OGH 13Os8/17a

OGH13Os8/17a22.2.2017

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. Februar 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Adamowitsch als Schriftführerin in der Strafsache gegen Alexander W***** wegen des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Geschworenengericht vom 22. November 2016, GZ 704 Hv 2/16a‑60, und seine Beschwerde gegen einen „Beschluss über den Widerruf einer bedingten Strafnachsicht“, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0130OS00008.17A.0222.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung (wegen des Ausspruchs über die Strafe und die privatrechtlichen Ansprüche) sowie die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Alexander W***** aufgrund des Wahrspruchs der Geschworenen des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 6. Juni 2016 in L***** versucht, Hubert S***** zu töten, indem er mit einer Axt mit einer Stiellänge von rund 32 cm und einer Schneidelänge von rund 10 cm in das Schlafzimmer ging, wo Hubert S***** im Bett lag, und auf diesen mit den sinngemäßen Worten, „jetzt wird abgerechnet“, zumindest dreimal in Richtung des Kopfes einschlug, wobei es nur deshalb beim Versuch blieb, weil Hubert S***** gerade noch rechtzeitig aufwachte, den Arm schützend vor seinen Kopf halten und flüchten konnte, durch die Tat aber eine an sich schwere, im Urteil näher bezeichnete Verletzung erlitt, die eine länger als 24 Tage dauernde Gesundheitsschädigung und Berufsunfähigkeit zur Folge hatte.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 8, 10a und 12 des § 345 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht – wie die Generalprokuratur zutreffend darlegt – fehl.

Eine prozessordnungsgemäße Ausführung der Instruktionsrüge (Z 8) verlangt den Vergleich der tatsächlich erteilten Rechtsbelehrung mit deren nach § 321 Abs 2 StPO erforderlichem Inhalt und die darauf gegründete deutliche und bestimmte Darstellung der Unrichtigkeit der den

Geschworenen zuteil gewordenen juristischen Information (RIS‑Justiz RS0119549, RS0119071).

Indem die Instruktionsrüge ihre Argumentation aus der ihrer Ansicht nach verfehlten Bejahung der Hauptfrage entwickelt, verfehlt sie die prozessordnungskonforme Darstellung des Nichtigkeits-grundes. Aus welchem Grund die Rechtsbelehrung (§ 321 StPO) eine Information über das Beweismaß im Strafverfahren hätte enthalten müssen, legt sie nicht aus dem Gesetz abgeleitet dar (vgl § 323 Abs 2 StPO; RIS‑Justiz RS0098508).

Die Tatsachenrüge (Z 10a) unternimmt den (unzulässigen) Versuch, die Richtigkeit der den Geschworenen vorbehaltenen Beweiswürdigung durch eigene Erwägungen zu isoliert herausgegriffenen Aussagen der Sachverständigen in Zweifel zu ziehen. Damit verkennt sie das Wesen des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes (RIS‑Justiz RS0119583 [T7 und T13]). Indem die Beschwerde (nominell unter Berufung auf Z 10a) kritisiert, dass die Eventualfragen erst auf Antrag des Verteidigers und gegen den Willen der Staatsanwaltschaft in den Fragenkatalog aufgenommen worden seien (ON 59 S 56 f), lässt sie auch keinen Konnex zu einem Nichtigkeitsgrund erkennen.

Die Geltendmachung materieller Nichtigkeit im geschworenengerichtlichen Verfahren verlangt den Vergleich der im Wahrspruch der Geschworenen (§§ 330 bis 333 StPO) festgestellten Tatsachen mit der im Schuldspruch (§§ 260 Abs 1 Z 2, 270 Abs 2 Z 4 StPO iVm § 302 StPO) vorgenommenen Subsumtion (RIS‑Justiz RS0101148, RS0101403).

Daran orientiert sich die Subsumtionsrüge (Z 12) nicht, indem sie den im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten Tötungsvorsatz kritisiert und einen Rechtsirrtum der Laienrichter behauptet, weil der gesamte Tatablauf auf eine „klassische Totschlagshandlung“ hinauslaufe.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – ebenso wie die im geschworenengerichtlichen Verfahren nicht vorgesehene

Schuldberufung (ON 62) – gemäß §§ 285d Abs 1, 344 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufung (wegen des Ausspruchs über die Strafe und die privatrechtlichen Ansprüche) sowie über die Beschwerde des Angeklagten (ON 63) gegen einen – nach der Aktenlage nicht gefassten – Widerrufsbeschluss kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§§ 285i, 344, 498 Abs 3 StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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