OGH 13Os87/04

OGH13Os87/046.10.2004

Der Oberste Gerichtshof hat am 6. Oktober 2004 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Hon. Prof. Dr. Ratz, Hon. Prof. Dr. Schroll und Dr. Kirchbacher als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Matschegg als Schriftführerin in der Strafsache gegen Dariusz W***** und weitere Angeklagte wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 zweiter Satz, zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Dariusz W***** und Mariusz K***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 10. Februar 2004, GZ 024S Hv 160/03b-131, sowie über die Beschwerden dieser Angeklagten gegen gleichzeitig gemäß § 494a Abs 1 StPO verkündete Beschlüsse nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerden werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Den Angeklagten Dariusz W***** und Mariusz K***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch einen rechtskräftig gewordenen Schuldspruch des Mitangeklagten Krzysztof D***** enthaltenden Urteil wurden dieser sowie die Nichtigkeitswerber Dariusz W***** und Mariusz K***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 zweiter Satz, zweiter Fall StGB (zu A./) und Mariusz K***** noch (zu B./) des Vergehens der Urkundenfälschung nach §§ 223 Abs 2, 224 StGB schuldig erkannt. Danach haben sie

zu A./ in Wien in verschiedenen Täterkombinationen gewerbsmäßig zum Teil allein, zum Teil als Mittäter nachstehenden Personen nachgenannte fremde bewegliche Sachen durch Einbruch mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar

I./ Dariusz W*****, Mariusz K***** und Krzysztof D***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter, und zwar

1.) am 8. August 2003 dem Bernhard M***** dessen PKW der Marke Mazda im Wert von ca. 1.500 Euro;

2.) am 19. September 2003 der Gerlinde L***** durch Einbruch in deren PKW Golf Cabrio ein Autoradio der Marke JVC im Gesamtwert von 600 Euro;

3.) am 13. September 2003 dem Otto We***** durch Einbruch in dessen PKW Marke Audi ein Mobiltelefon der Marke Nokia, eine dunkelblaue Überjacke, ein kariertes Sakko, eine dunkelblaue Hose, eine Krawatte und einen blauen Arbeitsmantel im Wert von ca 700 Euro; II./ Dariusz W***** alleine

1.) am 25. Oktober 1999 Verfügungsberechtigten der Fa. J. Wa***** GesmbH den PKW der Marke VW Passat Highliner samt einem Autoradio der Marke Sony, einem 10-fach CD-Wechsler der Marke Sony, einen Laptop, Sportschuhe der Marke Nike, Werkzeug, einen Overall und eine Freisprecheinrichtung für das Handy der Marke Nokia im Wert von ca 2.900 Euro;

2.) am 25. November 1999 dem Bernd H***** aus dessen PKW der Marke VW Caravelle eine schwarze Tasche der Marke Samsonite, sechs Schlüssel, eine Geldbörse aus schwarzem Leder, einen Bargeldbetrag in der Höhe von 300 S, ein Kreditkartenetui und ein Strom- und Spannungsmessgerät;

B./ Mariusz K***** allein im Mai 2003 und vor dem 15. September 2003 beim Grenzübertritt nach Österreich eine total gefälschte öffentliche Urkunde, nämlich einen polnischen Reisepass lautend auf Robert S***** im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, Rechtsverhältnisses oder Tatsache gebraucht, indem er sich bei seiner Einreise damit auswies. Gegen ihre Schuldsprüche erhoben die Angeklagten Dariusz W***** und Mariusz K***** in einem gemeinsamen Schriftsatz ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerden, die auf Z 5, 5a und 10 (W***** zu den Fakten A./II./) bzw Z 3 und 5 (K***** zu den Fakten A./I./) bzw Z 5 und 10 (beide Angeklagte zu den Fakten A./I./) des § 281 Abs 1 StPO gestützt werden.

