OGH 13Os92/11w

OGH13Os92/11w23.7.2011

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. Juli 2011 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Nordmeyer in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Böhm als Schriftführer in der Strafsache gegen Jürgen H***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 zweiter Fall, 15 StGB und weiterer strafbarer Handlungen, AZ 50 Hv 46/11p des Landesgerichts Feldkirch, über die Grundrechtsbeschwerde des Angeklagten Peter Hö***** gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Beschwerdegericht vom 14. Juni 2011, AZ 7 Bs 277/11k (ON 298 der Hv-Akten), nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Peter Hö***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Grundrechtsbeschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe:

Das Landesgericht Feldkirch verhängte mit Beschluss vom 20. November 2011 (ON 25) über Peter Hö***** die Untersuchungshaft aus den Gründen der Verdunkelungs- und der Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 2 und 3 lit a und b StPO und setzte diese mehrfach, zuletzt mit Beschluss vom 11. Mai 2011 (ON 267), aus den Haftgründen der Flucht- und der Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 1 und 3 lit a und b StPO fort.

Das Oberlandesgericht Innsbruck gab Haftbeschwerden dieses Beschuldigten mehrfach, zuletzt mit Beschluss vom 14. Juni 2011, AZ 7 Bs 277/11k (ON 298), nicht Folge.

Dabei erachtete es Peter Hö***** dringend verdächtig, mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch die Begehung schwerer Betrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, gemeinsam mit den Justizbediensteten Jürgen H***** und Kurt T***** sowie noch weiteren involvierten Personen zumindest seit dem Jahr 2000 schwere Betrügereien mit gefälschten letztwilligen Verfügungen und Verträgen (Schenkungs- und Übergabeverträgen) vorgenommen oder vorzunehmen versucht zu haben, wobei jede Tat auf einen 50.000 Euro weit übersteigenden Schaden gerichtet gewesen sei.

Durch die inkriminierte Vorgangsweise hätten Verlassenschaftsverfahren eine „überraschende Wendung“ genommen; in zumindest sechs Fällen sei letztendlich Peter Hö***** der Begünstigte der Malversationen gewesen.

Dieses Verhalten wurde als Verbrechen des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 zweiter Fall, 15 StGB und des Missbrauchs der Amtsgewalt nach §§ 12 dritter Fall, 302 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB qualifiziert.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen den zuletzt genannten Beschluss erhobene Grundrechtsbeschwerde des - mittlerweile angeklagten - Peter Hö***** schlägt fehl.

Das gegen die Annahme von Fluchtgefahr gerichtete Beschwerdevorbringen scheitert schon mangels Bezugnahme auf die Gesamtheit der Erwägungen des Beschwerdegerichts (vgl RIS-Justiz RS0112012). Im Übrigen hat dieses die Prognoseentscheidung keineswegs „allein auf der Grundlage der Strenge der zu erwartenden Strafe“ getroffen, sondern daneben ausführlich und ohne Willkür (vgl RIS-Justiz RS0117806, RS0118185) mit dem Hinweis auf den Auslandsbezug des - nunmehr beschäftigungs-losen - Beschwerdeführers begründet. Dessen Frau stamme demnach aus Brasilien und habe nach wie vor starke familiäre Bindungen dorthin. Der Beschwerdeführer habe überdies bereits zweimal mehrere Monate dort verbracht, nachdem er jeweils zuvor sein Arbeitsverhältnis gekündigt habe, sowie mehrere Jahre in Spanien und Mexiko gelebt.

Da somit der Haftgrund der Fluchtgefahr - der (bei gegebenem dringenden Tatverdacht) allein die Fortsetzung der Untersuchungshaft rechtfertigt - mängelfrei begründet wurde, bedarf die gegen die Annahme von Tatbegehungsgefahr gerichtete Argumentation keiner Erörterung (RIS-Justiz RS0061196).

Die strafbaren Handlungen, deren der Beschwerdeführer dringend verdächtig ist, sind mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bedroht. Davon ausgehend steht die Haftdauer von etwas mehr als eineinhalb Jahren im Zeitpunkt der bekämpften Entscheidung angesichts der massiven Tatvorwürfe (insbesondere unter Berücksichtigung des langen Deliktszeitraums und der hohen Schadensbeträge) nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache oder der zu erwartenden Strafe (§ 173 Abs 1 zweiter Satz StPO).

Durch welche Verfahrenshandlungen oder Unterlassungen seit der Inhaftierung des Beschwerdeführers das besondere Beschleunigungsgebot in Haftsachen (§§ 9 Abs 2, 177 Abs 1 StPO) verletzt worden sein soll, legt die Grundrechtsbeschwerde nicht deutlich und bestimmt dar.

Sie war daher ohne Kostenzuspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen.

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