OGH 13Os88/92

OGH13Os88/9216.12.1992

Der Oberste Gerichtshof hat am 16.Dezember 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kießwetter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hörburger, Dr.Massauer, Dr.Rzeszut und Dr.Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Munsel als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Johann N***** wegen des Finanzvergehens des Schmuggels nach den §§ 35 Abs. 1, 38 Abs. 1 lit a FinStrG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Johann N***** gegen das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als Schöffengericht vom 21.Mai 1992, GZ 7 Vr 261/91-62, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch enthaltenden Urteil wurde Johann N***** der Finanzvergehen des Schmuggels nach den §§ 35 Abs. 1, 38 Abs. 1 lit a FinStrG (I A und B) sowie der Hinterziehung von Eingangsabgaben nach den §§ 35 Abs. 2, 38 Abs. 1 lit a FinStrG (II A und B) und des Vergehens der Fälschung eines Beweismittels nach dem § 293 Abs. 1 StGB (III) schuldig erkannt.

Darnach hat er

I. vorsätzlich unter Verletzung einer zollrechtlichen Stellungs- oder Erklärungspflicht eingangsabgabenpflichtige Waren dem Zollverfahren entzogen, wobei es ihm darauf ankam, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen und zwar:

A) im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit dem bereits

rechtskräftig abgestraften Wolfgang Karl F***** in der Zeit vom 15. Oktober 1986 bis 16.September 1987 zwei PKW aus der Bundesrepublik Deutschland mit österreichischen Kennzeichen versehen und eingeführt, nämlich

1. den PKW Mercedes 500 SEC, Fahrgestellnummer WDB 1260441 A 176512, wobei Eingangsabgaben in der Höhe von 113.050 S hinterzogen wurden,

2. den PKW Mercedes 190 E, Fahrgestellnummer WDB 2010241 A 142357, wobei Eingangsabgaben in der Höhe von 22.610 S hinterzogen wurden,

B) im gewußten und gewollten Zusammenwirken mit dem deswegen

gleichfalls bereits rechtskräftig verurteilten Alois H***** und Wolfgang Karl F***** zwischen Ende März 1988 und Ende Mai 1988 im Bereiche von Schärding drei PKW aus der Bundesrepublik Deutschland mit österreichischen Kennzeichen versehen und eingeführt, nämlich

1. den PKW Mercedes 190 D, Fahrgestellnummer WDB 2011221 A 380515, wobei Eingangsabgaben im Betrage von 60.173 S hinterzogen wurden,

2. den PKW Mercedes 190 D, Fahrgestellnummer WDB 2011221 F 365354, wobei Eingangsabgaben im Betrage von 63.125 S hinterzogen wurden,

3. am 4.Mai 1988 den PKW Mercedes 190 E mit ----Umbau, Fahrgestellnummer WDB 2010241 F 159046, wobei Eingangabgaben im Betrage von 80.750 S hinterzogen wurden;

II. vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht eine Verkürzung von Eingangsabgaben bewirkt, wobei es ihm darauf ankam, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und zwar

A) am 6.Mai 1988 beim Zollamt Walserberg-Autobahn im bewußten und

gewollten Zusammenwirken mit der abgesondert verfolgten Regina B***** durch die Vorlage eines unterfakturierten Kaufvertrages über den PKW BMW 318 i, Fahrgestellnummer WBAAK 310008659533, wobei Eingangsabgaben im Betrag von 49.877 S hinterzogen wurden,

B) im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit Alois D***** am 13. Mai 1988 beim Zollamt Haibach durch Vorlage eines unterfakturierten Scheinkaufvertrages über den PKW Ford Sierra, Fahrgestellnummer WFO AXXGBBADD 00026, wobei Eingangsabgaben im Betrage von 3.332 S hinterzogen wurden;

III. am 17.Mai 1988 im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten Alois H***** ein falsches Beweismittel, nämlich eine über den in I B 2 angeführten PKW errichteten Scheinkaufvertrag im verwaltungsbehördlichen Verfahren gegenüber der Finanzstrafbehörde erster Instanz gebraucht.

