OGH 13Os83/93

OGH13Os83/9325.8.1993

Der Oberste Gerichtshof hat am 25.August 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kießwetter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Massauer, Dr.Markel, Mag.Strieder und Dr.Ebner als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Hatvagner als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Rudolf B* wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach dem § 156 Abs. 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreis(nunmehr Landes)gerichtes Wels als Schöffengericht vom 18.November 1992, GZ 11 Vr 1103/90‑30, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Hauptmann, und des Verteidigers Dr.Mittermayer, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1993:0130OS00083.9300000.0825.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

 

Gründe:

 

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Rudolf B* der Verbrechen der betrügerischen Krida nach dem § 156 Abs. 1 StGB (1. des Schuldspruches) und der falschen Beweisaussage vor Gericht nach dem § 288 Abs. 2 StGB (2.) schuldig erkannt. Ihm wird angelastet,

1.) am 31.März 1989 in statu cridae als Inhaber der nicht protokollierten Firma Rudolf B*, Schuhhandel, das gesamte Vermögen dieser Einzelhandelsfirma im Wert von 4,783.609,04 S an die am 23.März 1989 neu gegründete (damals) vermögenslose Schuh‑Zentral‑Lager‑Verkaufs GesmbH veräußert und übertragen und dadurch die Befriedigung wenigstens eines seiner Gläubiger geschmälert zu haben sowie

2.) am 24.Oktober 1989 vor dem Bezirksgericht Wels anläßlich der Ablegung des Offenbarungseides zu 10 E 1955/89 durch die eidliche Angabe nach dem § 47 Abs. 2 EO, die Firma Schuh‑Zentral‑Lager‑Verkaufs GesmbH, * schulde der Einzelhandelsfirma Rudolf B* (nur) ca 300.000S (Punkt 8. des Vermögensverzeichnisses), während der tatsächliche Schuldenstand (dieser GesmbH) mindestens 2,5 Mio S betrug, einen im Gesetz vorgesehenen Eid falsch geschworen zu haben.

 

Rechtliche Beurteilung

Neben der vom Verteidiger des Angeklagten unterfertigten Ausführung der nach Urteilsverkündung sofort angemeldeten Nichtigkeitsbeschwerde (ON 37) hat auch der Angeklagte selbst unter ausdrücklicher Ablehnung der von seinem ihm zunächst gemäß dem § 41 Abs. 3 StPO (ON 17) beigegebenen Verteidiger ‑ diese Bestellung wurde später (verfehlt, weil für die Frage der Kostentragung ohne Bedeutung ‑ s RZ 1978/49, 1981/80 ua.) in eine solche gemäß dem § 41 Abs. 2 StPO umgewandelt (AS 351) ‑ eingebrachten Nichtigkeitsbeschwerde in zwei Schriftsätzen (ON 34 und 36) vermeintliche Nichtigkeitsgründe geltend gemacht. Auf dieses Vorbringen des Angeklagten selbst kann jedoch nicht eingegangen werden, weil im Gesetz nur eine einzige Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde (und zwar die durch den Verteidiger unterfertigte, § 285 a Z 3 StPO) vorgesehen ist und eigene Aufsätze des Rechtsmittelwerbers selbst dann unbeachtlich sind, wenn sie der Verteidiger als Beilagen zu seiner Rechtsmittelschrift nimmt (Mayerhofer‑Rieder, StPO3, ENr 36 und 37 zu § 285; 10 Os 14/87 ua).

Die sachlich zu behandelnde, auf den § 281 Abs. 1 Z 4 und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde versagt zur Gänze.

Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen ist und war der Angeklagte Rudolf B* Inhaber des nicht protokollierten Einzelhandelsunternehmens Rudolf B*, Schuhhandel in W*. Am 31.März 1989 verkaufte er das gesamte Anlage‑ und Umlaufvermögen seines zu diesem Zeitpunkt bereits zahlungsunfähigen Einzelhandelsunternehmens, bestehend aus dem Schuhlager, das allerdings in einem vom Erstgericht nicht mehr feststellbaren Umfang infolge vereinbarten Eigentumsvorbehaltes oder als Kommissionsware im Eigentum der Lieferanten dieser Waren stand, sowie der Geschäftseinrichtung der Verkaufslokale in W* und S* und aus drei Fahrzeugen, zum Gesamtkaufpreis von 4,783.609,04 S an die neu gegründete Firma Schuh‑Zentral‑Lager‑Verkaufs GesmbH in W* (US 14, 15 und 19).

Gesellschafter dieser mit Notariatsakt vom 23.März 1989 mit einem Stammkapital von 500.000 S neu gegründeten GesmbH waren die Mutter des Angeklagten Anna B* zu 99 % und Karl Heinz S* zu einem Prozent. Bereits am Gründungstag trat Karl Heinz S* seinen Anteil an Anna B* ab (US 12, 13). Alleiniger Geschäftsführer dieser GesmbH war der Angeklagte (US 12; vgl auch ON 25, AS 257). Die Hälfte des Stammkapitals hatte Anna B* aufgebracht und am Gründungstag auf ein Geschäftskonto der GesmbH bar einbezahlt. Noch am selben Tag wurde aber davon ein Teilbetrag von 120.000 S und am 28.März 1989 der Restbetrag von 130.000 S bar behoben (US 13) und damit der GesmbH entzogen.

Der Angeklagte schloß die Vereinbarung über die Veräußerung des gesamten Anlage‑ und Umlaufvermögens seines Einzelhhandelsunternehmens einerseits als Inhaber dieser Einzelhandelsfirma und andererseits als alleiniger Geschäftsführer der GesmbH (US 15). Seine nicht protokollierte Einzelhandelsfirma war spätestens in der zweiten Hälfte des Jahres 1988 (und somit auch im Zeitpunkt des vorerwähnten Verkaufes seines gesamten Geschäftsvermögens) objektiv zahlungsunfähig, was der Angeklagte auch wußte (US 12).

Unter den den Angeklagten besonders bedrängenden Gläubigern befanden sich das Finanzamt W* (offene Forderung am 31.März 1989 413.073,43 S; US 20) und vor allem die Sparkasse W* (offene Forderung am selben Tag 1,700.230,90 S; US 10). Zweck der Veräußerung der gesamten Vermögenswerte der Einzelhandelsfirma des Angeklagten an die Schuh‑Zentral‑Lager‑Verkaufs GesmbH war es, zumindest die Befriedigung eines seiner Gläubiger, nämlich der Sparkasse W*, zu schmälern. Der Angeklagte beabsichtigte, die dem Einzelhandelsunternehmen gehörenden Vermögenswerte dem Zugriff der Gläubigerin Sparkasse W* zu entziehen und dadurch deren Befriedigung zu verhindern bzw zu schmälern (US 24). Er führte jedoch (tatplangemäß) auch das Einzelhandelsunternehmen nach Verkauf des gesamten Anlage‑ und Umlaufvermögens weiter. Entsprechend der in der Verkaufsvereinbarung vom 31.März 1989 (Punkt 6.; US 15, siehe Beilage ./J) und durch eine Kommissionsvereinbarung vom selben Tag (US 16 bis 18, Beilage ./K) näher substantiierten Kommissions‑ und Provisionsabrede verkaufte er im Rahmen seines Einzelhandelsunternehmens die ihm nunmehr von der Firma Schuh‑Zentral‑Lager‑Verkaufs GesmbH auf Kommissionsbasis gegen eine feststehende Provision von 25 % des Verkaufserlöses zum Weiterverkauf überlassene (bzw gelieferte) Ware und verpflichtete sich, nur ausschließlich von dieser gelieferte Ware zu führen (US 15 bis 18 und 23, gestützt auf Beilage ./J, ./K und ./S; siehe auch Verantwortung des Angeklagten über die Fortführung seines Einzelhandelsunternehmens AS 216, 220, 221, 227, 231, 232, 236 und 321).

