OGH 13Os82/87

OGH13Os82/879.7.1987

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.Juli 1987 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Felzmann, Dr. Brustbauer und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Bibulowicz als Schriftführerin in der Strafsache gegen Günther Otto N*** wegen des Verbrechens des Betrugs nach §§ 146, 147 Abs. 2, 148 und 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengerichts vom 16.März 1987, GZ. 31 Vr 2852/86-26, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Günther Otto N*** wurde des Verbrechens des teils

vollendeten, teils versuchten schweren gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, 147 Abs. 2, 148, erster Fall, und 15 StGB schuldig erkannt, weil er unter Vortäuschen seines Zahlungswillens und seiner Zahlungsfähigkeit sowie durch die Vorgabe, Transportunternehmer zu sein, von der Firma K*** in Linz im September 1986 in mehreren Angriffen Benzin und vier Winterreifen im Gesamtwert von 8.136,75 S herausgelockt, weitere Winterreifen im Gesamtwert von ca. 20.000 S zu erlisten getrachtet und dabei gewerbsmäßig (§ 70 StGB) gehandelt hat.

Der Angeklagte macht Urteilsnichtigkeit aus § 281 Abs. 1 Z. 5, 9 (ohne buchstabenmäßige Unterteilung) und 10 StPO geltend. Die Staatsanwaltschaft ficht den Freispruch vom Anklagevorwurf der betrügerischen Herauslockung eines Darlehens von 200.000 S zum Nachteil der S*** P*** mit Nichtigkeitsbeschwerde aus Z. 5 an.

Zur Beschwerde der Staatsanwaltschaft:

Zunächst wird eingewendet, daß der gerichtliche Ausspruch über die Person des Darlehensnehmers mit sich selbst im Widerspruch sei und für die Negierung erwiesener "Betrugsabsicht" des Angeklagten keine Gründe angegeben würden.

Das Vorbringen hält einer Überprüfung nicht stand.

Rechtliche Beurteilung

Ein Widerspruch der behaupteten Art würde nur vorliegen, wenn die Tatsacheninstanz über den Darlehensnehmer gleichzeitig solche Feststellungen getroffen hätte, die denkgesetzmäßig einander ausschließen oder nicht nebeneinander bestehen können. Dies trifft jedoch auf die Annahmen, daß der Angeklagte und Rosemarie W*** das betreffende Darlehen aufgenommen haben und daß der Angeklagte damals ohne erwiesene "betrügerische Absicht" gehandelt habe, nicht zu, weil mit den Erwägungen zur subjektiven Tatseite keineswegs - wie die Staatsanwaltschaft ersichtlich meint - eine Mitwirkung der Rosemarie W*** als weiterer Darlehensnehmer ausgeschlossen wird.

Der Sache nach reklamiert die Anklagebehörde weiters fehlende Deckung der Annahme gemeinsamer Darlehensaufnahme durch die Verfahrensergebnisse und führt dazu ins Treffen, daß der Angeklagte nur sich selbst als Vertragspartner der Sparkasse und Rückzahlungsverpflichteten bezeichnet habe (S. 136). Darin liegt jedoch eine nur unvollständige und demgemäß nicht aktengetreue Berücksichtigung der Verantwortung des Angeklagten, der an anderer Stelle durch den Gebrauch des Plurals eine Beteiligung der Rosemarie W*** zum Ausdruck gebracht hat (S. 123), weshalb in Verbindung mit der Zeugenaussage der Letztgenannten eine logisch einwandfreie Grundlage gegeben war, das Zusammenwirken des Angeklagten mit W*** beim Eingehen der Darlehensschuld anzunehmen. Ob W*** dabei Darlehensnehmerin oder Bürgin war (S. 134), konnte mangels entscheidungswesentlicher Bedeutung auf sich beruhen. Die Meinung des Schöffensenats, daß der Nachweis eines gegen das Vermögen des Darlehensgebers gerichteten Schädigungswillens des Angeklagten N*** anläßlich der Übernahme der Rückzahlungsverpflichtung nicht gelungen sei, hat dem Beschwerdeeinwand zuwider im Urteil eine Begründung gefunden (S. 146). Die Argumentation der Staatsanwaltschaft, es fehle an derartigen Entscheidungsgründen, weil die Verhandlung auf dieses Faktum gar nicht ausgedehnt worden sei, läßt zudem auf ein Mißverständnis des Wesens der geltend gemachten Nichtigkeit schließen, weil diese (Z. 5) sich allein aus Unzulänglichkeiten der Urteilsdarlegungen, nicht aber aus Mängeln der Prozeßführung ergeben kann. Der Auffassung, daß insoweit gebotene Beweisaufnahmen unterblieben seien, hätte der öffentliche Ankläger prozeßordnungsmäßig nur nach entsprechender Antragstellung in der Hauptverhandlung mittels Verfahrensrüge (Z. 4) zum Durchbruch verhelfen können.

