OGH 13Os7/92-6

OGH13Os7/92-618.3.1992

Der Oberste Gerichtshof hat am 18.März 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hörburger, Dr. Kuch, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kohout als Schriftführer in der Strafsache gegen Heinz Leo M***** wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 3 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 27.September 1991, GZ 5 b Vr 6065/90-70, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 14.Juli 1947 geborene Handelsvertreter Heinz Leo M***** des Verbrechens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 3 StGB (Punkt A des Urteilssatzes) und des Vergehens der Veruntreuung nach dem § 133 Abs. 1 und Abs. 2, erster Fall, StGB (Punkt B) schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren verurteilt; gemäß dem § 43 a (Abs. 2) StGB wurde der Vollzug eines Teiles der Freiheitsstrafe in der Dauer von sechzehn Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Dem Privatbeteiligten Johann H***** wurde ein Betrag von 405.280,60 S, der Privatbeteiligten Firma W***** & N***** ein solcher von 21.480 S zugesprochen.

Darnach hat Heinz Leo M*****

A./ mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, nachangeführte Personen durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitet, die diese oder Dritte um einen 500.000 S übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten, und zwar

I. in D***** durch Täuschung über seine mangelnde Zahlungswilligkeit Johann H***** zur Ausfolgung nachstehender Beträge als Darlehen,

1. am 15.Jänner 1982 140.000 S;

2. am 28.Februar 1982 38.971,37 S;

3. am 8.Mai 1982 58.000 S;

4. am 24.Juni 1982 29.642,92 S;

5. am 31.Juli 1982 50.000 S;

6. am 3.August 1982 30.000 S;

7. am 18.Oktober 1982 58.594,31 S,

insgesamt somit 405.208,60 S;

II. in W***** Verfügungsberechtigte der Firma W***** & N*****, Sanitär- und Heizungsgroßhandels GesmbH durch Täuschung über die Tatsache seiner Zahlungsunfähigkeit bzw. Zahlungsunwilligkeit zur Überlassung von Waren, und zwar

1. am 6.August 1986 im Wert von 18.670 S;

2. am 8.August 1986 im Wert von 1.738 S;

3. am 22.September 1986 im Wert von 914 S;

4. am 16.Dezember 1986 im Wert von 158 S;

insgesamt somit im Wert von 21.480 S;

III. in W***** im Sommer 1989 Werner M*****-E***** durch die Vortäuschung, die restlichen Leasingraten für die von ihm zurückgenommenen Geräte, Solarium Sunlight FT 26, im Wert von 47.568,01 S sowie Solarium Sunlight Kosmos UV AK 46 L, im Wert von 49.915,35 S, zu bezahlen, welche er dann nicht bezahlte, zur Anschaffung von Neugeräten von Solarien, wodurch die Firma M*****-E***** KG um die Beträge von 47.568,01 S und 49.915,35 S, das sind die restlichen Leasingraten, geschädigt wurde, wobei Heinz Leo M***** mit dem Vorsatz handelte, sich unrechtmäßig zu bereichern;

B./ nachstehende Beträge, die ihm für den Kauf von Solarien anvertraut worden waren, mit Bereicherungsvorsatz sich zugeeignet, und zwar

I. 132.600 S, die ihm von der Firma P***** Leasing GesmbH für die Anschaffung eines Solariums Vita-Sun MD 34 S für die Firma M*****-E***** KG ausgezahlt worden waren, und

II. 310.000 S, die ihm von der Firma A***** Mobilien-Leasing GesmbH für die Anschaffung von zwei Solarien der Marke Vita-Sun MD 40 L für die Firma Fitneß-Studio N***** GesmbH ausbezahlt worden waren.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 4, 5, 5 a und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Den Strafausspruch und den Zuspruch an die Privatbeteiligten ficht er jeweils mit Berufung an.

Als Verfahrensmangel (Z 4) rügt der Beschwerdeführer die Nichterledigung seines in der Hauptverhandlung am 22.Februar 1991 (S 384/I) gestellten und in der Hauptverhandlung vom 27. September 1991 (S 447/I) wiederholten Beweisantrages auf Überprüfung der Buchhaltung des Werner M*****-E***** dahin, ob dieser "in den ersten zwei Jahren Röhren gekauft" habe. Da dieser Antrag nur das gemäß dem § 57 StPO ausgeschiedene Faktum Punkt IV/1 der Anklageschrift ON 52/I betroffen hat (vgl. S 454/I, US 17 f), wurde dieser Beweis mit Recht nicht durchgeführt. Entgegen der Behauptung der Rüge war dieser Antrag vom Beweisthema her nur für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Verantwortung des Beschuldigten und des Zeugen Werner M*****-E***** in diesem Faktum von Bedeutung. Dies gilt auch für den in der Hauptverhandlung vom 27.September 1991 gestellten, gleichfalls nur das ausgeschiedene Faktum IV/I der Anklage betreffenden Antrag auf Einholung einer Auskunft von jener Spedition, die Waren dem Zeugen Werner M*****-E***** zugestellt hat (S 339 f/I).