Das angefochtene Urteil geht in diesem Zusammenhang davon aus, daß der Angeklagte durch die Verträge mit der neu gegründeten GesmbH vom 31.März 1989 das gesamte Vermögen (seines Einzelhandelsunternehmens) im Sinne des § 156 Abs. 1 StGB veräußert habe, wodurch diese Vermögenswerte, ohne äquivalente Gegenleistung (weil die ihm aus diesem Verkauf zustehende Forderung gegen die nicht zahlungsfähige Firma Schuh‑Zentral‑Lager‑Verkaufs GesmbH wirtschaftlich wertlos gewesen sei), aus seinem wirtschaftlichen Vermögen ausgeschieden seien. Durch diese Vermögensverschiebung (US 25) habe sich der Angeklagte des gesamten, im Exekutionsweg dem Zugriff seiner Gläubiger unterliegenden Vermögens (seines damals bereits zahlungsunfähigen Einzelhandelsunternehmens) entledigt (US 34, 46) und damit seinen Gläubigern den Befriedigungsfonds entzogen; dies mit dem zumindest bedingten Vorsatz, die Befriedigung wenigstens eines seiner Gläubiger, nämlich der Sparkasse W*, zu vereiteln oder zu schmälern (US 24, 37, 46 und 47). Dadurch sei zumindest die Befriedigung der Sparkasse W* auch tatsächlich geschmälert worden (US 48).

Die Verfahrensrüge (Z 4) bemängelt die Abweisung des in der Hauptverhandlung (AS 240, 348 und 349) gestellten Antrages auf Beiziehung eines Sachverständigen mit entsprechender Erfahrung auf dem Gebiet des Insolvenzrechtes zum Beweis dafür, daß die Gläubiger des Einzelhandelsunternehmens im Falle der Eröffnung des Konkursverfahrens im Februar oder März 1989 unter Berücksichtigung der Kosten des Konkursverfahrens keine Quote erhalten hätten bzw der Schaden der Gläubiger im Falle der Eröffnung des Konkursverfahrens zumindest gleich groß gewesen wäre wie bei dem Verkauf des Vermögens am 31.März 1989 an die GesmbH.

Der Beweisantrag stellt auf den hypothetischen Verlauf eines Konkursverfahrens ab, wäre dieses zur Tatzeit eingeleitet worden. Ob die Befriedigung zumindest eines Gläubigers durch die Veräußerung des gesamten Vermögens des Einzelhandelsunternehmens geschmälert wurde, ist aber nach dem tatsächlichen Geschehensablauf und nicht an Hand der Hypothese eines Konkursverfahrens über das Einzelhandelsunternehmen des Angeklagten im Jahre 1989 (zu dem es nach der Aktenlage aber gar nicht kam) zu beurteilen. Schon deshalb konnte, wie das Erstgericht zutreffend erkannte (AS 350), dieser Beweisantrag nicht zielführend sein. Im übrigen ist den an wirtschaftlichen Abläufen orientierten und nachvollziehbaren Erwägungen des Schöffengerichtes beizupflichten, daß bei frei verwertbaren Vermögenswerten des Angeklagten in der Größenordnung von rund 1 Mio S (drei Fahrzeuge, Geschäftseinrichtung für zwei Lokale) auch unter Berücksichtigung der Konkurskosten jedenfalls eine zumindest teilweise Befriedigung der Gläubiger zu erwarten gewesen wäre, wenn auch in diesem hypothetischen Fall die genaue Höhe des den Gläubigern erwachsenen Schadens nicht mehr feststellbar wäre (US 38 bis 40, 44).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) beruft sich zunächst auf die Bestimmung des § 1409 ABGB über die Haftung des Erwerbers bei Übernahme eines Vermögens oder eines Unternehmens. Durch die Veräußerung des Anlage‑ und Umlaufvermögens an die Firma Schuh‑Zentral‑Lager‑Verkaufs GesmbH sei den Gläubigern keineswegs der Haftungsfonds entzogen worden und auch keine Vereitelung oder Schmälerung ihrer Befriedigungsrechte eingetreten. Die GesmbH sei vielmehr als weitere Schuldnerin an die Seite des Beschwerdeführers getreten, wodurch die Position der Gläubiger nicht verschlechtert, sondern verbessert worden sei.

