OGH 13Os62/13m

OGH13Os62/13m29.8.2013

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. August 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Bitsakos als Schriftführer im Verfahren zur Unterbringung des Kurt B***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 4. April 2013, GZ 49 Hv 80/12b-77, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde gemäß § 21 Abs 1 StGB die Unterbringung des Kurt B***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher angeordnet.

Danach hat er vom Jahresanfang 2007 bis zum 22. März 2012 in G***** unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustands (§ 11 StGB), der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad, nämlich einer wahnhaft halluzinatorischen paranoiden Schizophrenie, beruht,

(I) in vier (im Urteil individualisierten) Fällen andere gefährlich mit dem Tod bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, und

(II) andere durch (im Urteil näher beschriebene) gefährliche Drohungen mit dem Tod zu Unterlassungen genötigt, nämlich

1) Manfred S***** zu jener der weiteren Kontaktaufnahme mit seiner Mutter sowie

2) Herbert T***** zu jener der Vorbeifahrt an seinem Grundstück,

und dadurch jeweils mehrere Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 StGB (I) sowie Verbrechen der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB (II) begangen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen geht fehl.

Entgegen der Mängelrüge (Z 5) sind die Feststellungen zur subjektiven Tatseite (US 5 f), wonach der Beschwerdeführer sämtliche Opfer mit dem Tod bedrohen wollte und er teils beabsichtigte, diese in Furcht und Unruhe zu versetzen (I), teils die beschriebenen Unterlassungen erreichen wollte (II), keineswegs undeutlich (Z 5 erster Fall).

Die Begründung dieser Konstatierungen aus dem äußeren Tatgeschehen im Zusammenhalt mit der Verantwortung des Betroffenen und dem Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen (US 9) widerspricht weder den Gesetzen logischen Denkens noch grundlegenden Erfahrungssätzen und ist solcherart aus dem Blickwinkel des § 281 Abs 1 Z 5 vierter Fall StPO nicht zu beanstanden (RIS-Justiz RS0116732, RS0118317).

Der Beschwerde zuwider besteht zwischen den Feststellungen, der Beschwerdeführer habe einerseits (teils qualifiziert) vorsätzlich gehandelt, sei aber andererseits zu den Tatzeiten nicht zurechnungsfähig gewesen (§ 11 StGB), kein Widerspruch (Z 5 dritter Fall). Ein der in Rede stehenden mit Strafe bedrohten Handlung entsprechender Täterwille ist vielmehr Voraussetzung (auch) der Anordnung einer Unterbringung im Sinn des § 21 Abs 1 StGB (RIS-Justiz RS0090295), weil der Vorsatz nach der Systematik des StGB auf der Tatbestandsebene angesiedelt ist (Reindl in WK² StGB § 5 Rz 1, Steininger SbgK § 5 Rz 4).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) leitet nicht aus dem Gesetz ab, weshalb der Grad der Befürchtungen der Bedrohten sowie die Frage, ob der Beschwerdeführer seine Drohungen umsetzen werde, hier unter dem Aspekt rechtsrichtiger Subsumtion relevant sein sollen, und entzieht sich solcherart einer meritorischen Erledigung (RIS-Justiz RS0116569; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 588).

Mit Blick auf § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO sei festgehalten, dass eine Drohung, um der Begriffsdefinition des § 74 Abs 1 Z 5 StGB zu entsprechen, geeignet sein muss, dem Bedrohten begründete Besorgnisse - also die Annahme, dass ein Ereignis bevorsteht, verbunden mit der unangenehmen Vorausempfindung des aus diesem Ereignis entspringenden Übels - einzuflößen. Diese Eignung ist im Hinblick auf die gesetzlich gebotene Rücksichtnahme auf die Verhältnisse und die persönliche Beschaffenheit des Bedrohten bzw die Wichtigkeit des angedrohten Übels unter Anlegung eines objektiv-individuellen Maßstabs zu beurteilen. Ob die Drohung beim Bedrohten tatsächlich Besorgnis erregt, ist demnach ohne rechtliche Bedeutung (Jerabek in WK² § 74 Rz 33; Seiler SbgK § 107 Rz 14).

Ebenso irrelevant ist es, ob der Drohende tatsächlich in der Lage und willens ist, die Drohung wahrzumachen, er muss bloß beim Opfer den Eindruck erwecken, es sei ihm möglich, die angedrohte Rechtsgutverletzung zu realisieren oder darüber zu entscheiden, ob ein Dritter sie herbeiführen wird (Schwaighofer in WK² StGB § 105 Rz 61; Seiler SbgK § 107 Rz 20).

In Bezug auf die von § 21 Abs 1 StGB verlangte Prognoseentscheidung sind nur das Verkennen der gesetzlichen Kriterien für jene Entscheidung und die Fehlbeurteilung der Prognosetaten als solche mit schweren Folgen Gegenstand der Nichtigkeitsbeschwerde (aus § 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall StPO [Ratz in WK² StGB Vorbem zu §§ 21 bis 25 Rz 8; ders, WK-StPO § 281 Rz 715 f]). Mit dem Einwand, bestimmte Zeugenaussagen würden die Prognoseentscheidung nicht tragen, wird demnach bloß ein Berufungsvorbringen erstattet.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

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