European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:E115972
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde gemäß § 21 Abs 1 StGB die Unterbringung des Gerald H* in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher angeordnet.
Danach hat er unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustands (§ 11 StGB), der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad, nämlich einer komplexen psychiatrischen Störung einhergehend mit einer Intelligenzminderung und einer darauf gelagerten Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis mit entsprechenden Impulsdurchbrüchen, beruht, Nachgenannte gefährlich mit dem Tod bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, und zwar
1) am 8. Dezember 2015 Martin H* durch das Zufügen von Schnittverletzungen mit einem Messer im Bereich der linken Wange und am Handrücken verbunden mit der sinngemäßen Äußerung, dass er wolle, dass dieser sterbe;
2) am 9. Dezember 2015 Martin H* und Sabine S* durch die Äußerung, „Ich bring den Opa um und dich auch“,wobei er auf sie zustürmte und gewaltsam jene Türe zu öffnen versuchte, hinter der sie sich versteckt hielten.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus „Z 5 und Z 5a“ sowie aus „Z 9 und 10“ des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen geht fehl.
Die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs 1 StPO sind voneinander wesensmäßig verschieden und daher gesondert auszuführen, wobei unter Beibehaltung dieser klaren Trennung deutlich und bestimmt jene Punkte zu bezeichnen sind, durch die sich der Nichtigkeitswerber für beschwert erachtet (RIS‑Justiz RS0115902).
Das unter den Aspekten der „Z 5 und Z 5a“ und „Z 9 und 10“ des § 281 Abs 1 StPO erstattete Vorbringen genügt diesen Anforderungen nicht.
Gleiches gilt für den Verweis der materiell-rechtlichen Rügen auf das unter „Z 5 und Z 5a“ Vorgebrachte.
Die zur objektiven und zur subjektiven Tatseite getroffenen Feststellungen leitete das Erstgericht aus der geständigen Verantwortung des Betroffenen, den Angaben der Zeugin S* und den Wahrnehmungen der einschreitenden Beamten ab (US 4 f). Dies ist unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit (Z 5 vierter Fall) nicht zu beanstanden.
Versagt das Gericht einer Zeugin, wie hier der Mutter des Betroffenen (US 5), die Glaubwürdigkeit, stellt es keine Unvollständigkeit dar, wenn nicht mehr auf die Aussage selbst eingegangen wird (RIS-Justiz RS0098642).
Der zur Überzeugung der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit eines Zeugen aufgrund des von diesem in der Hauptverhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks führende kritisch-psychologische Vorgang als solcher ist der Anfechtung mit Mängelrüge entzogen (RIS‑Justiz RS0106588).
Die Verwertung der früheren Angaben des Großvaters des Betroffenen unterblieb der Mängelrüge zuwider zu Recht, weil sich dieser der Aussage entschlug (ON 2 S 31).
Weshalb es weiterer Konstatierungen zum Willen des Betroffenen bedurft hätte, den Tod des Großvaters selbst herbeizuführen, leitet die Rüge (der Sache nach Z 9 lit a StPO) nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab.
Die Behauptung des Fehlens von Feststellungen zum Bedeutungsinhalt der Äußerung als Todesdrohung orientiert sich nicht an den Entscheidungsgründen, wonach es dem Betroffenen geradezu darauf ankam, seinen Großvater und die Betreuerin in Todesangst zu versetzen (US 3), und verfehlt solcherart den Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RIS-Justiz RS0099810).
Mit Spekulationen zum Vorliegen bloßer Unmutsäußerungen wird kein Nichtigkeitsgrund deutlich und bestimmt bezeichnet.
Das übrige Vorbringen der Mängel- und der Tatsachenrüge lässt auch keinen Konnex zu den Kriterien der herangezogenen Nichtigkeitsgründe erkennen.
Mit seiner im Rahmen der Mängel- und der Tatsachenrüge erhobenen Kritik an der Gefährlichkeitsprognose ist der Beschwerdeführer auf die Erledigung der Sanktionsrüge zu verweisen.
Indem die Rechtsrüge (nominell „Z 9“ und Z 10, der Sache nach ausschließlich Z 9 lit a) den vom Erstgericht festgestellten Vorsatz (US 3 f) bestreitet, entzieht sie sich einer inhaltlichen Erwiderung (RIS‑Justiz RS0099810).
Weshalb die Schuldfähigkeit Voraussetzung für die Bildung des Vorsatzes sein sollte, erklärt der Beschwerdeführer nicht (vgl dazu RIS‑Justiz RS0088967).
In Bezug auf die von § 21 Abs 1 StGB verlangte Prognoseentscheidung sind nur das Verkennen der gesetzlichen Kriterien für jene Entscheidung und die Fehlbeurteilung der Prognosetaten als solche mit schweren Folgen Gegenstand der Nichtigkeitsbeschwerde (aus § 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall StPO [Ratz in WK² StGB Vorbem zu §§ 21 bis 25 Rz 8; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 715 f]).
Weshalb eine solche Fehlbeurteilung hier vorliegen sollte oder wieso die Feststellungen zu den Prognosetaten, vergleichbar mit den bisherigen (US 4), als Voraussetzung für die Anordnung der Unterbringung nach § 21 StGB nicht genügen sollten (Z 11), entbehrt der gebotenen Ableitung aus dem Gesetz.
Indem die Sanktionsrüge die Unterbringung als „absolut kontraindiziert“ und schädigend bezeichnet, zeigt sie keinen Rechtsfehler auf.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Berufung kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§§ 285i, 290 Abs 1 dritter Satz StPO).
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