Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Mag. Jafar T***** des Verbrechens des Beischlafs mit Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB idF BGBl 1974/60 (1) und des Vergehens des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 StGB idF BGBl 1974/60 (2) schuldig erkannt.
Danach hat er vom Sommer 1996 bis Ende Dezember 1996 in Graz
(1) mit der am 19. September 1985 geborenen Tanja K***** den Beischlaf unternommen und
(2) durch die zu 1 beschriebene Tat seine minderjährige Nichte, die seiner Aufsicht unterstand, unter Ausnützung seiner Stellung ihr gegenüber „zur Unzucht missbraucht“.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus Z 4, 5 und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.
Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) wies das Erstgericht die - auf die Erschütterung der Glaubwürdigkeit der Zeugin Tanja K***** zielenden - Anträge auf Vernehmung von Wilhelm Ko***** (ON 20 S 11), Kerstin Tr***** und Ewald P***** (ON 20 S 12) als Zeugen sowie auf „medizinische Befundung des Geschlechtsteils des Angeklagten“ und Einholung eines gynäkologischen Sachverständigengutachtens (ON 20 S 15) ohne Verletzung von Verteidigungsrechten ab (ON 20 S 14, 16):
Durch die Vernehmung des Wilhelm Ko***** sollte erwiesen werden, dass der Bruder des Opfers, Dominik K*****, zur Tatzeit am Tatort (der Wohnung des Beschwerdeführers) genächtigt habe, wobei der Beweisantrag die Nacht vom 29. Dezember auf den 30. Dezember 1996 als Tatzeitraum annahm. Da Tanja K***** nach dem ungerügten Protokoll über die Hauptverhandlung (ON 13) weder angab, dass sich der sexuelle Übergriff am 29. Dezember oder am 30. Dezember 1996 zugetragen habe, noch in Abrede stellte, dass sich ihr Bruder an einem dieser Tage in der Wohnung des Beschwerdeführers aufgehalten habe (ON 13 S 24 bis 38), war das Beweisthema unerheblich, also mit Blick auf die im Antragszeitpunkt vorliegenden Beweisergebnisse ungeeignet, die zur Feststellung entscheidender Tatsachen anzustellende Beweiswürdigung maßgeblich zu beeinflussen (RIS-Justiz RS0107445, RS0116987; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 341).
Entsprechendes gilt für das Begehren, Kerstin Tr***** und Ewald P***** zum Nachweis nach der Tat stattgefundener regelmäßiger Kontakte zwischen Tanja K***** und der Familie des Beschwerdeführers zu vernehmen, weil Tanja K***** solche Kontakte gar nicht verneinte (ON 13 S 24 bis 38).
Der Antrag auf „medizinische Befundung des Geschlechtsteils des Angeklagten“ und Einholung eines gynäkologischen Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür, dass „aufgrund der konkreten physiologischen Konstitution des Angeklagten in Verbindung mit der geschilderten Tathandlung, nämlich einer seitlichen Liegeposition des Opfers und einem behaupteten Eindringen des Täters von hinten, die von der Geschädigten Tanja K***** geschilderte Tathandlung nicht möglich sei“ (ON 20 S 15), ließ nicht erkennen, warum die begehrte Beweisaufnahme das behauptete Ergebnis erwarten lasse, und zielte solcherart auf eine im Erkenntnisverfahren unzulässige Erkundungsbeweisführung (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 330, 331).
Die Richtigkeit der Begründung für eine Entscheidung, mit der ein Beweisantrag abgewiesen wird, steht nicht unter Nichtigkeitssanktion (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 318), aus welchem Grund die diesbezüglichen Einwände nicht geeignet sind, die Verfahrensrüge zu tragen.
Das die Beweisanträge ergänzende Beschwerdevorbringen hat mit Blick auf das aus dem Wesen des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes folgende Neuerungsverbot auf sich zu beruhen.
Indem die Mängelrüge (Z 5) aus der urteilsfremden Prämisse, die (aus ihrer Sicht präsumtive) Tat sei am 29. Dezember oder am 30. Dezember 1996 begangen worden, die Forderung nach gesonderter Erörterung (Z 5 zweiter Fall) bestimmter Lichtbilder ableitet und hieraus anhand eigener Beweiswerterwägungen auf die Unglaubwürdigkeit der Aussage der Zeugin Tanja K***** schließt, wendet sie sich nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung.
Aktenwidrig (Z 5 fünfter Fall) ist ein Urteil dann, wenn es den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder Urkunde in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergibt (RIS-Justiz RS0099431; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 467).
Mit dem Vorbringen zur allfälligen Anwesenheit der Andrea S***** in der Wohnung des Beschwerdeführers und zur „Interpretation“ der Aussage des Zeugen Dr. G***** wird ein solcher Begründungsfehler nicht behauptet.
Entgegen der Rechtsrüge (Z 9 lit b) ist die Ableitung der Feststellungen zur subjektiven Tatseite aus dem objektiven Tatgeschehen (US 15) unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit (der Sache nach Z 5 vierter Fall) nicht zu beanstanden (RIS-Justiz RS0098671, RS0116882; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 452).
Der Einwand eines fehlenden Autoritätsverhältnisses bzw eines insoweit nicht gegeben gewesenen Vorsatzes (der Sache nach Z 9 lit a) erschöpft sich in der Bestreitung der gegenteiligen Urteilsannahmen (US 4 iVm US 3) und verfehlt solcherart den (auf der Sachverhaltsebene) gerade darin gelegenen Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 581).
Entsprechendes gilt für die Behauptung (generell) fehlender Feststellungen zur subjektiven Tatseite (der Sache nach ebenfalls Z 9 lit a), welche die diesbezüglichen Konstatierungen (US 4) übergeht.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.
Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass das Erstgericht die Schuldsprüche verfehlt nach der im Tatzeitpunkt geltenden Rechtslage fällte, weil diese für den Täter in ihrer Gesamtauswirkung nicht günstiger war als das im Urteilszeitpunkt in Geltung stehende Recht (§ 61 zweiter Satz StGB).
Da dieser Fehler dem Angeklagten aber nicht nachteilig war, bestand insoweit kein Anlass zu einem Vorgehen im Sinn des § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO.
Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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