Filiale Paulitschgasse vermißt, so ist ihr entgegenzuhalten, daß das Gericht hiezu ohnedies Stellung genommen, den Barbestand - neuerlich entsprechend dem Sachverständigengutachten (S. 125) -

jedoch als nicht eruierbar bezeichnet und im übrigen, weil er vom System her nur in Wechselgeldhöhe vorhanden sein konnte, zutreffend als nicht entscheidend beurteilt hat.

Schließlich ließ das Erstgericht auch daran keinen Zweifel, daß der im Frühjahr 1981 bereits auf 70.000 S angewachsene und in der Folge noch weiter stark angestiegene Schuldsaldo gegenüber der Zentrale darauf zurückzuführen war, daß sich die Angeklagte die Fehlbeträge zueignete. Die Annahme, daß die Rechtsmittelwerberin die Veruntreuungen auch noch fortsetzte, nachdem sie von ihrem Dienstgeber auf den hohen Schuldenstand hingewiesen worden war, widerspricht keineswegs den Denkgesetzen. Die in der Beschwerde dagegen vorgetragenen Bedenken enthalten der Sache nach wiederum nur einen Angriff auf die freie erstrichterliche Beweiswürdigung. Zu Unrecht reklamiert die Beschwerdeführerin aber auch, daß sie über einen präsenten Deckungsfonds verfügt habe und deshalb straflos sei. Abgesehen von der Frage, inwieweit durch die behaupteten, ihr angeblich zur Verfügung gestandenen, kurzfristig realisierbaren Mittel eine vollständige und unverzügliche Schadensdeckung gewährleistet gewesen wäre, kommt selbst einem vorhandenen ausreichenden Deckungsfonds nur dann Bedeutung zu, wenn der Defraudant schon im Zeitpunkt der Zueignung willens war, das anvertraute Gut unverzüglich zu ersetzen (EvBl 1980/182, SSt. 46/14 u. a.). Davon kann im vorliegenden Fall, in welchem die Angeklagte nach den Urteilsannahmen die Zueignung der anvertrauten Gelder bestritten und den Mangel entsprechender Zahlungen an die Zentrale anderen Ursachen zuzuschieben versucht hat, keine Rede sein. Die Nichtigkeitsbeschwerde war mithin zu verwerfen. Das Schöffengericht verurteilte die Angeklagte nach dem ersten Strafsatz des § 133 Abs 2 StGB. zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten, deren Vollzug es gemäß § 43 Abs 1 StGB. für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachsah, und gemäß § 369 StPO. zur Bezahlung von 5.000 S an die Privatbeteiligte Firma B KG. Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht keinen Umstand als erschwerend, hingegen die Unbescholtenheit der Angeklagten und die offensichtlich mangelhafte Kontrolle seitens des Dienstgebers als mildernd.

Mit ihrer Berufung zielt die Angeklagte auf die Reduzierung der Freiheitsstrafe und die gänzliche Verweisung der Privatbeteiligten auf den Zivilrechtsweg ab.

Der Berufung kommt teilweise, nämlich insoweit sie gegen das Strafausmaß gerichtet ist, Berechtigung zu:

Eine vielfache oder auch nur mehrfache überschreitung des die Strafnorm begründenden Betrags von 5.000 S ist nicht festgestellt. Darnach erachtet der Oberste Gerichtshof ungeachtet des Umstands, daß die Tatfortsetzung durch längere Zeit (§ 33 Z. 1, zweiter Fall, StGB) als zusätzlicher Erschwerungsgrund zu berücksichtigen ist, eine Freiheitsstrafe von sieben Monaten als angemessen. In diesem Sinn war der Berufung (teilweise) Folge zu geben. Gegen das Adhäsionserkenntnis obwalten jedoch keine Bedenken. Die Berufungswerberin wurde nämlich in der Hauptverhandlung gemäß § 365 Abs 2 StPO zum Ersatzanspruch gehört, dessen Ausmaß wurde lediglich in der laut Schuldspruch bezifferbaren Mindesthöhe dem stattgebenden Erkenntnis zugrunde gelegt. Mit dem darüber hinausgehenden Mehrbegehren wurde die Privatbeteiligte ohnehin auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

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