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Gründe der Z 4, 5, 9 lit a und 9 lit b des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, den Strafausspruch ficht er mit Berufung an.

Zur Verfahrensrüge (Z 4):

In der Hauptverhandlung am 21.Mai 1992 beantragte der Angeklagte "die Einvernahme der beiden Zeugen, insbesondere des Zeugen Alois H***** zum Faktum III zum Beweise dafür, daß Herr H***** den Scheinvertrag ohne Mitwirkung und ohne Beisein des Angeklagten erstellt hat, weiters die Einvernahme der Zeugen Wolfgang Karl F*****, Alois D***** und Eva B*****, jeweils zum Beweis dafür, daß die dem Angeklagten zur Last gelegten Fakten tatbestandsmäßig nicht erfüllt sind" (S 57/II).

Diese Anträge wies das Schöffengericht mit Zwischenerkenntnis gemäß dem § 238 Abs. 1 StPO ab, ohne der Bestimmung des § 238 Abs. 2 StPO gemäß auch die Gründe für diese Entscheidung zu verkünden; dies wurde - allerdings zulässig - erst im Urteil nachgeholt.

Entgegen der Ansicht des Angeklagten wurden durch das Unterbleiben der beantragten Beweisaufnahmen Verteidigungsrechte nicht verkürzt.

Unmittelbar vor Stellung dieses Beweisantrages wurden nach dem (vollen Beweis machenden) Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolles u. a. auch der Bene-Ordner und der Strafakt 7 Vr 261/91 des Kreisgerichtes Ried im Innkreis und damit auch die Angaben des Alois H***** bei seiner Einvernahme am 17.Mai 1988 durch Zollbeamte und als (abgesondert verfolgter) Angeklagter in der Hauptverhandlung vom 11. Juli 1991 verlesen. H***** hat den Angeklagten in Ansehung der Erstellung des mit dem Falschnamen "Martinschitz" unterfertigten Scheinkaufvertrages (Blatt 14 des Bene-Ordners) gegenüber den erhebenden Zollbeamten eindeutig als Mittäter bezeichnet (S 37/I) und bei seiner mehr als drei Jahre später erfolgten gerichtlichen Einvernahme als Angeklagter angegeben, sich an die den erhebenden Zollbeamten gegenüber behauptete Beteiligung des Angeklagten nicht mehr erinnern zu können (S 301/I).

Bei dieser Beweislage hätte es neben der Anführung des Beweisthemas einer zusätzlichen Begründung dafür bedurft, weshalb Alois H***** am 17. Mai 1988 seinen damaligen Geschäftspartner fälschlich der Mittäterschaft beschuldigt haben soll und aus welchen Gründen erwartet werden durfte, daß der Genannte ein weiteres Jahr nach seiner gerichtlichen Beschuldigteneinvernahme als Zeuge sich doch an die näheren Umstände der Erstellung des Scheinvertrages erinnern und sogleich - durch Widerruf seiner ersten belastenden Angaben gegenüber den Zollbeamten - sich faktisch der Verleumdung schuldig bekennen werde (vgl Mayerhofer-Rieder, StPO3, E 19 zu § 281 Abs. 1 Z 4). Der bloße Hinweis auf die sodann für Alois H***** bestehende Wahrheitspflicht reicht nach Lage des Falles nicht aus, zumal der Angeklagte in der Hauptverhandlung vom 11.Juli 1991 bei Vernehmung des Mitangeklagten Alois H***** von dem ihm zustehenden Fragerecht keinen Gebrauch gemacht hat.