Zum Faktum B/I des Urteilssatzes beantragte der Angeklagte die Vornahme eines Lokalaugenscheines sowie die Einholung des Gutachtens eines Sachverständigen "für Bräunungsgeräte" zum Beweise dafür, daß bei der Situierung der Räumlichkeiten des M*****-E***** eine Aufstellung und Inbetriebnahme des noch zu liefernden Gerätes Solarium Vita-Sun MD 345 nicht möglich und diesem bekannt war, daß zu diesem Zweck ein Umbau erforderlich gewesen wäre (S 398/I). Dieser Antrag wurde in der Hauptverhandlung vom 27.September 1991 wiederholt (S 447/I).

Nach den Urteilsfeststellungen bestellte der Zeuge Werner M*****-E***** beim Angeklagten (auch) ein Solarium Vita-Sun MD 345. Der Kauf wurde durch die P***** Leasing in der Form vorfinanziert, daß der Zeuge (fälschlich) bestätigte, das Gerät bereits erhalten zu haben, und die Bank auf Grund dieser Bestätigung dem Beschwerdeführer den Kaufpreis von 132.600 S ausfolgte. Diesen Betrag hat der Angeklagte aber nicht zum Kauf eines solchen Gerätes, sondern für andere Zwecke verwendet. Dabei handelte er mit dem Vorsatz, sich unrechtmäßig zu bereichern (US 19 f, 16). Da das Erstgericht als erwiesen angenommen hat, daß der Beschwerdeführer den von der Bank ausbezahlten Geldbetrag von vornherein für sich verwendet hat (US 20 f), war dieser Beweisantrag von seinem Beweisthema nicht geeignet, die Beweislage zugunsten des Angeklagten maßgebend zu verändern.

Der Antrag auf "Anfrage beim Finanzamt M*****" zum Beweise dafür, daß ein jederzeit abrufbares Steuerguthaben von rund 390.000 S gegeben sei (S 454/I) und auf Einholung einer Auskunft der Bank des Beschwerdeführers sowie eines Sachverständigengutachtens darüber, daß der Angeklagte jederzeit über die finanziellen Mittel zum Ankauf der nicht gelieferten Geräte verfügte (S 456/I), wurde mit Recht abgewiesen, weil das Erstgericht dazu in der Urteilsbegründung feststellte, daß - unabhängig von der Frage, ob der Angeklagte in der Lage war, jederzeit über diesen Geldbetrag zu verfügen - er von vornherein nicht willens war, diese Beträge für den Ankauf der in Rede stehenden Geräte heranzuziehen und damit diesen Anspruch des Berechtigten aus eigenen Mitteln zu befriedigen (vgl. US 23).

Auch die Mängelrüge (Z 5) ist nicht berechtigt.

Die Beschwerde behauptet zunächst einen unlösbaren Widerspruch zwischen der Feststellung einerseits, der Angeklagte habe den ihm vom Zeugen Johann H***** am 10.Dezember 1981 geliehenen Betrag von 31.165 S zuzüglich der vereinbarten Zinsen auch tatsächlich bezahlt (US 7) und der Konstatierung andererseits, der Betrugsvorsatz des Angeklagten ergebe sich daraus, daß dieser von den geliehenen Beträgen in Höhe von 436.374 S nichts zurückbezahlt habe (US 11). Dabei übergeht die Rüge aber die weiteren Urteilsausführungen, daß der Beschwerdeführer bei der weiteren Kreditaufnahme den Geschädigten H***** über seine Zahlungswilligkeit täuschte und mit Schädigungsvorsatz handelte (US 9).

Die Tatsache, daß der Zeuge Johann H***** bei seiner Einvernahme am 27.September 1991 behauptete, auch der Betrag von 31.165 S sei vom Angeklagten nicht zurückbezahlt worden (S 432 letzter Absatz/I), demgegenüber aber in der Hauptverhandlung am 22. Februar 1991 angab, daß dieser Betrag samt Zinsen zurückbezahlt worden ist (S 352/I), war nicht gesondert zu erörtern, weil dieser Betrag dem Angeklagten ohnedies nicht angelastet wurde und der Hinweis des Urteils, daß sich die Feststellungen auf die vollkommen unbedenklichen Angaben des glaubwürdig wirkenden Zeugen H***** gründen, nur auf die vom Schuldspruch erfaßten Beträge bezieht.

