OGH 13Os74/98

OGH13Os74/981.7.1998

Der Oberste Gerichtshof hat am 1. Juli 1998 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel, Dr. Rouschal, Dr. Habl und Dr. Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kofler als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Mag. Dietmar U***** und einen weiteren Angeklagten wegen des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Schöffengericht vom 2. März 1998, GZ 8 Vr 903/95-42, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Mag. Dietmar U***** und Dr. Josef L***** von der gegen sie wegen des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB erhobenen Anklage gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Ihnen war zur Last gelegt worden, in Braunau am Inn als Sachbearbeiter der Gewerbeabteilung (erg: der Bezirkshauptmannschaft), sohin als Beamte, mit dem Vorsatz, den Staat in seinem Recht auf ordnungsgemäße Durchführung von Verwaltungsstrafverfahren zu schädigen, ihre Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich mißbraucht zu haben, und zwar:

1) Mag. Dietmar U***** von Mai 1992 bis 9. Jänner 1995 dadurch, daß er in rund 160 Fällen Verwaltungsstrafanzeigen unbearbeitet liegen ließ bzw keine gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Verfolgungshandlung vornahm, sodaß Verjährung eintrat;

2) Dr. Josef L*****

a) von Mai 1992 bis 9. Jänner 1995 dadurch, daß er seine Verpflichtung zur Ausübung der Dienstaufsicht über den ihm unterstellten Mag. Dietmar U***** unterließ, wodurch es zu den unter

1) angeführten Folgen kam,

b) am 14. Mai 1993 dadurch, daß er Beamte des Gendarmeriepostenkommandos Altheim anwies, die gegen die Verantwortlichen der Firma M***** GmbH aufgetragenen Erhebungen einzustellen, wodurch es zu einem nicht ordnungsgemäßen Abschluß des eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahrens kam.

Die dagegen von der Anklagebehörde aus § 281 Abs 1 Z 5 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl.

Rechtliche Beurteilung

Ursache des inkriminierten Untätigbleibens der beiden Angeklagten (Punkt 1) und 2) a)) war nach (in freier Beweiswürdigung gewonnener) Überzeugung des Schöffensenates nicht die wissentliche Mißachtung der sie treffenden Amtspflicht, sondern vielmehr - wissentlichen Mißbrauch ausschließend - Schlamperei und Desinteresse (US 40, 45, 48). Beim Angeklagten Mag. Dietmar U***** kam den Urteilserwägungen zufolge überdies noch eine - mit Mißbrauch im Sinn des § 302 Abs 1 StGB schon in objektiver Sicht nicht in Einklang zu bringende, (vgl EvBl 1976/262) - unzureichende individuelle Befähigung hinzu (US 43).

Die Mängelrüge erschöpft sich (zusammengefaßt) im Bemühen, in Ansehung einzelner, dem Beschwerdestandpunkt zuwider der im relevanten Kernbereich sehr wohl vom Erstgericht berücksichtigter Beweisergebnisse auf deren die Berechtigung des Anklagevorwurfs (lediglich) indizierende Interpretationsmöglichkeit hinzuweisen. Solcherart gelangt der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund aber nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung. Ob der vom Erstgericht aus den angeführten Beweisergebnissen gezogenen Schlußfolgerung, nämlich auf deren mangelnde Eignung, einen Schludspruch hinreichend zu stützen, bei realitätsbezogener Betrachtung geringere Wahrscheinlichkeit als den gegenteiligen Erwägungen der Beschwerdeführerin zukommt, ist unter dem Aspekt eines formellen Begründungsmangels ohne Belang.

Als unbeachtliche Bekämpfung der formell mängelfreien Beweiswürdigung erweist sich auch das den Freispruch zu 2) b) betreffende Beschwerdevorbringen. Diesbezüglich war der Schöffensenat der Ansicht, daß der Angeklagte Dr. L***** die fraglichen Gendarmerieerhebungen "gutgläubig gestoppt" habe, wobei er "naturgemäß mit einer ordnungsgemäßen Weiterbearbeitung" des Aktes durch Mag. U***** rechnen konnte (US 50). Dem erkennenden Senat bei dieser Einschätzung unterlaufene logische Fehler als Voraussetzung der behaupteten unzureichenden Begründung werden von der Beschwerdeführerin nicht einmal ansatzweise dargetan.

Zudem erliegt die Beschwerdeführerin einem eklatanten Mißverständnis, wenn sie eine mögliche Verjährung von Verwaltungsstrafsachen im Frühjahr 1992 auf Grund der erst anfang Jänner 1992 aufgenommenen Strafreferententätigkeit des Mag. U***** ausschließt, denn (auch bei Verwaltungsübertretungen) beginnt der Lauf der (Verfolgungs-)Verjährung gemäß § 31 Abs 2 VStG grundsätzlich mit dem Zeitpunkt, in dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat und keinesfalls - wie die Staatsanwaltschaft ersichtlich meint - mit Beginn der Tätigkeit der Verwaltungsstrafbehörde bzw ihrer zuständigen Referenten.

Die offenbar unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde der Anklagebehörde war daher (in Übereinstimmung mit der Ansicht der Generalprokuratur) schon bei nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§ 285 d StPO).

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