Dieser Einwand geht ins Leere. Gemäß dem § 1409 ABGB ist derjenige, der ein Vermögen (oder ein Unternehmen) übernimmt, unbeschadet der fortdauernden Haftung des Veräußerers, den Gläubigern aus den zum Vermögen oder Unternehmen gehörigen Schulden, die er bei der Übergabe kannte oder kennen mußte, unmittelbar verpflichtet. Von der Haftung ist er nur insoferne befreit, als er an solchen Schulden schon so viel berichtigt hat, wie der Wert des übernommenen Vermögens (oder Unternehmens) beträgt.

Zweck der Regelung des § 1409 ABGB ist der zivilrechtliche Gläubigerschutz. Das Interesse des Gläubigers liegt bei Veräußerung des (gesamten) Schuldnervermögens an der Übernahme auch der Haftung für dessen Schuld, weil die Sicherheit der "persönlichen" Haftung des Schuldners eben auf diesem Vermögen beruht. Einen Zugriff auf das Surrogat, nämlich den Veräußerungserlös, kann der Schuldner den Gläubigern allzu leicht erschweren oder gar unmöglich machen (Rummel, ABGB2, II, Rz 1 zu § 1409).

Der Haftungstatbestand des § 1409 ABGB kann zum Tragen kommen, wenn der den Gläubigern sonst zur Verfügung stehende Haftungsfonds (etwa durch einen nicht adäquaten Kaufpreis oder wegen einer nicht notwendigerweise dauernden Uneinbringlichkeit der Kaufpreisforderung) verringert wird. Der § 1409 ABGB enthält einen Schuldbeitritt kraft zwingenden Rechtes als Folge einer auf einem Rechtsgeschäft beruhenden Übernahme eines Vermögens oder Unternehmens, wobei der Übernehmer dem Gläubiger unmittelbar verpflichtet ist und bis zur Höhe der übernommenen Aktiven haftet. Unter Vermögen ist in diesem Zusammenhang der im wesentlichen gesamte Güterstand des Veräußerers zu verstehen, der seinen Gläubigern für ihre Forderungen als Haftungsobjekt zur Verfügung steht (Rummel, aaO, sowie Rz 2 bis 4; Dittrich‑Tades, ABGB33, ENr 1, 6, 15 c, 29, 41, 46, 67 und 67 a, jeweils zu § 1409).

Dem Angeklagten wird vorliegend die Schmälerung der Befriedigung zumindest eines seiner Gläubiger, und zwar der Sparkasse W*, infolge Veräußerung des gesamten Anlage‑ und Umlaufvermögens seines Einzelhandelsunternehmens an die GesmbH angelastet. Zumindest diesem Gläubiger ist dadurch, wie das Erstgericht weiters feststellte, der Zugriff auf diese veräußerten Vermögenswerte entzogen worden (US 24, 25, 34, 37, 44, 46, 47, 48, 50). Durch die Vermögensveräußerung wurde zwar gemäß dem an § 1409 ABGB geknüpften Schuldbeitritt des Erwerbers eine Zugriffsmöglichkeit der Gläubiger auf dieses veräußerte Vermögen nicht endgültig beseitigt. Es wurde damit aber, was die Beschwerde übergeht, die rechtliche Position seiner Gläubiger, insbesondere der Sparkasse W*, erheblich verändert.