Der Verfahrensrüge zuwider wurde im Antrag auf Einvernahme der Zeugen F*****, D***** und B***** kein Beweisthema genannt. "Daß die dem Angeklagten zur Last gelegten Fakten tatbestandsmäßig nicht erfüllt sind", sind keine durch Zeugen zu beweisende Tatsachen. Zum Beweisthema aber, daß der Angeklagte auf Grund einer Auskunft der zuständigen Zollbehörden der Ansicht war, bezüglich der Fahrzeugimporte in den Fakten I und II bestünde Zollfreiheit, waren diese Zeugen nicht angeboten worden. Demnach ist der Angeklagte zur Rüge der unterbliebenen Vernehmung der Zeugen zu diesem Beweisthema nicht legitimiert.

Zur Mängelrüge (Z 5):

Sofern der Angeklagte Feststellungen dahin vermißt, "daß sämtliche in dieser Angelegenheit beteiligte Personen auf Grund einer Auskunft der Zollbehörde, es gebe keine doppelte Mehrwertsteuer, davon ausgegangen sind, daß die Fahrzeuge beim Rückbringen nach Österreich nicht neuerlich verzollt werden müssen, weil es keine Doppelverzollung gibt", ist ihm zu erwidern, daß die in bezug auf die Fakten I A und B Tatbeteiligten H***** und F***** wegen des Finanzvergehens der Hinterziehung von Eingangsabgaben (richtig: des Schmuggels) vor Fällung des gegenständlichen erstinstanzlichen Urteils schuldig erkannt wurden; demnach kann keine Rede davon sein, daß "sämtliche an dieser Angelegenheit beteiligte Personen" in gutem Glauben und somit im Bewußtsein der Rechtmäßigkeit ihres Verhaltens gehandelt haben.

Mit den Hinweisen, daß seine Verantwortung bezüglich der Fakten I A 2 und I B 1 bis 3 vom Erstgericht übergangen worden sei, bringt er einen Begründungsmangel in der Bedeutung der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO nicht zur Darstellung, denn er negiert dabei, daß die Tatrichter seine (in der Hauptverhandlung) insoweit leugnende Verantwortung als widerlegt erachtet haben. Vielmehr bekämpft er damit in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes.

In bezug auf die Fakten I A 1 und 2 hat sich der Angeklagte schuldig bekannt (S 49/II). Dieses Geständnis steht mit seinem Geständnis und jenem F***** vor dem Zollamt Linz als Finanzstrafbehörde erster Instanz in Einklang. Da sich der Angeklagte in der Hauptverhandlung am 21.Mai 1992 nicht dahin verantwortet hat, der PKW Mercedes 500 SEC wäre "bei der Einfuhr beschädigt und der Zoll entrichtet worden", war das Erstgericht nicht gehalten, sich mit diesen in der Beschwerde dargelegten Umständen auseinanderzusetzen.

Aus der (bereits zur Z 4 erörterten) Monierung von Verfahrensmängeln - Nichteinvernahme des Alois H***** - können Begründungsmängel (hier in Ansehung der Fakten I B 1 bis 3) nicht abgeleitet werden.

Mit der Behauptung, daß bei den Fakten I B 1 bis 3 sich das Erstgericht nicht damit auseinandergesetzt habe, daß die Fahrzeuge von Österreich nach Deutschland netto ausgeführt worden sind und die deutsche Mehrwertsteuer entrichtet wurde, weshalb durch die Einfuhr der Fahrzeuge nach Österreich weder der Wert noch der Einstandspreis der Fahrzeuge eine Änderung erfahren hätten, übersieht der Angeklagte, daß die Kraftfahrzeuge durch den Export in die Bundesrepublik Deutschland ausländische Ware geworden waren, die bei der Wiedereinfuhr nach Österreich zu verzollen gewesen wären (vgl ON 50, S 8). Entgegen der Mängelrüge bedurften die Urteilsfeststellungen zu den Fakten II A und B, wonach die beiden Kraftfahrzeuge der Regina B***** und des Alois D***** vor dem Export nach Österreich durch den Angeklagten lediglich zum Schein zwecks Verkürzung der Eingangsabgaben erworben wurden, auf Grund der dies bestätigenden Angaben der genannten Zeugen vor der Zollbehörde (Blatt 141 und 154 Bene-Ordner), die von Regina B***** als Zeugin in der Hauptverhandlung vom 11.Juli 1991 und von Alois D***** als Angeklagter im wesentlichen aufrecht erhalten wurden (B***** S 322 ff/I, D***** S 321 f und 366 ff, je Band I) und des Inhaltes der Schätzgutachten M***** und U***** keiner weiteren Begründung. Daß der Gebrauchtwagen im Faktum II A mit keinem Katalysator ausgestattet war, stellte nach der Verantwortung des Angeklagten kein Hindernis für die Einfuhr nach Österreich dar (S 53/II). Demnach war auch dieser Umstand im Urteil nicht erörterungsbedürftig.