Soweit die Mängelrüge zum Faktum A II (Betrug zum Nachteil der Firma W***** & N*****) das Urteil als unzureichend begründet bezeichnet, weil der Betrugsvorsatz des Angeklagten ausschließlich aus dem Unterlassen von Zahlungen erschlossen werde, geht die Rüge nicht vom gesamten hier entscheidungswesentlichen Urteilssachverhalt aus. Denn das Gericht hat in diesem Zusammenhang auch festgestellt, daß der Angeklagte hohe Schulden hatte und zumindest billigend in Kauf nahm, daß er die bezogene Ware nicht oder nicht rechtzeitig bezahlen werde können.

Die Tatsachenrüge (Z 5 a) bekämpft zum Faktum A I die Glaubwürdigkeit der Aussage des Zeugen Johann H***** im wesentlichen unter Wiederholung des Vorbringens der Mängelrüge und macht auch zu A II des Urteilssatzes die - bereits unter dem Grund der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO behauptete - Scheinbegründung der subjektiven Tatseite geltend. Hinsichtlich der Fakten B I und II bezeichnet die Beschwerde die Feststellungen des Erstgerichtes als unrichtig und greift dabei auf die vom Erstgericht als unglaubwürdig abgelehnte Verantwortung des Angeklagten zurück. Damit vermag die Rüge aber nicht aufzuzeigen, inwieweit der Schöffensenat seine Pflicht zur amtswegigen Erforschung der materiellen Wahrheit durch Übergehen aktenkundiger Umstände in einer Weise verletzt hätte, daß daraus erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit des dem Schuldspruch zugrunde gelegten entscheidenden Sachverhalts resultieren müßten.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit. a) entbehrt zur Gänze einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung.

Die Feststellung, daß der Angeklagte im Faktum A II die Geschädigten über Tatsachen getäuscht hat, ergibt sich aus dem mit den Urteilsgründen eine Einheit bildenden Spruch der Entscheidung. Darnach hat der Angeklagte Verfügungsberechtigte der Firma W***** & N***** durch Täuschung über die Tatsache seiner Zahlungsunfähigkeit bzw. seines mangelnden Zahlungswillens zur Überlassung von Waren veranlaßt. Soweit die Rüge daher behauptet, das Urteil enthalte keine Feststellungen über die Täuschungshandlungen des Angeklagten, geht sie nicht vom Urteilssachverhalt aus.

Dies gilt auch für die Ausführungen der Rechtsrüge zum Faktum A III, ein Vermögensschaden auf Seiten des Werner M*****-E***** sei deshalb nicht eingetreten, weil dieser nach wie vor Leasingnehmer geblieben und nach Auszahlung der Leasingraten Eigentümer der Geräte sei. Denn nach dem Inhalt des Urteilsspruches hat der Angeklagte den Genannten durch die Vortäuschung, die restlichen Leasingraten für die zurückgenommenen Geräte zu bezahlen, zur Anschaffung von Neugeräten veranlaßt und dabei um die restlichen Leasingraten in der Höhe von rund 47.000 S und 49.000 S geschädigt. Im übrigen wird nicht dargetan, weshalb der vom Erstgericht festgestellte Sachverhalt rechtlich anders als im angefochtenen Urteil beurteilt werden sollte. Die unsubstantiierte Behauptung eines dem Urteil anhaftenden Rechtsfehlers kann aber nicht als gesetzmäßige Darstellung einer Rechtsrüge gewertet werden (Mayerhofer-Rieder, StPO3, § 281 ENr. 28).

Hinsichtlich des Schuldspruches wegen des Vergehens der Veruntreuung (B I und II) vermißt der Beschwerdeführer Feststellungen über das Vorliegen eines präsenten Deckungsfonds, übergeht aber die Konstatierung, daß der Angeklagte auch unter dieser Voraussetzung nicht willens war, den Rückforderungsanspruch des Berechtigten aus eigenen (anderen) Mitteln zu befriedigen (US 23). Damit entbehrt die Rechtsrüge auch hier einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet gemäß dem § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO, teils als nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt nach dem § 285 d Abs. 1 Z 1 StPO im Zusammenhalt mit dem § 285 a Z 2 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Über die Berufung wird demnach das Oberlandesgericht Wien zu entscheiden haben (§ 285 i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.

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