Zur Beschwerde des Angeklagten:

Weshalb die Feststellung, daß dem Nichtigkeitswerber die von ihm angestrebte Taxi- bzw. Fuhrwerkskonzession von der zuständigen Behörde verweigert wurde, widersprüchlich (Z. 5) sein soll, bleibt unerfindlich. In der Tatsachenfeststellung, der Angeklagte habe vorerst ein Taxigewerbe tatsächlich, aber illegal ausgeübt, sich aber später nur als Transportunternehmer ausgegeben, wird ein Gegensatz erblickt. Dieser ist nicht im Urteil, sondern in dem Verhalten des Angeklagten begründet, der in den Betrugsfällen keine Tätigkeit mehr in der von ihm angegebenen Richtung ausübte, worauf das Urteil deutlich hinweist (S. 145). Die Zahlungsunfähigkeit des Angeklagten und seine gewerbsmäßige Absicht blieben nicht unbegründet, sondern stützt sich das Ersturteil diesbezüglich auf die Schulden des Angeklagten, sein leeres Konto und seine fälschliche Vorgabe, ein Transportunternehmen zu betreiben. Der Einwand, durch das monatliche Einkommen hätten die Benzinrechnungen gedeckt werden können, übersieht den zur Tatzeit bestehenden hohen Schuldenstand. Im Urteil wird auch keineswegs übersehen, daß ursprünglich geplant war, das Haus der Lebensgefährtin zu vermieten, jedoch wird diesbezüglich festgehalten, daß dieser Plan scheiterte (S. 145). Im übrigen ist diese ursprünglich erhoffte Vermietung des Hauses auch sonst nicht unberücksichtigt geblieben, sondern war dies unter anderem auch Grundlage für den Freispruch vom Vorwurf, eine hohe Kreditsumme für das Haus aufgenommen zu haben (S. 146).

Der weitere Einwand, aus einem einmaligen Ankauf von Waren könne noch nicht auf Gewerbsmäßigkeit geschlossen werden, ist im vorliegenden Fall schon deshalb verfehlt, weil in mehreren Angriffen erfolgreich Waren angeschafft wurden und noch weitere angeschafft werden sollten. Im übrigen kann der qualifizierende modale Tatumstand des § 70 StGB schon bei einmaliger Verübung der kraft Gesetzes damit belastbaren Tat angenommen werden.

Die Rechtsrüge (Z. 9 lit. a) vermerkt zutreffend, daß ein präsenter Deckungsfonds beim Betrug grundsätzlich nicht von Bedeutung ist, verliert sich aber hernach in Erwägungen, inwieweit ein Schädigungsvorsatz bei vorhandenem Realbesitz überhaupt gegeben sein könnte. auf diesen Umstand sind die Tatrichter ohnehin eingegangen und hat dieser die Annahme des Schädigungsvorsatzes (in freier Würdigung der inneren Tatseite) nicht gehindert. Richtig ist die Ansicht der Beschwerde, fortlaufende Einnahmen aus dem Abverkauf eines durch einen einzigen Betrug erlangten Warenkontingents könnten Gewerbsmäßigkeit nicht begründen. Der Nichtigkeitswerber übersieht jedoch, daß er sich festgestelltermaßen nicht nur aus dem erhofften Winterreifenkontingent im Gesamtwert von ca. 20.000 S eine fortlaufende Einnahme verschaffen wollte, sondern daß er betrügerisch Treibstoff und Reifen bei der Firma K*** bezogen hat, um sich solcherart eine regelmäßig fließende Einnahmsquelle zu verschaffen. Die Beschwerde, welche diese Feststellungen übergeht und damit die Qualifikation des Betrugs nach § 148 StGB für nicht gegeben erachtet, ist nicht gesetzmäßig ausgeführt.

Beide Nichtigkeitsbeschwerden waren daher schon bei einer nichtöffentlichen Beratung teils als offenbar unbegründet (§ 285 d Abs. 1 Z. 2 StPO) und teils mangels gesetzmäßiger Ausführung (§§ 285 d Abs. 1 Z. 1, 285 a Z. 2 StPO) zurückzuweisen.

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