Die Beschwerde erliegt, insoweit sie von der Annahme des Entstehens eines "Direktanspruches" (im Sinne einer sofortigen Zugriffsmöglichkeit auf das übertragene Vermögen ohne rechtliche Zwischenschritte) ausgeht, einem Irrtum. Die Verpflichtung des Erwerbers des Vermögens im Rahmen des § 1409 ABGB ist vielmehr (lediglich) eine unmittelbar vom Gläubiger gegen diesen (neben dem Schuldner) durchsetzbare.

Die Sparkasse W* verfügte nämlich bisher nur über einen Exekutionstitel gegen den Angeklagten Rudolf B* bzw gegen dessen Einzelhandelsunternehmen. Die Übernahme der Haftung der GesmbH zufolge der Bestimmung des § 1409 ABGB bis zur Höhe der übernommenen Aktiven bedeutet aber nicht, daß die Sparkasse W* (als einer der Gläubiger des Angeklagten) schon auf Grund des nur gegen den Angeklagten bzw dessen Einzelhandelsunternehmen bestehenden Exekutionstitels auch gegen die vorerwähnte GesmbH als Übernehmerin des gesamten Anlage‑ und Umlaufvermögens des Einzelhandelsunternehmens des Angeklagten zur Hereinbringung ihrer offenen Forderung sofort (und unmittelbar) Exekution führen könnte. Hiezu bedarf es vielmehr erst der Erwirkung eines neuen auch gegen die GesmbH wirksamen Exekutionstitels, der aber nur im Wege einer zivilrechtlichen Klage gegen diese GesmbH zu erlangen ist.

Auch der § 156 StGB ist eine (strafrechtliche) Gläubigerschutzvorschrift, die gegen die darin umschriebene vorsätzliche Gläubigerschädigung vorkehren soll und damit direkt auf die Pönalisierung der Herbeiführung des Eintrittes einer Gläubigerinteressen nicht bloß vorübergehenden Beeinträchtigung zielt. Bei der diesbezüglich gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise stellt sie sich, handelt der Schuldner tatbildlich, als eine der strafrechtlichen Entsprechungen zur zivilrechtlichen Schutzbestimmung des § 1409 ABGB dar. Für die Verwirklichung des Grundtatbestandes genügt es, daß die Befriedigung wenigstens eines Gläubigers zumindest geschmälert wird (Leukauf‑Steininger, Komm3, RN 4 zu § 156 StGB; 15 Os 42/92‑22).

Der Abschluß eines Veräußerungsvertrages ist dann tatbestandsmäßig, wenn er eine Vermögensverringerung bedeutet, der Verkäufer also nicht gleichzeitig einen wirtschaftlich äquivalenten Gegenwert erhält. Damit ist das Delikt nach dem § 156 StGB vollendet, weil die betreffenden Sachen bereits dadurch aus dem exekutiv verwertbaren Schuldnervermögen ausscheiden. Wirtschaftlich wertlose, aber auch geringerwertigere Forderungen stellen, auch wenn sie ziffernmäßig angemessen sind, keine äquivalente Gegenleistung für die Übertragung eines Vermögenswertes dar (SSt 55/44).

Auch strafrechtlich ist es dabei von Bedeutung, daß das Entgelt in Werten bestehen kann, die dem Zugriff der Gläubiger entzogen werden können oder bei denen den Gläubigern der Zugriff etwa in dem Sinn erschwert ist, als sie zunächst (neuerliche) rechtliche Durchsetzungsmöglichkeiten, nunmehr gegen den Vermögenserwerber, in Anspruch nehmen müssen. Die Gegenleistung des Erwerbers kann nur dann die Annahme einer Schmälerung der Befriedigung eines Gläubigers ausschließen, wenn sie diesem auch gleiche Sicherheit und gleiche Befriedigungsmöglichkeit bietet (vgl hiezu auch Rummel, aaO, Rz 1 zu § 1409).