Wie der Oberste Gerichtshof bereits in der Entscheidung vom 19. Februar 1992, 13 Os 131/91 (ON 50), ausgesprochen hat, genügt zur Begründung der Betragshöhe der strafbestimmenden Wertbeträge der (blattmäßig bezeichnete) Hinweis auf den Inhalt des vom Zollamt Linz mit der Anzeige übermittelten Bene-Ordners und demgemäß auch der Hinweis auf entsprechende Ausführungen in der genannten Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (US 11, 14 und 17), wobei die festgehaltenen Rechenvorgänge im Urteil nicht wiedergegeben werden müssen (S 7/II).

Zu den Rechtsrügen:

Diese lassen eine prozeßordnungsgemäße Darstellung vermissen, weil sie nicht den Urteilssachverhalt in seiner Gesamtheit mit dem darauf angewendeten Strafgesetz vergleichen. Indem sie vom Fehlen eines Vorsatzes auf Verkürzung von Eingangsabgaben des Angeklagten wegen der behaupteten Auskunft der Zollbehörde auf Zollfreiheit bei neuerlichem Import eines bereits nach Österreich eingeführten und ordnungsgemäß verzollten Kraftfahrzeugs (Z 9 lit a) ausgehen und einen Rechtsirrtum des Angeklagten infolge der für den Laien schwer verständlichen Zollvorschriften behaupten (Z 9 lit b), weichen sie von den Urteilsfeststellungen ab, daß der Angeklagte vorsätzlich und gewerbsmäßig Eingangsabgaben verkürzt hat (US 15, 17).

Der letztlich erhobene Einwand, von der Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht könne "nur in einem beschränkten Umfang gesprochen werden, zumal die Mehrwertsteuer, nach Ausfuhr der Fahrzeuge in die Bundesrepublik Deutschland - zumindest teilweise - nicht ausbezahlt worden ist und auf alle Fälle bei der Wiedereinfuhr hätte in Abzug gebracht werden müssen", womit der Sache nach eine fehlerhafte Strafzumessung in Ansehung der Berechnung der strafbestimmenden Wertbeträge behauptet wird (Z 11), erweist sich als nicht substantiiert, weil nicht deutlich und bestimmt aufgezeigt wird, in welchen Fakten und in welcher Höhe der "beschränkte Umfang" gegeben war. Damit aber ist die Beschwerde in diesem Punkt einer sachbezogenen Erörterung nicht zugänglich.

Der Vollständigkeit wegen sei noch darauf hingewiesen, daß der mit fingiertem Namenszug unterschriebene Scheinkaufvertrag eine falsche Urkunde darstellt und die zu III. des Urteilsausspruches dem Angeklagten angelastete Tat richtigerweise dem § 223 Abs. 2 StGB zu unterstellen gewesen wäre. Da dieser ungerügt gebliebene Rechtsfehler dem Angeklagten nicht zum Nachteil gereicht, besteht kein Anlaß für ein Vorgehen gemäß dem § 290 Abs. 1 StPO.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet gemäß dem § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO, teils als nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt gemäß der Z 1 der soeben zitierten Gesetzesstelle iVm § 285 a Z 2 StPO schon in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufung fällt demnach in die Zuständigkeit des Gerichtshofes zweiter Instanz (§ 285 i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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