OGH 13Os93/22h

OGH13Os93/22h23.11.2022

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. November 2022 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. Setz‑Hummel LL.M. in Gegenwart des Schriftführers Richteramtsanwärter Mag. Buttinger in der Strafsache gegen E* A* und weitere Angeklagte wegen Verbrechen der Schlepperei nach § 114 Abs 1, Abs 3 Z 2 und Abs 4 erster Fall FPG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten E* A* gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 2. Juni 2022, GZ 162 Hv 2/22k‑169, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0130OS00093.22H.1123.000

 

Spruch:

 

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Konfiskationserkenntnis aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Wien verwiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten vorerst dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten E* A* fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde – soweit hier von Bedeutung – E* A* mehrerer Verbrechen der Schlepperei nach § 114 Abs 1, Abs 3 Z 2 und Abs 4 erster Fall FPG (3 und 4) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er in * und an anderen Orten als Mitglied einer kriminellen Vereinigung die rechtswidrige Einreise oder Durchreise von Fremden in oder durch einen Mitgliedstaat der Europäischen Union mit dem Vorsatz gefördert, sich oder einen Dritten durch ein dafür geleistetes Entgelt von zumindest 120 Euro pro geschleppter Person unrechtmäßig zu bereichern, wobei er die Taten in Bezug auf mindestens drei Fremde (US 7 iVm US 11) beging, und zwar

3) am 22. Dezember 2020 die Verbringung von zwölf Fremden von Ungarn nach Österreich und weiter nach Deutschland durch Übermittlung eines Standorts an der Grenze zu Deutschland an den für die Tat bereits rechtskräftig verurteilten R* A*, der eines der beiden für die Beförderung der Fremden verwendeten Fahrzeuge lenkte, sowie

4) am 17. Jänner 2021 die Verbringung einer jedenfalls zumindest drei Personen umfassenden (US 11) Anzahl Fremder von der Türkei nach Griechenland, indem er einem Schleppungswilligen in Aussicht stellte, er werde bei Ankunft der Gruppe in der Türkei deren Weiterschleppung organisieren.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die vom Angeklagten E* A* erhobene Nichtigkeitsbeschwerde.

[4] Da der Genannte weder bei der Anmeldung (ON 170) noch innerhalb der vierwöchigen Ausführungsfrist (§ 285 Abs 1 erster Satz StPO) Nichtigkeitsgründe deutlich und bestimmt bezeichnete, war seine Nichtigkeitsbeschwerde bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285a Z 2, 285d Abs 1 Z 1 StPO).

[5] Aus deren Anlass überzeugte sich der Oberste Gerichtshof, dass dem angefochtenen Urteil – wie auch die Generalprokuratur zutreffend aufzeigt – im Konfiskationserkenntnis dem Beschwerdeführer zum Nachteil gereichende, nicht geltend gemachte und daher von Amts wegen aufzugreifende Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 11 StPO anhaftet (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO).

[6] In Ansehung der Konfiskation der „sichergestellten Mobiltelefone des Angeklagten E* A*, ein[es] Iphone 11 Pro Max und ein[es] Iphone 12 Pro Max“ (US 4), enthält die Entscheidung weder Feststellungen zu deren Verwendung zur Begehung einer vorsätzlichen Straftat, deren Bestimmung für die Verwendung bei der Begehung dieser Straftat oder deren Hervorbringung durch diese Handlung. Solcherart überschreitet der Ausspruch die Strafbefugnisgrenze (Z 11 erster Fall).

[7] Hinzu kommt, dass das Erstgericht die in § 19a Abs 2 StGB zwingend vorgesehene Verhältnismäßigkeitsprüfung gänzlich unterließ (Z 11 dritter Fall, RIS‑Justiz RS0088035 [insbesondere T7]).

[8] Da das Konfiskationserkenntnis auch nicht mit Berufung angefochten wurde (RIS-Justiz RS0130617), war der Ausspruch der Konfiskation schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort aufzuheben (§ 290 Abs 1 zweiter Satz StPO iVm § 285e StPO).

[9] Vorerst hat das Oberlandesgericht über die Berufung zu entscheiden (§ 285i StPO).

[10] Der Kostenausspruch, der die amtswegige Maßnahme nicht umfasst (Lendl, WK‑StPO § 390a Rz 12), beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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