Die in der Regel mit der Realisierung der unmittelbaren Verpflichtung des Vermögenserwerbers, der dem Veräußerer kein wirtschaftliches Äquivalent für das von ihm übernommene Vermögen geleistet hat, verbundene erhebliche Erschwerung bei der Durchsetzung dieses sich aus der Vorschrift des § 1409 ABGB ergebenden Gläubigerrechtes muß somit zumindest als Schmälerung der Befriedigung der Gläubiger des Angeklagten oder wenigstens eines von ihnen im Sinn des § 156 Abs. 1 StGB angesehen werden.

Von einer die Gläubigerbefriedigung nicht schmälernden bloß vorübergehenden, zeitlich nicht ins Gewicht fallenden Verzögerung kann aber nach Lage des Falles dabei keine Rede sein, weil durch die Veräußerung der gesamten Vermögenswerte des Schuldners der Gläubiger zunächst in seiner rechtlichen Position bei Durchsetzung seines Befriedigungsanspruches jedenfalls erheblich benachteiligt wird und zur Verwirklichung seines zufolge des Haftungstatbestandes nach dem § 1409 ABGB nunmehr auch gegen den Übernehmer dieser Vermögenswerte bestehenden Befriedigungsanspruches vorerst genötigt ist, sich im Wege einer zivilrechtlichen Klage einen neuen Exekutionstitel gegen den Erwerber des Vermögens zu verschaffen. Für den sein Vermögen veräußernden Kridatar ist dadurch nichts zu gewinnen, daß es dem Gläubiger letztlich gelingen könnte, die auf dem § 1409 ABGB basierende Verpflichtung des Vermögenserwerbers zu realsieren, weil dies nichts daran ändert, daß das Delikt nach dem § 156 Abs. 1 StGB bereits durch die Veräußerung des Vermögens ohne Gegenleistung eines wirtschaftlich äquivalenten Wertes vollendet ist (ähnlich bereits 15 Os 42/92‑22 für den Fall der Überwälzung des für die Gläubiger eingetretenen Schadens durch den Masseverwalter bei Bezahlung einer Schuld nach Konkurseröffnung an den Gemeinschuldner).

Dem Erstgericht ist somit ein Rechtsirrtum nicht unterlaufen, wenn es das in diesem Zusammenhang festgestellte Verhalten des Angeklagten als Verbrechen der betrügerischen Krida nach dem § 156 Abs. 1 StGB beurteilte.

Die weitere Rüge (Z 9 lit a), es stehe nicht fest, ob im Falle eines Konkursverfahrens des Einzelhandelsunternehmens die Gläubiger überhaupt eine Konkursquote erzielt hätten, zumal im Ersturteil keine Feststellungen über die Kosten eines solchen Konkursverfahrens getroffen seien, übergeht die Urteilsfeststellung, daß auch bei konkursmäßiger Verwertung des zur Tatzeit in der freien und uneingeschränkten Verfügung des Angeklagten gewesenen verwertbaren Vermögens von rund 1 Mio S selbst bei Verkauf dieser Gegenstände weit unter ihrem Wert für die Gläubiger jedenfalls ein Erlös verblieben wäre und nur über die genaue Höhe der Befriedigungsquote keine sichere Aussage getroffen werden könne (US 38 bis 40, 44). Mit diesem Einwand verläßt aber der Beschwerdeführer den Rahmen der Urteilsfeststellungen, dessen strikte Beachtung für die gesetzmäßige Ausführung einer Rechtsrüge unbedingt erforderlich ist.