Rechtliche Beurteilung

Den Beschwerden kommt jedoch keine Berechtigung zu. Zur Nichtigkeitsbeschwerde allein (zu den Fakten A./II./) des Angeklagten Dariusz W*****:

Die Mängelrüge (Z 5) behauptet eine Unvollständigkeit, die im Übergehen der Aussage des Zeugen Revierinspektor Gerhard M***** gelegen sein soll, wonach von diesem erhoben worden wäre, das entfremdete Fahrzeug am 18. Jänner 2000 sei schon seit mehreren Monaten unverändert vor dem Hause Wien ***** abgestellt gewesen. Zudem habe das Erstgericht übersehen, dass der Auffindungsort in unmittelbarer Nähe des Tatortes gelegen sei.

Zu Recht blieb die Aussage unberücksichtigt, ist doch deren unbestimmter Inhalt nicht geeignet, Erhebliches nämlich zur Verifizierung der entscheidenden Tatsache der angeblich bloß auf vorübergehenden Gebrauch des Fahrzeuges abzielenden subjektive Tatseite des Angeklagten, beizutragen. Der von der Beschwerde aus der Zeugenaussage gezogene Schluss auf ein Abstellen des Fahrzeugs unmittelbar nach dem Tattag, woraus sie in weiterer eigener Beweiswürdigung einen fehlenden Diebstahlsvorsatz ableitet, ist Spekulation und zeigt jedenfalls keinen Begründungsmangel auf. Im Übrigen hat das Erstgericht auch auf die Auffindung einer vom Angeklagten erst am 25. November 1999 gestohlenen Handtasche (A./II./2./) im am 25. Oktober 1999 entfremdeten Pkw Passat hingewiesen.

Die Kritik an der vom Erstgericht dem Angeklagten auch wegen der Auffindung einer mit seinen DNA-Spuren versehenen Getränkeflasche im gestohlenen PKW abgesprochenen Glaubwürdigkeit erweist sich im Hinblick auf das ausführliche Eingehen der Tatrichter auf die wechselnden Verantwortungen des Angeklagten, die ohne Widerspruch zu den Gesetzes folgerichtigen Denkens oder grundlegenden Erfahrungssätzen ausführlich erörtert wurden (S 433/II), als unbegründet.

Die Beschwerdebehauptung betreffend der angeblichen Tat- bzw Auffindungsort (Wien ***** bzw Wien *****) ist schlichtweg aktenwidrig (siehe S 7, 11, 37/je I).

Keineswegs unzureichend ist die Begründung des Schuldspruchs zu A./II./2./, die sich als nicht unlogisch und mit grundlegenden Erfahrungssätzen nicht im Widerspruch stehend zeigt. Dass eine andere Lösung der Tatfrage ebenso vertretbar gewesen wäre, sich die Tatrichter jedoch für die dem Angeklagten nachteilige entschieden haben, ist ein Ausfluss freier richterlicher Beweiswürdigung, der aus Z 5 vierter Fall nicht erfolgreich bekämpfbar ist.

Die der Mängelrüge im Wesentlichen inhaltsgleiche Tatsachenrüge (Z 5a) zeigt keine zu den Punkten A./II./ sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der den Schuldspruch stützenden Feststellungen entscheidender Tatsachen auf. Indem die Subsumtionsrüge (Z 10) nicht vom Tatsachensubstrat des Urteils ausgeht, entbehrt sie einer prozessordnungsgemäßen Ausführung. Dies auch insoweit, als sie es unterlässt darzulegen, aus welchen Gründen ein Bereicherungsvorsatz in Bezug auf Schlüssel auszuschließen sei, und weshalb die Auffindung entfremdeter Sachen die Beurteilung der diesbezüglichen Tat lediglich als Sachentziehung, nicht jedoch als Diebstahl zulasse (ist doch die Beschlagnahme bloß als objektive Schadensgutmachung anzusehen). Schließlich wird nicht deutlich und bestimmt bezeichnet, welche angeblich erforderlichen weiteren Feststellungen das Erstgericht zu treffen unterlassen habe.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde allein des Angeklagten Mariusz K*****:

Behauptet wird eine aus Z 3 nichtigkeitsbegründende Verletzung der Bestimmung des § 250 Abs 2 StGB, weil in der Hauptverhandlung vom 13. Jänner 2004 (S 331/II) nach Verkündung des Beschlusses auf abgesonderte Vernehmung der Angeklagten der Zweit- und Drittangeklagte abgeführt worden wären, jedoch weder in der Hauptverhandlung vom 13. Jänner 2004 noch in der fortgesetzten Hauptverhandlung vom 10. Februar 2004 die Aussagen des Erstangeklagten dem Zweitangeklagten mitgeteilt worden wären. Tatsächlich unterließ es der Vorsitzende nach dem Inhalt der Hauptverhandlungsprotokolle sowohl vom 13. Jänner als auch vom 10. Februar 2004 (ON 126 und 130) den Zweitangeklagten von allem, was in seiner Abwesenheit vorgenommen wurde, insbesondere vom Inhalt der Vernehmung des Angeklagten W*****, in Kenntnis zu setzen. Gemäß § 250 Abs 2 StPO begründet eine solche Unterlassung Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 3 StPO. Dieser Nichtigkeitsgrund kann aber zum Vorteil eines Angeklagten nicht geltend gemacht werden, wenn unzweifelhaft erkennbar ist, dass die Formverletzung keinen für ihn nachteiligen Einfluss üben konnte (§ 281 Abs 3 StPO). Aus dem gesamten Akteninhalt ergeben sich aber keinerlei Hinweise dafür, dass die gerügte Verfahrensverletzung Einfluss auf das Urteil gehabt haben könnte. Auch die Beschwerde kann nicht einmal andeuten, weshalb dieser dem Erstgericht unterlaufene Fehler den Sachausgang nachteilig habe beeinflussen können, eine Beschwer ist nicht erkennbar. Dies umso weniger, als (ohnedies nicht näher bestimmte Teile) der Verantwortung des Angeklagten W***** die Mitangeklagten Krzysztof D***** zu einem Zeitpunkt bekannt gegeben wurden, als sich der Beschwerdeführer bereits wieder im Verhandlungssaal befand.

Die Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) des Angeklagten K***** behauptet eine Unvollständigkeit, die darin liegen soll, dass das Erstgericht die Verantwortung des Angeklagten in der Hauptverhandlung, dass auf dem von ihm verwendeten Reisepass, welcher auf den Namen Robert S***** lautete, ein Einreisestempel vom 12. September 2003 ersichtlich sei, als er von Polen nach Deutschland einreist. Dem entgegen enthält das Ersturteil unfängliche Ausführungen hiezu; im Übrigen ist eine Relevanz dieses Details für die Lösung der Schuldfrage zu den Fakten A./I./ nicht erkennbar.

Zu den von Dariusz W***** und Mariusz K***** gemeinsam ausgeführten Beschwerdepunkten:

Als offenbar unzureichend begründet (Z 5 vierter Fall) wird die Feststellung kritisiert, die Angeklagten hätten die zu A./I./ bezeichneten Diebstähle begangen obwohl sie sich am 16. September 2003 in dem zu A./I./1./ bezeichneten gestohlenen Fahrzeugen befunden haben und in diesem Beute aus den zu A./I./2./ und 3./ genannten Diebstählen gelegen seien.

In Wahrheit trachtet die Rüge nur, nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Schuldberufung die tatrichterliche Beweiswürdigung in Zweifel zu ziehen, ohne jedoch einen Mangel von der Bedeutung des herangezogenen formalen Nichtigkeitsgrundes darzutun.

Die Subsumtionsrüge (Z 10) orientiert sich prozessordnungswidrig - trotz gegenteiliger Beteuerung - nicht am Tatsachensubstrat des Urteiles; soweit auf "jene Feststellungen, welche das Erstgericht in Folge eines Rechtsirrtums nicht getroffen hat" Bezug genommen wird, ist die Beschwerde nicht deutlich und bestimmt.

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren demnach schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO), sodass zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerden das Oberlandesgericht Wien zuständig ist (§ 285i StPO). Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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