Auch die gegen den Schuldspruch wegen Verbrechens der falschen Beweisaussage vor Gericht nach dem § 288 Abs. 2 StGB (2.) gerichtete Rechtsrüge (Z 9 lit a; inhaltlich auch Unvollständigkeit der Begründung dieses Schuldspruches durch das Schöffengericht nach Z 5 relevierend) entbehrt zum Teil einer prozeßordnungsgemäßen Ausführung. Die in diesem Zusammenhang vermißte Feststellung über die Form des vom Angeklagten am 24.Oktober 1989 vor dem Bezirksgericht W* abgelegten Offenbarungseides, wobei er in Zweifel zu ziehen versucht, ob er diesen Eid überhaupt vor dem Richter dieses Bezirksgerichtes geschworen habe, wurde vom Urteilsgericht mit der Konstatierung, daß er, nachdem das Vermögensverzeichnis seinen Angaben gemäß ausgefüllt worden und ihm die Heiligkeit des Eides sowie die Folgen eines Meineides in Erinnerung gerufen worden war, den im Gesetz vorgeschriebenen Eid geleistet hat (US 8), ohnehin getroffen. Mit dem seinen Schuldspruch wegen Verbrechens nach dem § 288 Abs. 2 StGB bekämpfenden Hinweis auf die Möglichkeit der Ablegung des Offenbarungseides vor einem nichtrichterlichen Bediensteten entfernt sich der Beschwerdeführer von diesen Tatsachengrundlagen der angefochtenen Entscheidung. Der Angeklagte hat überdies im Zuge seiner Verantwortung gar nicht behauptet, daß er den Offenbarungseid am 24.Oktober 1989 beim Bezirksgericht W* nicht in der vorgeschriebenen Form vor dem Richter abgelegt hat. Das Protokoll über die öffentliche Tagsatzung zur Leistung des Offenbarungseides durch den Angeklagten zu 10 E Vr 1955/89 (AS 145 f sowie Konvolut von Fotokopien aus 10 E 1955 und 3567/89 des Bezirksgerichtes W*) bietet ebensowenig einen Anhaltspunkt für einen Formverstoß bei der Eidesleistung oder die Annahme, dieser Eid sei nicht vor dem Richter geleistet worden. Diese im Nichtigkeitsverfahren unbeachtliche Neuerung (Mayerhofer‑Rieder, StPO3, ENr 15 a, 16 und 16 a zu § 281) erweist sich somit als eine durch nichts begründete Spekulation der Beschwerde.

Ebensowenig durchzuschlagen vermag der weitere Einwand, das Erstgericht habe zwar festgestellt, der Angeklagte habe es bei Ablegung des Offenbarungseides ernstlich für möglich gehalten (und sich damit abgefunden), daß die (von ihm im Offenbarungseid als richtig beschworenen) Angaben unrichtig seien (US 9), es mangle dem Urteil aber eine Feststellung darüber, daß er sich der Unrichtigkeit der Angaben auch bewußt gewesen sei.

Der behauptete Feststellungsmangel zielt auf das Erfordernis eines qualifizierten Vorsatzes im Sinne einer Wissentlichkeit (§ 5 Abs. 3 StGB) ab. Zur Erfüllung des Tatbestandes nach dem § 288 Abs. 2 StGB genügt aber dolus eventualis (Leukauf‑Steininger, aaO, RN 26 zu § 288 StGB). Das Wesen des bedingten Vorsatzes (§ 5 Abs. 1 StGB) besteht darin, daß der Täter die Tatbildverwirklichung ernstlich für möglich gehalten hat, also das mit seinem Handeln verbundene Risiko der Tatbildverwirklichung erkannt und so hoch veranschlagt hat, daß er diese als naheliegend ansieht, sich jedoch trotzdem zur Tat entschließt, weil er einen das Tatbild verwirklichenden Ereignisablauf hinzunehmen gewillt ist (sich also damit abfindet). Ein bedingt vorsätzlich handelnder Täter muß sich daher jedenfalls ‑ aber auch bloß ‑ des mit seinem Handeln verbundenen Risikos der Tatbildverwirklichung (hier also des Umstandes, daß die vom Angeklagten mit dem Offenbarungseid beschworenen Angaben im Vermögensverzeichnis unrichtig sein könnten) bewußt sein.

Der weitere Beschwerdeeinwand, im angefochtenen Urteil sei die Verantwortung in der Hauptverhandlung unberücksichtigt geblieben, der Angeklagte wäre sich bei der Eidesleistung nicht bewußt gewesen, daß es sich bei dem Betrag von 2,5 Mio S um eine ihm gegen die Schuh‑Zentral‑Lager‑Verkaufs GesmbH zustehende Forderung gehandelt habe, sondern habe angenommen, es gehe hier um eine Forderung seiner Lieferanten gegen die GesmbH (AS 344), läßt die Auseinandersetzung des Urteils mit diesem Teil der Verantwortung unberücksichtigt, wonach sie für widerlegt angesehen wurde. Das Schöffengericht verwies nämlich mit denkmöglicher Begründung darauf, daß allein die vom Angeklagten an die GesmbH veräußerten drei Fahrzeuge sowie die Einrichtung der beiden Geschäftslokale nach den vom Beschwerdeführer darüber ausgestellten Rechnungen einen Wert von rund 1 Mio S darstellten. Die daraus resultierende Forderung des Angeklagten gegenüber der GesmbH war auch im Zeitpunkt der Ablegung des Offenbarungseides am 24.Oktober 1989 zugegebenermaßen noch unberichtigt. Insoweit konnte es sich also keinesfalls um eine Forderung seiner Lieferanten gegen die GesmbH handeln (US 29 bis 31). Die eidliche Angabe des Angeklagten seine Forderung gegen die Schuh‑Zentral‑Lager‑Verkaufs GesmbH betrage (nur) ca 300.000 S war somit ‑ auf dieser Grundlage beurteilt ‑ jedenfalls unrichtig, wessen sich der Angeklagte nach den weiteren Urteilsannahmen bei Eidesleistung auch bewußt war (US 9 und 31). Auch von einem Urteilsnichtigkeit nach Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO bewirkenden Begründungsmangel kann somit in diesem Belang keine Rede sein.

Der Nichtigkeitsbeschwerde mußte somit insgesamt der Erfolg versagt bleiben.

Aber auch der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Das Schöffengericht verurteilte Rudolf B* nach den §§ 28156 Abs. 1 StGB zu einer für eine Probezeit von drei Jahren (§ 43 Abs. 1 StGB) bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von acht Monaten. Als erschwerend wurde dabei das Zusammentreffen von zwei Verbrechen, als mildernd der bisher ordentliche Lebenswandel sowie der auffallende Widerspruch der Taten mit dem sonstigen Verhalten des Angeklagten gewertet.

In erster Instanz wurden die Strafzumessungsgründe richtig angeführt. Die von der eine bedingte Geldstrafe anstrebenden Berufung geltend gemachten weiteren Milderungsgründe liegen nicht vor.

Aus den Verfahrensergebnissen ist kein Hinweis auf eine objektiv als drückend anzusehende Notlage im Sinne eines bestehenden oder drohenden Mangels an Lebensunterhalt zur Tatzeit zu ersehen (Leukauf‑Steininger, aaO, RN 16 zu § 34). Ebensowenig kann sich ein Zeitraum von etwa drei Jahren zwischen letzter Tat und Urteilsfällung mildernd auswirken, wozu noch kommt, daß das Wohlverhalten während der Anhängigkeit des Strafverfahrens überhaupt nicht als mildernd berücksichtigt werden kann (Mayerhofer‑Rieder, StGB3, ENr 55 und 57 zu § 34).

Die verhängte Freiheitsstrafe kann daher ‑ selbst bei Bedachtnahme auf das zwischenzeitig ergangene Urteil gegen den Angeklagten zu 16 U 426/92 des Bezirksgerichtes Wels (rechtskräftig seit 12.Jänner 1993, Tatzeit 9.April 1992) ‑ nicht als überhöht angesehen werden.

Damit gebricht es aber schon an einer Voraussetzung für die begehrte Strafumwandlung nach dem § 37 StPO.

Die Kostenentscheidung findet ihre Begründung in der angeführten gesetzlichen Bestimmung.

 

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